Jerry Cotton - 0535 - Piratenfalle Miami
die Zeitungen schrieben, dann litt die Schauspielerin an einem Schock - aber das schloß nicht aus, daß sie beim leisesten Geräusch wie am Spieß schreien würde.
Jones zwang sich dazu, in die Tiefe zu blicken. Er sah vier Reihen parkende Wagen und das große beleuchtete Blumenrondell vor dem Haupteingang. Menschen sah er nicht. Er schob die Pistole in den Hosenbund und holte eine kleine Taschenlampe aus seinem Blouson.
Der Lichtkegel huschte durch den Raum. Jones sah das Krankenbett. Er erkannte die Konturen eines menschlichen Körpers und ein blondes Haarbüschel. Die Schlafende hatte die Decke bis über die Augen gezogen.
Jones prägte sich die Lage der Schlafenden genau ein. Er zögerte. Sollte er durch das Fenster schießen? Er brauchte eine Hand, um sich festzuhalten. Da er nicht gleichzeitig die Lampe und die Pistole handhaben konnte, mußte er blind schießen. Das gefiel ihm nicht. Er konnte sich keine Panne leisten. Der Boß verstand in diesen Dingen keinen Spaß.
Dann hatte Jones einen naheliegenden Einfall. Er nahm die Taschenlampe in den Mund. Aber auch das gefiel ihm noch nicht. Der Schalldämpfer war okay und leise, aber eine zerspringende Fensterscheibe verursachte eine Menge Lärm. Jones steckte die Lampe wieder ein. Er holte den Glasschneider aus der Tasche und schnitt ein Loch in die Scheibe. Mit einem kleinen Gummisaugnapf brach er das angeritzte Stück heraus. Die Aktion ging rasch und ohne nennenswerte Geräusche vor sich.
Er steckte den Glasschneider ein, legte die Scheibe auf den Sims, schob die Lampe wieder zwischen die Lippen und erfaßte zuletzt die Pistole mit dem Schalldämpfer. Er zielte genau. Dann drückte er ab - dreimal hintereinander.
Das dumpfe Plopp der Waffe erschreckte ihn. In der Nachtstille schien es ihm viel lauter, als er es erwartet hatte. Jones sah, wie die Kugeln durch die Decke fetzten und den darunterliegenden Körper trafen. Er bewegte sich nicht.
Jones zerrte an der Leine. Sie straffte sich. Er schwang sich vom Sims und stemmte die Segeltuchschuhe gegen die verputzte Fassade, als King ihn Fuß um Fuß nach oben zog.
Endlich hatte er das Dach erreicht. Er legte'sich keuchend auf die glatte, asphaltierte Fläche. »Ich bin fertig«, japste er.
King wickelte das Seil zusammen.
»Ausruhen kannst du dich später«, meinte er erregt. »Wir müssen verschwinden, ehe sie merken, was passiert ist!«
Jones kam auf die Beine. Er nahm den Gürtel ab und warf ihn mitsamt der Pistole in Kings Reisetasche. Sie hasteten Über das Dach zum anderen Gebäudeende. Jones schwang sich als erster durch die Luke auf die Leiter. King folgte ihm dicht.
Gerade als Jones das untere Ende der Leiter erreicht hatte und nach seiner Taschenlampe greifen wollte, traf ihn und King das grelle Licht zweier starker Scheinwerfer.
Der Schock lähmte die beiden Gangster. Sie schlossen geblendet die Augen, leichenblaß und bewegungsunfähig.
»Treten Sie doch näher, meine Herren!« forderte Phil sie ruhig auf. »Sie werden bereits von soliden Handschellen erwartet - und von einem Prozeß, der Ihnen wenig Freude bereiten wird!«
***
Nick Rondelli, Guy Lasky und Ed Crafton wurden noch in der gleichen Nacht verhaftet - wenn auch an verschiedenen Plätzen. Gemeinsam blieb ihnen nur das Schicksal, das sie miteinander teilen mußten. Sie hatten das Ende ihrer verbrecherischen Laufbahn erreicht.
Die Verhaftungen verliefen reibungslos.
Keiner der Gangster hielt es für notwendig, sich zu wehren. Sie bauten auf ihr Glück und einen guten Anwalt. Aber als sie erfuhren, daß wir Winston Forster und seine Leute geschnappt hatten und daß auch King und Jones sich in unserem Gewahrsam befanden, erhielt ihre Zuversicht einen heftigen Knacks.
Sie logen wie gedruckt. Sie versuchten sich mit allen Tricks und Kniffen freizukämpfen, aber das half ihnen nichts.
Vivian Dorsey hatte die Nachwirkungen des Schocks am Dienstag nach diesen Ereignissen überwunden. Sie packte aus, was sie wußte.
Wir wollten Sheraton verhaften, aber er hatte Lunte gerochen und sich unserem Zugriff zunächst durch die Flucht entzogen. Genau drei Tage später schnappten ihn zwei G-men in Memphis, Tennessee.
Die Syndikate von Lasky und Rondelli hatten praktisch aufgehört zu existieren.
Vivian Dorseys Karriere hatte ein unrühmliches Ende gefunden. Wir hatten keine Ahnung, was sie einmal beginnen würde, wenn sich die Gefängnistore für sie öffnen würden. Wir konnten uns schon deshalb keine Gedanken darüber machen, weil wir
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