Jerry Cotton - 0555 - Der Moerderboss von Honolulu
Vorhandensein ich befürchtet und gewittert hatte.
Wenige Sekunden später wußte ich es genau. Der Mann war endlich herangekommen. Sein schweres, keuchendes Atmen war direkt über mir. Der Lichtkegel einer Taschenlampe traf mich. Ich wollte gerade mein rechtes Bein über die Stahlkante schwingen, als mich der Mann zurückstieß. Im nächsten Moment setzte er mir seinen Fuß auf die rechte Hand. Er legte sein ganzes Körpergewicht darauf und drehte den Absatz einmal herum.
Ich brüllte laut, um dem jäh aufspringenden Schmerz ein Ventil zu verschaffen. Meine rechte Hand glitt ab, sie war für einen Moment beinahe gefühlslos, aber ich wußte, daß der Schmerz sich gleich wieder melden würde.
Jetzt hing ich nur noch an meiner Linken über dem Abgrund. Ich hörte unter mir einen dumpfen Schlag und das Schwappen von Wellen. Aus irgendeinem Grunde war das Wasser in ziemlich heftiger Bewegung.
»Springen Sie schon«, sagte der Mann über mir. »Los, lassen Sie sich fallen!« Er lachte rauh. »Schade um das schöne Geld!« fügte er hinzu. »Ein Tausenddollar-Dessert für Slicky, Speedy und Silverfox!«
***
Ich wußte nicht, was er meinte. Ich spürte nur, daß ich fiel. Der Fremde hatte versucht, auch meine linke Hand zu martern. Ich fiel nicht sehr tief. Es klatschte laut, als ich die Wasseroberfläche berührte. Dann schlugen die Wellen über mir zusammen. Ich empfand die Wassertemperatur nicht als kalt, aber es war doch recht unangenehm, sich plötzlich in voller Montur im Wasser wiederzufinden.
In meiner rechten Hand meldete sich ein pochender Schmerz. Ich begann zu schwimmen und stieß schon nach wenigen Stößen an eine Metallwand. Über mir fiel eine Klappe zu.
Ich merkte, wie irgend etwas dicht an mir vorbeiglitt, und spürte, daß ich nicht allein in dem Bassin war. Offenbar teilte ich mein Gefängnis mit Fischen. Mit sehr großen Fischen.
Mein Herzschlag beschleunigte sich. Mit Wassertreten hielt ich mich am Bassinrand auf. Ich wollte den Rücken frei haben, das war im Augenblick alles. Und ich mußte herausfinden, wie groß das Bassin war und ob es irgendwo eine Möglichkeit gab, sich an der glatten Wand festzuhalten. Ein dumpfes Dröhnen erschütterte die Dunkelheit. Ich wußte plötzlich, woher das Geräusch rührte. Einer der großen Fische hatte beim Wenden mit der Flosse die Metallwand berührt.
Es war wie ein Alpdruck. Panik ist eine Sache, die jede Notlage verschlechtert. Trotz dieses Wissens hatte ich Mühe, meine Nerven unter Kontrolle zu halten.
Plötzlich wurde es um mich herum taghell. Unterwasserscheinwerfer erleuchteten das Bassin, an dessen beiden Längsseiten je ein dickes quadratisches Fenster angebracht war. Hinter einem dieser Fenster sah ich ein menschliches Gesicht. Das trübe Wasser Verzerrte die Züge des Mannes, so daß sie etwas unwirklich Fratzenhaftes bekamen.
Aber es war nicht die höhnische Fratze meines Gegners, die mein Blut plötzlich stocken ließ. Es war der Anblick der Fische, die ihre silbrig schimmernden Leiber mit bedrohlicher Eleganz durch das Wasser gleiten ließen. Jeder der Fische hatte eine Länge von etwa zwei Yard. Ihre hufeisenförmigen Mäuler waren mit einem Stachelkranz mordgieriger Zähne garniert. Jetzt wußte ich, wer Slicky, Speedy und Silverfox waren: Ich befand mich in der Gesellschaft von Menschenhaien.
Ich zog das Messer aus dem Hosenbund. Die Haie waren ständig in Bewegung. Besonders einer von ihnen kam mir immer näher. Es war klar, daß die Haie mich belauerten, aber ich wußte nicht, ob es in böser Absicht geschah oder ob sie im Augenblick satt waren und nur ein kleines Spielchen suchten.
Doch nicht einmal das wäre nach meinem Geschmack gewesen. Menschenhaie sind keine Spielgefährten. Sie fressen niemand aus der Hand, es sei denn, sie kriegen die Hand, den Arm und das übrige gleich mit serviert.
Ein rascher Seitenblick zu dem Mann hinter der dicken Glaswandung zeigte mir, daß mein Gegner eine Filmkamera an sein Auge genommen hatte. Der Bursche hatte die Absicht, den zu erwartenden Kampf zu filmen.
Ich erinnerte mich, irgendwo einmal gelesen zu haben, daß Haie in akustischer Hinsicht recht sensibel sind. Wenn man unter Wasser brüllt, ergreifen sie entsetzt die Flucht.
Es kann sein, daß es sich bei Slicky, Speedy und Silverfox um wenig geräuschempfindliche Exemplare handelte, vielleicht waren es auch ausgesprochen schwerhörige Vertreter ihrer Rasse, jedenfalls konnte ich weder Flucht noch Entsetzen innerhalb des Trios
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