Jerry Cotton - 0566 - Sie hetzten mich als Moerder

besten gefallen. Auch die Zeit im Zuchthaus hatte ihn nicht härter gemacht. Im Gegenteil. Und was ihm jetzt hier von Irvin Rüssel angetan wurde, überstieg einfach seine Kräfte. Er war völlig demoralisiert und hatte njcht die Kraft, auf Rüssels Frage zu antworten.
    Der Killer nahm keine Rücksicht. Er stellte nur fest, daß seine Frage wiederum ohne Antwort geblieben war. Schnell trat er noch einen Schritt vor. Dann versetzte er seinem Opfer einen brutalen Schlag in die Nierengegend. .
    Röchelnd ging Melburn zu Boden. Doch er hatte keine Gelegenheit, sich auszuruhen. Sein Widersacher riß ihn wieder hoch und stieß ihn erneut gegen die Wand. Erschöpft sackte Melburn zusammen.
    »Ich will…«, begann er stockend, »… mit einem… nachgebauten… Transportwagen… und unseren Leuten…«
    Als er eine Pause machte, knallte ihm Rüssel links und rechts eine harte Ohrfeige. »Weiter! Und mach es nicht so spannend. Das können die im Fernsehen besser!«
    »Nicht mehr, Irvin — nicht mehr schlagen!« bat der bereits ausgepunktete Gangsterboß jammernd.
    »Wenn du mir erzählst, was du mit deinem Transportwagen vorhast, werde ich mir genau überlegen, was ich mit dir mache. Diese Chance hast du, noch lebend aus der Lagerhalle ’rauszukommen. Also, rede weiter!«
    »Ja, ja«, murmelte Melburn tonlos.
    »Aber sag die Wahrheit!« drohte Irvin Rüssel.
    Melburn nickte. Er holte tief Luft, ehe er mühsam weitersprach. »Ich habe ein ähnliches Ding vor neun Jahren schon einmal gemacht. Da gibt es eine Firma, die auf private Geldtransporte spezialisiert ist. Sie haben einen ganzen Haufen Wagen und transportieren Gelder für Supermärkte. Weil sie so viele Wagen haben und auch so viele Leute beschäftigen, sind es nicht immer die gleichen Männer, die das Geld abholen. Bei den einzelnen Firmen, meine ich. Ihre Fahrzeuge und die Uniformen sind aber bei ihren Kunden so bekannt, daß sie überhaupt keinen Ausweis brauchen. Es geht ganz einfach. Ich habe es schon einmal gemacht.«
    »Wann?«
    »Ich sagte es doch, vor neun Jahren. Nur, damals…«
    »… bist du dabei hochgegangen«, sagte Irvin Rüssel verächtlich.
    »Ich bin von einem der Kerle, die dabei waren, verpfiffen worden. Er war mit seinem Anteil nicht zufrieden.« Charly Melburn seufzte, als er daran zurückdachte.
    »Das Ding selbst ist prima gelaufen. Nur ein Fehler war dabei. Ich hatte mit hunderttausend Dollar gerechnet, aber es waren nur zwanzigtausend in der Kasse. Erst in der Verhandlung habe ich erfahren, was ich nicht wußte. Weil an diesem Tag die Kasseneinnahmen besonders hoch waren, hatte der Laden schon einmal mittags Geld abholen lassen.«
    »Traurig!« gab der Killer zu. »Wer hat dich verpfiffen?«
    »Ein Kerl mit Namen Link. In der Verhandlung war er Kronzeuge der Anklage. Er ist billig weggekommen. Aber seinen Anteil…«
    Wieder machte er eine Pause. Jetzt brachte er es sogar fertig, höhnisch aufzulachen.
    »Weitersprechen! Was ist mit seinem Anteil?«
    »Mit seinem Anteil, den ich gut versteckt hatte, habe ich neu anfangen können, als ich aus dem Gefängnis zurückkam. Link hat mich damals aufs Kreuz gelegt, aber er hat mir auch wieder auf die Beine geholfen«, sagte Charly Melburn zufrieden.
    »Wie sah denn dieser Link aus?« forschte der Killer interessiert.
    Melburn schaute ihn verdutzt an.
    »Los, rede!« verlangte der Killer wütend. »Ich will wissen, wie dieser Link aussah!«
    »Er, er — er sah aus…« Melburn kam wieder ins Stocken. Er wußte nicht, was Rüssel mit seiner Frage bezweckte, und außerdem war es acht Jahre her, seit er Link zum letztenmal gesehen hatte. Schon deshalb fiel es ihm schwer, eine Beschreibung des Mannes zu geben, der ihn damals verpfiffen hatte.
    Rüssel legte das Schweigen des Gangsterbosses anders aus. Er sprang vorwärts und schlug Melburn die rechte Faust mit aller Wucht ins Gesicht. Erneut wurde der Gangsterboß an die Wand geschleudert, und unter einem weiteren Fausthieb in den Magen knickte er wie ein Taschenmesser zusammen. Schließlich traf ihn noch ein Fußtritt an der Brust.
    »Ich kann dir sagen, wie dieser Link aussah!« brüllte der Killer wütend. »Er sah so aus, wie ich jetzt aussehe! Das ist also dein Drecksplan. Du willst dich an dem Kerl rächen, und dafür hast du mich gebraucht. Ich laufe mit seinem Gesicht herum, und du Spatzengehirn hast nicht daran gedacht, daß sie mich genausogut schnappen können wie ihn! Du bist ein ganz hirnloses Miststück!«
    »Nein, nein, nein!« jaulte