Jerry Cotton - 0527 - Der Killer mit dem Dekollete
Erschossene lag unmittelbar hinter dem Tor. Seine Lage ließ keinen Zweifel daran, daß er durch den Spalt erschossen worden war. Der Mann hatte weißblonde Haare. Die Jacke war auf geschlagen. Das Blut hatte Hemd und Krawatte rot gefärbt. »Sie haben ihm mindestens ein Dutzend Kugeln verpaßt!« meinte einer der City Police.
»Maschinenpistole?« fragte ich zurück.
Er zuckte die Achseln. »Die Leute, die die Schüsse hörten, sprachen von Pistolen — oder Revolverschüssen. Fragen Sie sie selbst!«
Er nahm die Mütze ab und fuhr sich mit der linken Hand durch das Haar. »Noch etwas Seltsames, Sir! In dem Wagen dort hinten liegt eine ohnmächtige Frau. Die Leute, die sie fanden, sagten, sie wäre gefesselt und geknebelt gewesen.«
Vier Männer standen in der rechten Ecke der Werkstatt um die Ruine eines Oldsmobils herum. Sie wohnten im Block des Vorderhauses und hatten als erste den Schauplatz des Verbrechens erreicht. Sie hatten die Frau von den Fesseln befreit und auf die Polster gelegt.
»Ein Arzt muß nach ihr sehen«, sagte ein Mann, als ich mich in den Wagen beugte.
Ich kannte Harold Molloys Frau nicht, aber ich hoffte sehr, daß die Ohnmächtige Mrs. Molloy sei. Ich berührte ihr Gesicht und zog ein Lid der geschlossenen Augen hoch. Sie schien nicht ernsthaft verletzt zu sein. Ich zog den Kopf aus dem Wagen und sah mich in der Werkstatt um. Ich entdeckte das Telefon an der Wand, .nahm den Hörer vorsichtig ab und wählte die Nummer des FBI.
»Schickt Harold Molloy zur East 125. Straße Nummer 235. Ich hoffe, wir haben seine Frau gefunden.«
Die ersten Cops der Verstärkungsgruppe kamen. Sie brachten Ordnung in die Absperrung und drängten die Zuschauer bis zur Straße zurück.
Ein Arzt aus der Nachbarschaft erschien auf der Bildfläche. Er kümmerte sich um die Frau und brachte sie wieder zu Bewußtsein.
Harold Molloy kam zusammen mit einer Gruppe von G-men, unter denen sich auch Stephen Hill befand. Ich kann Ihnen nicht beschreiben, was sich zwischen Molloy und seiner Frau abspielte. Stephen blickte in das Gesicht des Toten. Seine Fäuste ballten sich. Ich ging zu ihm und berührte seinen Arm.
»Ist das der Mann, der Mary auf dem Gewissen hat?« fragte er, ohne aufzusehen.
»Er oder sein Kumpan, der vor einer halben Stunde in der 30. Straße erschossen wurde.«
»Bist du sicher?«
»Ganz sicher kann ich erst sein, wenn wir die Carter-Pistole bei ihm finden.« Als sich zehn Minuten später die Beamten der City Police Mordkommission an die Arbeit machten, fanden sie eine Carter-Pistole vom Kaliber 39 in der Halfter des erschossenen Mannes.
Beim Anblick der Waffe wandte sich Stephan Hill mit einem Ruck ab und ging hinaus.
Der Arzt stellte sechs Einschüsse fest, und den Männern der Mordkommission gelang es, vier Hülsen zu finden. Es handelte sich um Pistolenmunition. Kenneth Karch war nicht mit einer MP umgebracht worden wie DeFlora.
Harold Molloy kam zu mir und sagte, wenn ich Fragen an seine Frau stellen wollte, so fühlte sie sich kräftig genug, sie zu beantworten.
Olga Molloy erzählte uns die Story ihrer Entführung. Die Kidnapper hatten sie erst in der Werkstatt gefesselt und geknebelt. Zwischen Karch und DeFlora war ein Streit entstanden. DeFlora hatte ein paar Sachen aus seiner Wohnung holen wollen. Karch war dagegen gewesen. Trotzdem war DeFlora gefahren. Karch hatte sich an den Tisch gesetzt.
»Ist nie ein Wort über den Grund Ihrer Entführung gefallen?«
»Sie sagten zwei- oder dreimal, mir würde nichts geschehen, wenn ich ruhig bliebe und keine Schwierigkeiten machte. Das war alles.«
»Was geschah, bevor Karch erschossen wurde?«
»Er erhielt einen Anruf. Offensichtlich wunderte er sich darüber.«
»Über den Anruf selbst?«
Olga Molloy zögerte, bevor sie antwortete: »Vielleicht nicht über den Anruf, sondern über irgend etwas, was der Anrufer sagte. Er fragte: Wer sind Sie? Bevor er die Werkstatt verließ bzw. verlassen wollte, prüfte er meine Fesselung. Dabei schüttelte er immer wieder den Kopf und murmelte ungefähr: Der Chef? Hm, da bin ich verdammt neugierig.«
»Seinen Mörder haben Sie nicht gesehen?«
»Nein! Karch schob einen Flügel der Tür zurück. Im nächsten Augenblick fielen die Schüsse. Ich glaube, der Schütze hat unmittelbar vor der Tür gestanden.«
»Wieviel Zeit verging zwischen dem Ende des Telefongespräches und dem Augenblick, in dem die Schüsse fielen?«
»Ungefähr fünf Minuten.«
»Danke, Mrs. Molloy! Ich habe keine weiteren
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