Jerry Cotton - 0566 - Sie hetzten mich als Moerder
dir und keinem anderen; nur mir! Und glaube nicht, daß du mich hereinlegen kannst. Du kennst mich gut genug. Du kennst Irvin Rüssels Ruf als Killer. Aber jetzt bin ich nicht nur Irvin Rüssel. Ich bin auch der G-man Jerry Cotton. Vergiß das nicht!«
***
»Ja, bitte, zu wem möchten Sie?« Mein Freund Phil saß hinter seinem Schreibtisch und hatte um sich herum ein halbes Dutzend Kollegen versammelt. Ich war mitten in eine heiße Diskussion geplatzt.
»Verzeihung, finde ich hier Mr. Cotton?« fragte ich mit verstellter Stimme.
Phil wechselte mit den Kollegen einen schnellen Blick. Normalerweise ist es unmöglich, daß ein fremder Besucher unangemeldet bis in eines der Büros Vordringen kann. Unser Mann in seinem Glaskasten ruft in jedem Fall erst an. Deshalb war Phil für einen Moment sprachlos.
»Irgendwas muß mit unserem Sicherheitssystem nicht in Ordnung sein«, sagte ich dann mit normaler Stimme.
»Jerry!« Jetzt fuhr Phil hoch wie eine Rakete. Es war kein Wunder, daß ich ihn an der Nase herumführen konnte. Weder er noch einer der anderen Kollegen hatte auf die Idee kommen können, daß ich der unangemeldete Besucher war. Ich kam nämlich gerade von unserem Maskenbildner, und der hatte mir ein völlig neues Cottongefühl vermittelt. Mr. High hatte sich als Modeschöpfer und Kostümberater betätigt. Im Spiegel hatte ich festgestellt, daß ich durchaus annehmbar aussah, ohne jedoch noch mir selbst ähnlich zu sein.
»Würdest du mir mal verraten, was dieses Theater soll?« fauchte mein Freund mich an.
Ich setzte mich in meinen Schreibtischsessel, zündete mir eine Zigarette an, bevor ich erklärte: »Wenn schon irgendein Unbekannter mit meinem Gesicht in New York herumläuft, dann bleibt mir ja keine andere Möglichkeit, als mir ebenfalls ein neues Gesicht zuzulegen.«
»Gute Idee«, lobte unser Kollege Steve Dillaggio. »Wenn du mir in deiner wahren Gestalt über den Weg läufst, wirst du schneller verhaftet, als du es dir vorstellen kannst. Vielleicht weißt du schon, daß eine Großfahndung nach dir läuft. Ohne Einschränkungen! Du wirst als Mörder gesucht!«
Ich wußte genau, was das zu bedeuten hatte. Wenn es keine Einschränkungen gab, so hieß das unter anderem, daß jeder Kollege, ganz gleich ob von der City Police oder vom FBI, bei Widerstand ohne weiteres von der Schußwaffe Gebrauch machen durfte.
Es stand inzwischen fest, daß der Mann, der mit meinem Gesicht herumlief, ein gefährlicher Verbrecher war.
Wir konnten es einfach nicht mehr riskieren, daß dieser Mann mit mir verwechselt werden und dadurch durch die Maschen schlüpfen konnte. Deshalb war ich, genauer mein Ebenbild, jetzt das Objekt der Großfahndung. Für mich selbst gab es nur den Ausweg, mich auf diese Art unkenntlich zu machen.
»Das ist das verrückteste Spiel, das ich jemals in meiner langen Laufbahn beim FBI erlebt habe«, knurrte der alte Neville. »Zu meiner Zeit konnte man Gangster und G-men auf einen Blick unterscheiden. Neuerdings muß man damit rechnen, daß sich hinter jedem Kollegen ein Massenmörder verbirgt. Tut mir leid, aber ich verstehe die Welt nicht mehr!«
»Ich auch nicht«, knurrte ich zurück. »Wenn das so weitergeht, glaube ich es bald selbst, daß ich in der Lage bin, heute abend im Central Park mir selbst den Hals umzudrehen.«
Aber diese Gedanken führten uns nicht weiter. Auch die Großfahndung allein war keine Garantie für den Erfolg. Der Killer, der sich hinter meiner Maske verbarg, war erst beim sechsten Mädchenmord fotografiert worden. Vorher nicht. Das mußte etwas zu bedeuten haben.
»Du überlegst, Jerry«, stellte Phil trocken fest. »Wie wäre es, wenn du laut dächtest. Vielleicht könnten wir dann mithelfen?«
Ich wiederholte laut die Gedanken, die mir eben durch den Kopf gegangen waren. »Es hat den Anschein, als wenn der sechste Mädchenmord, bei dem der Mann mit meinem Gesicht fotografiert wurde, der letzte war. Die anderen dienten nur als Vorbereitung, um die Jagd auf diesen geheimnisvollen Mörder erst einmal anzuheizen. Dann wurde der Mörder identifiziert. Durch das Foto. Und dann schließlich wurde der Fotograf umgebracht. Damit er nicht reden kann.«
»Es war also alles Vorbereitung, was bisher geschah«, zog Steve Dillagio die gleiche Bilanz. Ich nickte.
»Und alles geschah, um Jerry aufs Eis zu legen«, wiederholte Phil den Gedanken, der inzwischen für uns schon fast als Tatsache angesehen werden konnte.
»Alles schön und gut«, meldete sich der alte
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