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Jerry Cotton - 0550 - Der Unheimliche

Jerry Cotton - 0550 - Der Unheimliche

Titel: Jerry Cotton - 0550 - Der Unheimliche Kostenlos Bücher Online Lesen
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brannte eine trübe Glühbirne, die die Trostlosigkeit noch verstärkte. Ich blieb neben der Tür stehen und blickte mich um. Es war alles wie immer, und doch hatte sich etwas verändert. Nicht der tropfende Wasserhahn, der dem ruhigsten Menschen den Nerv töten kann, auch nicht die Tische, Stühle und Bänke! Der Raum selbst kam mir verändert vor, kleiner…
    Und auf einmal war ich mir absolut sicher. Der Raum war tatsächlich kleiner geworden. Es war keine optische Täuschung. Die Wände waren näher zusammengerückt, obwohl das nur ein Verrückter behaupten konnte.
    »Guten Abend, Mr. Cotton«, sagte eine heisere Stimme, die ich leider noch sehr gut in Erinnerung hatte. »Ich habe Sie eigentlich schon früher erwartet.«
    Mein Kopf fuhr herum, aber es war niemand im Raum. Die Stimme kam von irgendwoher, aus der Luft, aus den Ritzen im Fußboden, aus der Decke… Ich wußte es nicht.
    »Bemühen Sie sich nicht, Mr. Cotton. Es täte mir leid, wenn Sie sich unnötig Ihren hübschen Kopf ausrenkten. Sie werden ihn noch brauchen. Neben Ihnen steht ein Stuhl, setzen Sie sich doch. Wir werden uns einige Zeit unterhalten müssen.«
    Ich tastete nach links. Tatsächlich befand sich dort ein Stuhl, den ich vorher nicht wahrgenommen hatte. Aber wenn der Unheimliche — denn er war mein geheimnisvoller Gesprächspartner — glaubte, mich mit diesem Hokuspokus unsicher machen zu können, dann hatte er sich getäuscht.
    »Ich weiß, was Sie denken«, lachte er heiser. »Aber geben Sie sich keinen IIlusionen hin, Mr. Cotton. Ich sitze vor dem Kamin, an den Sie sich bestimiiit noch erinnern werden.«
    »Ich erinnere mich«, sagte ich in den Raum hinein. Anscheinend arbeitete er mit versteckten Kameras, um mich beobachten zu können.
    »Nun zur Sache«, ertönte wieder die unangenehme heisere Stimme. »Sie waren Zeuge eines Unfalls, hörte ich. Eine traurige Sache. Der Mann soll Zukunft gehabt haben. Meinen Sie nicht auch, Mr. Cotton?«
    Ich gab ihm keine Antwort. Und das paßte ihm nicht.
    »Wenn ich Sie etwas frage, möchte ich auch eine Reaktion von Ihnen hören«, tönte es diesmal bedeutend schärfer. »Sie scheinen sich nicht darüber im klaren zu seih, daß ich jederzeit mit Ihnen machen kann, was ich will! Daß ich Sie damals freiließ, entsprach einer augenblicklichen Laune. Verderben Sie diese Laune nicht, Mr. Cotton!«
    »Soll ich Sie zu einem Whisky einladen?« fragte ich spöttisch. »Irgendeinen Sinn muß das Affentheater schließlich haben. Was wollen Sie also?«
    Er lachte. »Nichts, Mr. Cotton, absolut nichts. Ich wollte mich nur mit Ihnen unterhalten. Ich will, daß Sie nicht vergessen, wem Sie Ihr Leben verdanken.«
    »Sehr liebenswürdig…«
    Ich hörte nichts mehr. Anscheinend waren alle Geräte abgeschaltet worden. Ich kann nicht sagen, daß ich mich deshalb wohler fühlte. Außerdem verstand ich nicht, weshalb der Mann mit dem zerstörten Gesicht diesen Zirkus veranstaltet hatte. Sicherlich hatte er dabei etwas Bestimmtes im Auge — aber was?
    Ich ging in den Raum hinein. Dann machte ich eine Schwenkung nach rechts und stand hinter der Theke. In der Ecke, direkt vor dem Flaschenregal, sah ich eine zusammengesunkene Gestalt. Es sah aus, als ob sie schliefe. Ich trat näher und faßte die Gestalt an der Schulter.
    Der Kopf legte sich langsam auf die linke Seite, rollte nach hinten, bis er die Wand berührte. Zwei weitaufgerissene Augen blickten mich an — tote Augen.
    Und diese Augen gehörten meinem Freund Phil Decker…
    ***
    Ich weiß nicht mehr, was ich in diesem Augenblick dachte. Ich weiß nicht einmal mehr, was ich zuerst tat. Der Schock war größer als jede Überlegung.
    »Phil!« schrie ich. Vielleicht flüsterte ich aber auch nur seinen Namen. »Phil!«
    Ich faßte nach seinem Kopf. Und in diesem Augenblick spürte ich, daß es nicht mein Freund war, daß er es nicht sein konnte!
    Ich drückte auf alle Lichtschalter zugleich, die sich neben dem Flaschenregal an der Wand befanden. Die Deckenbeleuchtung flammte auf.
    Jetzt konnte ich den Mann genau erkennen. Er trug den gleichen Anzug wie Phil, die gleichen Schuhe, die gleiche Krawatte. Und er sah Phil auch so ähnlich, wie ein Mensch einem anderen Menschen nur ähnlich sehen kann. Daß dabei ein geschickter Maskenbildner nachgeholfen hatte, erkannte ich erst bei der stärkeren Beleuchtung.
    Der Mann war tot. Er war erstochen worden. Ein Dolch oder ein Messer mit einem Elfenbeingriff steckte in seiner Brust und mußte das Herz getroffen haben. Nur

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