Jerry Cotton - 0560 - Den Tod auf Flaschen gezogen
Verbindung mit der Zentrale, während Phil sich in den Schatten einer Hauseinfahrt zurückzog.
Phil, Larry und ich kannten eine Reihe von Brooks’ Leuten, sahen aber niemand von ihnen.
Wir warteten verabredungsgemäß bis eine Viertelstunde über die Zeit, ohne daß sich Franklin oder die Leute zeigten, die er hier zu treffen gehofft hatte. Phil und Larry kehrten zurück. »Fehlanzeige.« Ich nickte und telefonierte mit der Zentrale. Bislang war der blaue Ford noch nicht gesichtet worden.
»Was nun?« fragte Phil.
»Wir knöpfen uns Brooks vor«, sagte ich.
»Er wird bestreiten, mit Franklin gesprochen zu haben«, wandte Phil ein.
»Es liegt nicht in meiner Absicht, ihn daraufhin anzusprechen — jedenfalls nicht so direkt«, sagte ich. »Aber ich bin froh, daß wir hergekommen sind. Jetzt wissen wir, wer die Millionen kassiert hat. Kein anderer als James Brooks!«
Phil nickte, wenn auch nicht restlos überzeugt. »Ich verstehe, worauf du hinauswillst. Wenn Brooks unschuldig wäre und Interesse an dem von Franklin vorgeschlagenen Geschäft hätte, wäre er hier aufgekreuzt. Die Tatsache, daß er nicht gekommen ist, läßt vermuten, daß er Franklin das Geld abgenommen hat. Ein Besuch auf dem Parkplatz wäre also für ihn völlig nutzlos.«
»Genau«, bestätigte ich. »Sein Nichterscheinen spricht klar gegen ihn.« Ich griff nach dem Telefonhörer und erteilte der Zentrale einige Anweisungen, die für eine Reihe von Polizeirevieren bestimmt waren. Im wesentlichen ging es dabei darum, James Brooks’ Geschäftszentren zu überwachen und nach einem Ford-Kastenwagen Ausschau zu halten. Selbstverständlich sollten auch Brooks’ zwei Stadtwohnungen und die Apartments seiner Top-men in die Überwachung einbezogen werden.
»Cynthia Swift kann uns angelogen haben«, bemerkte Larry.
»Sie ist eine perfekte Lügnerin«, gab ich zu, »aber als sie auspackte, war sie am Ende. Dafür habe ich eine Antenne. Sie hat mir die Wahrheit gesagt.«
»Was nun?« fragte Phil. »Zurück zum Distriktgebäude?«
»Das würde ich euch empfehlen. Ich persönlich ziehe es vor, nach Hause zu fahren.«
»Was willst du dort?« fragte mich Phil.
Ich grinste ihn an: »Schlafen!«
***
Niemand weckte mich. Als ich erwachte, war es Mitternacht. Ich hätte am liebsten weitergepennt, aber der Gedanke an Steve und die geraubten Millionen scheuchte mich aus den Federn. Immerhin fühlte ich mich ausgeruht und erfrischt. Ein schnell zubereiteter Kaffee munterte mich weiter auf. Ich rief das Office an. Phil war an der Strippe. Seiner Stimme war anzumerken, daß er dringend eine Ablösung brauchte.
»Noch keine Spur von Steve«, sagte er. »Aber sonst haben wir alles im Kasten. Cynthia Swift hat ein umfassendes Geständnis abgelegt. Foyler ist nicht ganz so mitteilsam, aber die Indizien sprechen gegen ihn.«
»Ist Franklin in seine Wohnung zurückgekehrt?«
»Nein.«
»Wie geht es Connors und Parker?«
»Beide befinden sich auf dem Wege der Besserung. Wir werden sie morgen vernehmen. Viel Neues können sie uns nicht sagen.«
»Und was macht James Brooks?«
»Letzten Meldungen zufolge ist er in das Top Hat gegangen. Du kennst vermutlich die Bar — sie liegt in der 52. Straße und gehört Brooks selber. Sie ist wegen ihrer gepfefferten Preise berüchtigt. Seltsamerweise bildet das für viele Leute eine besondere Attraktion. Die High Society betrachtet den Nepp wohl als eine Art von Garantie, im Top Hat gleichsam unter sich zu sein.«
»Wie verhält sich Chuck Beaver?«
»Er bestreitet energisch, Myrna Collins getötet zu haben, aber damit kommt er nicht durch. Laboruntersuchungen haben gezeigt, daß seine Pistole mit der Mordwaffe identisch ist.«
»Geh nach Hause«, empfahl ich Phil. »Ich mache jetzt weiter.«
»Nein«, sagte er. »Solange sich Steve noch in den Händen der Gangster befindet, könnte ich kein Auge schließen.«
»Ist das ein Vorwurf an meine Adresse?«
»Unsinn. Ich bewundere deine Nerven. Nach ein paar Stunden Schlaf agiert man viel cleverer und zielstrebiger. Du hast genau das Richtige getan.«
»Sage das nicht zu früh, bitte«, meinte ich und legte auf.
Zehn Minuten später brummte ich mit meinem Jaguar aus der Tiefgarage ins Freie.
Ich dachte an nichts Bestimmtes, wenn mir auch Steve nicht aus dem Kopf ging. Ich wußte erfahrungsgemäß, daß es Augenblicke und Situationen gibt, in denen einem selbst das schärfste Überlegen nicht weiterhilft. Dann kann man nur auf eine plötzliche Eingebung hoffen.
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