Jerry Cotton - 0527 - Der Killer mit dem Dekollete
anschlug, erschrak Olga. Auch der Gangster fuhr auf. Er zögerte, bevor er den Hörer aus der Gabel nahm. Olga konnte hören, daß er sich nur mit »Ja« meldete, ohne einen Namen zu nennen.
Er lauschte den Worten des Anrufers schweigend. Olga schien es, als wäre der Weißblonde von diesem Anruf überrascht. Er zwinkerte unruhig mit den Augen. Schließlich sagte er: »Ich verstehe nicht. Wer sind Sie?«
Offenbar erhielt er eine scharfe Antwort, denn er zog den Kopf ein wenig ein.
»Okay«, knurrte er, »ich werde kommen. Ich zehn Minuten! In Ordnung!« Er behielt den Hörer in der Hand, betrachtete ihn ein paar Sekunden lang, als könne er von ihm Antwort auf ungelöste Fragen erhalten. Dann erst legte er ihn auf die Gabel und kam zu dem Oldsmobil.
Olga rutschte so weit wie möglich zurück, als er sich in den Fond beugte. Er prüfte ihre Fesseln und drückte an dem Knebel zwischen ihren Zähnen herum. »Bekommst du genug Luft?« fragte er. »Der Chef will nicht, daß du erstickst!«
Er richtete sich auf, schüttelte den Kopf und sagte mehr zu sich selbst als zu Olga: »Der Chef? Hm, ich bin wirklich neugierig.«
Er zündete sich eine neue Zigarette an, drehte sich um und ging zum Tor. Es gab keinen anderen Zugang zur Werkstatt als das zweiflügelige, bis zur Decke reichende Schiebetor. Der Weißblonde schob den rechten Flügel zur Seite. Er trat in den Spalt, um die Werkstatt zu verlassen Eine ganze Serie Schüsse zerpeitschte die Stille. Olga Molloys Entführer warf die Arme hoch. Sein Körper bäumte sich zum letztenmal auf. Der Mann stürzte nach rückwärts. Hart schlug er auf den Betonboden der Werkstatt auf.
***
Ich schaltete die Sirene des Jaguar aus, drückte den Knopf an der Sprechanlage, die mir die allgemeine Polizeifunkwelle hereinholte und schaltete auf Lautsprecher um. Die Zentrale der City Police lief auf Hochtouren. Sie dirigierten immer neue Streifenwagen zur Absperrung in die 30. Straße. Ich erfuhr aus dem Sprechverkehr, daß die Mordkommission in der 30. Straße eingetroffen war.
Schon wollte ich die Sirene wieder einschalten, als mich ein Befehl der City Police Zentrale aufhorchen ließ.
»Wagen 91! Wagen 112! Neues Ziel für Sie! Melden Sie sich!«
91 und 112 gaben Empfangsbescheinigung.
»Fahren Sie East 125. Straße! Wir erhielten eine Meldung über eine Schießerei im Hof des Blocks 235!«
East 125. Straße! Eine Nummer um zweihundert herum! Ich ging mit der Geschwindigkeit herunter, nahm das Mikrofon und drückte die Ruftaste. »FBI — Agent Jerry Cotton an City Police Zentrale! Geben Sie mir Einzelheiten über Schießerei in East 125. Straße!«
»City Police Zentrale an Jerry Cotton! Soeben erhielten wir Anruf eines Bewohners des Blocks. Er meldete, daß der Besitzer einer Autowerkstatt erschossen worden ist.«
»Danke!« Ich schaltete die Funksprechanlage aus und die Sirene wieder ein. Ich trat auf das Gaspedal, daß der Motor aufheulte, aber ich wußte, daß ich zu spät kam.
Ich kam um eine volle Meile zu spät. Nicht nur die beiden Streifenwagen der City Police waren zur Stelle, sondern ich sah auch zwei Wagen mit Presseausweisen an den Windschutzscheiben. Die Nachtreporter pflegen den Polizeifunk mitzuhören, obwohl es verboten ist. Auf diese Weise sind sie oft genug gleichzeitig mit den Cops am Tatort.
Drei Beamte aus den Streifenwagen bemühten sich, die Neugierigen aus dem Hinterhof zu drängen. Ich geriet einem Cop in die Quere, und er blaffte mich an. »Scheren Sie sich ’raus, Mann!«
»FBI«, sagte ich und zeigte den Ausweis. Er ließ mich passieren. Der Streifenführer stand unmittelbar vpr dem Eingang zur Werkstatt. Vergeblich versuchte er die beiden Reporter zurückzudrängen, die über seine Schultern hinweg Aufnahmen vom Inneren der Werkstatt schossen. Ich kam ihm zu Hilfe. »Nehmen Sie Vernunft an, oder ich sorge dafür, daß Sie wegen Behinderung der Polizeiarbeit vor Gericht gestellt werden!« pfiff ich einen der Reporter an.
»Nehmen Sie den Mund nicht so voll!« schrie er zurück. Ein Blick in mein Gesicht ließ es ihm allerdings geraten erscheinen, den Rückzug anzutreten. »Ich habe, was ich brauche!« rief er aus sicherer Entfernung.
»Schließen Sie das Tor, Sergeant!« rief ich dem Streifenführer zu.
»Aber es stand offen, als wir kamen!«
»Schließen Sie es trotzdem, bis genug Cops hier sind, um die Leute zur Vernunft zu bringen. Sie haben doch Verstärkung angefordert?«
»Selbstverständlich, Sir!«
Ich betrat die Werkstatt. Der
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