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Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen

Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen

Titel: Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen Kostenlos Bücher Online Lesen
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und makellos. »Worauf trinken wir?« flüsterte sie.
    Ich war fast ein wenig enttäuscht. Sie überdrehte ihre Rolle. Sie ging zu scharf ’ran. Ich lächelte und äußerte eine banale Phrase, die zu Cynthias Stimmung paßte, aber ich dachte an Myrna Collins. An ihre brechenden Augen, an ihren Tod.
    Ich spürte, daß Cynthia eine Menge darüber wußte, und war entschlossen, auf das Spiel einzugehen.
    Wir tranken. Ich ließ es mir gefallen, daß Cynthia ihren Hüftdruck verstärkte.
    »Nicht bloß nippen!« protestierte Cynthia kichernd. »Ich will, daß Sie in Schwung kommen und meinen Vorsprung aufholen!«
    Ich tat ihr den Gefallen und nahm noch einen Schluck. Dann lehnte ich mich entspannt zurück, behielt aber das Glas in der rechten Hand. »Wovon leben Sie eigentlich, Cynthia — ich darf doch Cynthia sagen, hoffe ich?«
    »Das bitte ich mir aus«, meinte sie lächelnd und hob einen Fuß, um ihren goldenen Brokatabendschuh zu betrachten. »Ich bin Modell«, fuhr sie fort. »Fotomodell. Manchmal trete ich auch als Mannequin auf — und zuweilen, wenn die Sauregurkenzeit kommt, arbeite ich als Verkäuferin. Außerdem tanze ich.«
    Ich wurde seltsam schläfrig. Es war keine normale Schläfrigkeit. Ich mußte an die Bankangestellten denken, die am Nachmittag betäubt worden waren. Nein, das hier war anders. Es war wie das Ausruhen in einem warmen, mit duftenden Ölen durchsetzten Bad. -Der Wille schien sich aufzulösen, aber dieser Vorgang hatte nichts Erschreckendes oder Bedrohliches.
    Ich schüttelte die Schläfrigkeit ab. Ich nahm mir vor, nichts mehr zu trinken. Es galt, auf der Hut zu sein.
    Cynthia hob eine Hand und berührte mit dem Zeigefinger mein Gesicht. Zart und aufmerksam ließ sie ihn über die Konturen meines Gesichtes gleiten. Zuletzt legte sie die Fingerspitze auf meine Lippen. »Sie haben einen interessanten Mund«, stellte sie mit verhangen klingender Stimme fest. »Männlich und wohlgeformt. Wissen Sie, daß ich die Menschen nach ihren Lippen beurteile?«
    »Wie testen Sie die denn?« fragte ich und sah Cynthias Mund dicht vor mir.
    Genau in diesem Moment zog sie sich zurück, wenn auch nur um wenige Inches. Und dann sagte sie etwas, das mich noch wacher machte, als ich schon war.
    »Ja, wirklich ein interessanter Mund«, wiederholte sie. Ich sah das strahlende Violett in ihren Augen vereisen. »Ein Jammer, daß er schon bald verdorren wird!«
    ***
    Ich versuchte zu lächeln, aber meine Gesichtsmuskeln verweigerten mir plötzlich den Dienst. Es war eine rein physische Panne, ein Defekt, für den es nur eine Erklärung gab: Der Champagner, den sie mir gegeben hatte, mußte eine geschmack- und farblose chemische Substanz enthalten, die meine Muskeln lähmte.
    Cynthia lächelte mir in die Augen. Es war das Lächeln einer Sphinx, rätselhaft, wissend, spöttisch und grausam. Es gefiel mir nicht.
    Cynthia griff in meine Jackentasche. Sie holte das Päckchen mit den Fotos hervor. Ich war außerstande, sie daran zu hindern. Im nächsten Moment entglitt das Champagnerglas meinen Fingern. Die Flüssigkeit ergoß sich über mein rechtes Hosenbein. Ich betrachtete verblüfft meine Hand. Ich versuchte sie zu bewegen, aber es gelang mir nicht.
    Cynthia schaute sich die Fotos an, eines nach dem anderen. Dabei zeigte sie ein dünnes, amüsiertes Lächeln. Ich wollte etwas sagen, aber ich konnte nicht. Mein Denkapparat arbeitete noch, aber ich brachte keinen Ton heraus.
    Cynthia erhob sich. Sie ging zum Telefon. Sie verdeckte mit ihrem Rücken den Apparat, so daß ich nicht erkennen konnte, welche Zahlen sie wählte.
    »Hallo?« sagte sie. »Es ist soweit. Ihr könnt ihn abholen. Ich habe ihn bedient.«
    Sie legte auf und schaute mich an. »Eigentlich ist es ein Jammer um Sie, Jerry Cotton!«
    Im nächsten Moment wurde es um mich herum dunkel. Ich tauchte ein in tiefe Bewußtlosigkeit, die mich Sekunden später fest im Griff hatte.
    ***
    Ich erwachte von einem schrillen Geräusch und öffnete blinzelnd die Augen. Ich lag noch immer auf der Couch in Cynthia Swifts Wohnzimmer. Das Schrillen drang lauter und klarer in mein Bewußtsein. Es war das Telefon.
    Ich setzte mich auf, benommen und mit trockenem Mund.
    Ihr könnt ihn abholen, hatte das Girl am Telefon gesagt. Seltsam, ich war noch hier. Im Zimmer brannte Licht. Ein Blick auf die Uhr zeigte , mir, daß ich fast eine Stunde ohne Bewußtsein gewesen war.
    Mir war zumute wie einem Mann, der seinen Wochenlohn vertrunken hatte. Ich kam auf die Beine und torkelte

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