Jerry Cotton - 0550 - Der Unheimliche
vorausgesehen hatte. Und diese Chance wollte ich nutzen.
***
Wir saßen in dem winzigen Vernehmungszimmer der Polizeistation. Mit dem Tankwart hatte ich mich nicht lange aufgehalten. Er spielte nur eine untergeordnete Rolle.
Bei dem Mann mit dem Thunderbird lag der Fall anders. Er war ein ausgesprochen harter Brocken. Er trug keinerlei Ausweispapiere bei sich. Dafür waren die Wagenpapiere ein um so wichtigerer Fund. Sie lauteten auf Simon Ruffert in Pentware. Und Ruffert war der Wirt des Globe-Hotels! Wenn das ein Zufall sein sollte…
Der Thunderbird-Mann, wie ich ihn bei mir nannte, grinste mich unverschämt an. Er schien sich absolut sicher zu fühlen, bis ich ihm sagte, daß er vorläufig festgenommen sei. Und ich ergänzte: »Wegen Mordverdacht.«
Der Mann fuhr auf, als hätte ihn ein Skorpion gestochen. »Damit kommen Sie bei mir nicht an!« schrie er unbeherrscht. »Das ist ’ne ganz faule Kiste, G-man.« Doch dann schien er in sich zusammenzusinken. Der Thunderbird-Fahrer stierte mich an, als ob er nicht begriffen hätte. Dann wurde er bleich, und seine Lippen begannen zu zittern. »Und wenn ich Ihnen helfe…?«
Ich zuckte die Achseln.
»Ich heiße Brian Wiggers…«
Ich nahm den Federhalter und notierte den Namen.
»Haben Sie vielleicht auch einen Ausweis?« fragte ich ruhig.
»Ja«, preßte er hervor. »In meiner Bude.«
»Und wo finde ich das hübsche Zimmerchen?«
»In… in Pentware, beim alten Skotter.«
Ich schob ihm die Zigarettenschachtel hinüber, nach der er die ganze Zeit schon geschielt hatte. Dann gab ich ihm Feuer. Er inhalierte hastig. Als er die Zigarette endlich einmal absetzte, sagte ich zu ihm: »So, Wiggers, und jetzt erzählen Sie mir Ihre Version der Mordgeschichte. Vielleicht wird dann aus dem Mordverdacht nur Beihilfe.«
»Man wird mich umbringen«, keuchte er.
Ich nickte. »Kann sein. Nach dem Gesetz pflegt das im allgemeinen der Henker zu tun.«
Er stützte die Hände auf den Schreibtisch. Seine Augen waren gerötet. »Der Boß wird mich umbringen lassen. Es wird keinen Platz geben, an dem ich mich vor seinen Killern verbergen kann.«
»Wir haben sichere Gefängnisse«, erwiderte ich wenig beeindruckt.
»Und Tom Roarer?« schrie er. »Was ist mit dem? Ich weiß nur, daß er tot ist, gestorben in einer Gefängniszelle.«
»Sie sind gut informiert, Wiggers. Aber vielleicht beruhigt es Sie, wenn ich Ihnen sage, daß Roarer Selbstmord beging. Er biß auf eine Blausäurekapsel, die in seiner Zahnkrone verborgen war.« Ich sah ihn fest an. »Vielleicht haben Sie auch so ein Schmuckstück an Ihren Zähnen?«
Unwillkürlich fuhr er sich mit dem Finger in den Mund, ehe er gepreßt sagte: »Nein, dazu bin ich nicht wichtig genug. Ich bin nur ein kleiner Fisch. Bei Roarer war das anders.«
»Wir wollen die Toten ruhen lassen«, bemerkte ich leise. »Erzählen Sie mir, was Sie wissen, und wir werden Sie schützen.«
Nach einer Weile hob Wiggers den Kopf. »Ich werde reden«, sagte er leise. »Versprechen Sie mir, daß Sie mich in Schutzhaft nehmen und der Presse nichts…«
»Fangen Sie an, Wiggers. Wir haben schon viel zuviel Zeit verloren.«
***
Ich war unterwegs nach Pentware. Es dämmerte bereits, und ich erinnerte mich daran, daß wir uns heute in der Nacht mit Miß Glenny treffen wollten. Leider mußte Phil Zurückbleiben, da die Untersuchungen an Ort und Stelle seine Anwesenheit erforderten. Er wollte nachkommen, sobald es ihm möglich war.
Ich hatte ein verdammt unbehagliches Gefühl, als ich zwanzig Minuten später das Ortsschild von Pentware passierte. Nicht nur wegen Miß Glenny und dem Wirt vom Globe-Hotel. Wenn stimmte, was Brian Wiggers ausgesagt hatte, und es gab eigentlich keinen Grund, daran zu zweifeln, dann war Pentware ein Gangsternest ganz besonderer Klasse. Keiner meiner Schritte würde unbeobachtet bleiben!
Der Ort war wie ausgestorben. Nicht ein Wagen befand sich auf der Straße, und die Bewohner schienen sich bereits zur Ruhe begeben zu haben oder einen Betriebsausflug zu machen.
Ich stellte den Jaguar vor dem Globe-Hotel ab. Als ich ausstieg, spürte ich die Stille wie etwas Greifbares auf mich zukommen. Die Luft war feuchtwarm und erinnerte mich an die Schwüle eines Botanischen Gartens. Sehr langsam, und die Sinne aufs Äußerste angespannt, betrat ich das Hotel. Ich wußte mit absoluter Sicherheit, daß in den nächsten Minuten etwas passieren mußte. Die Frage war nur: Was und wo?
Ich öffnete die Tür zum Schankraum. Über der Theke
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