Jerry Cotton - 0570 - Das Rezept des Teufels

der Mann mit der Brille noch spöttischer als zuvor.
    Henry Fullborn atmete schwer. »Ja«, sagte er leise, »in zwei Stunden wird auch der Konstrukteur Henry Fullborn nicht mehr leben.«
    »Doch«, sagte der Brillenmann.
    Fullborn hob den Kopf noch höher. »Doch?«
    »Ja«, erklärte der Mann mit der Brille ruhig, »Henry Fullborn wird erst dann sterben, wenn ich das Geld aus dem Transporter habe. In drei Stunden also. Oder in vier.«
    »Sterben, obwohl er alles gesagt hat, was man von ihm wissen wollte?«, fragte Fullborn nachdenklich.
    »Ja.« Der andere war fest entschlossen. »Kein Erpresser, der eine Million Dollar erbeutet hat, kann es sich leisten, den Erpressten, der ihn kennt, am Leben zu lassen.«
    Fullborn hob resignierend die Hände und ließ sie schwer auf die Tischplatte fallen.
    Der Mann mit der Brille lachte überlegen. Dann zog er den Telefonapparat näher zu sich heran und begann, in einem Telefonverzeichnis zu blättern. Sein Zeigefinger glitt eine Namenskolonne entlang. Bei »Lucky Ball, Billardsalon« blieb er stehen.
    Dann wählte der Mann mit der dicken Brille die Nummer. Schon nach dem ersten Rufzeichen meldete sich eine sonore Stimme mit »Hallo!«
    Der Mann mit der Brille stutzte.
    »Hallo! Melden Sie sich!«, klang es laut und deutlich aus dem Hörer.
    Der Konstrukteur Henry Fullborn hörte es auch. Er sprang von seinem Stuhl hoch.
    Der Mann mit der Brille aber ließ den Handapparat auf die Gabel zurückfallen, ohne geantwortet zu haben.
    ***
    Wir hatten uns in Mr. Highs Zimmer versammelt.
    Captain Baker von der Kriminalabteilung, unser Freund Captain Hywood von der uniformierten City Police, Lieutenant Kelly von der Kriminalabteilung Queens, die Sergeants Growman und Houstard, Streifenpolizisten aus Queens sowie Doc Sörensen, unser Laborleiter. Dann noch unser Freund und Kollege Joe Brandenburg, Phil und ich.
    »Bitte, Doc Sörensen«, gab Mr. High unserem Weißbekleideten das Wort.
    »Ja, meine Herren«, begann der Doc. Er ist sonst ein ungezwungener Mitarbeiter. Aber immer, wenn er vor einer größeren Zuhörerschar ein Untersuchungsergebnis bekannt geben will, fühlt er sich irgendwie an ein Dozentenpult versetzt.
    »Da habe ich zuerst die Laboruntersuchung der Substanzrückstände von den Beweisstücken Nummer 67 Strich 4b Strich 3015 und Nummer 67 Strich 4b 3031. Es handelte sich dabei um Glas…«
    »Nur das Ergebnis, bitte, Doc«, bat Mr. High.
    »Die Substanzen, auf die sich die Untersuchung bezog, sind in beiden Fällen identisch. Eine Benzin-Benzol-Phosphor-Mischung, hochexplosiv und selbstverständlich hochbrennbar. Insofern werden die bereits vom Kollegen Hudson ermittelten Ergebnisse bestätigt. Unter der Beweisstücknummer 67 Strich 4b 3067 wurde uns eine Injektionsspritze, Fabrikat Hitchkins, Modell römisch neun, mit Schutzkappe und Kolbenarretierung, übergeben. Diese Spritze war mit einer dunkelbraunen, öligen Flüssigkeit gefüllt. Es handelt sich dabei einwandfrei um Dichlordiäthylsulfid, hochkonzentriert und…«
    »Doc«, mahnte Mr. High.
    »Entschuldigung«, lächelte Sörensen. »Es handelt sich also um Senfgas, auch unter Lost oder Gelbkreuz bekannt.«
    »Gas?«, dröhnte Captain Hywoods Stimme durch den Raum, sodass ich um die Fensterscheiben fürchtete. »Ich denke, es war eine ölige Flüssigkeit?«
    »Ja, Captain«, nickte Sörensen. »Haben Sie zufällig ein Gasfeuerzeug?«
    Drei Feuerzeuge wurden dem Doc entgegengehalten. »Ihr Feuerzeuggas ist auch flüssig. Sobald es mit Luft in Berührung kommt, verwandelt es sich von der flüssigen in die Gasform. Das beruht darauf, dass…«
    »Danke, ich bin überzeugt«, grinste Hywood.
    »Was ist mit der anderen Injektionsspritze?«, fragte Mr. High.
    »Beweisstück 67 Strich 8c Strich 15382«, las Sörensen von seinem Bericht ab.
    Von einer zweiten Spritze - die zuerst erwähnte hatten wir im Billardsalon gefunden - wussten Phil und ich nichts. Aus der Nummer erkannten wir auch, dass sie von der City Police sichergestellt worden war.
    »Sie lag in dem roten Chevy, der aus der Jamaica Bay geborgen wurde«, flüsterte uns Joe Brandenburg schnell zu.
    »Es handelt sich um eine Injektionsspritze gleichen Modells wie die eben genannte. Die Kanüle war abgebrochen, nach der Lage des Kolbens ist die Spritze benutzt worden. Es wurden Reste der injizierten oder sonst wie verwendeten Substanz in sehr geringer Menge gefunden. Das Ergebnis ist eindeutig.«
    »Gelbkreuz!«, riet Captain Baker.
    Sörensen schüttelte den