Jerry Cotton - 0574 - Teufel mit blutigen Rosen
in dem Luxus fast erstickt. Das hier ist das richtige Leben. Es ist laut, ich gebe es zu, es ist auch manchmal schmutzig und gemein, aber es ist tausendmal besser als das Leben in Hawthorne, Ich hoffe, Sie verstehen mich. Derek hat mich gelehrt, dieses einfache Leben zu lieben. Sheila versteht es natürlich nicht. Sie hält es nie länger als einen halben Tag bei mir aus.«
»Wo ist sie jetzt?«
»Unterwegs.«
»Wohin?«
»Sie hat einen Anruf bekommen und trifft sich mit jemandem, ich weiß nicht, mit wem.«
»Waren Sie dabei, als der Anruf kam?«
»Nein, ich war im Schlafzimmer, um meine Reisetasche auszupacken.«
»Warum ist sie mit in die Stadt gekommen?«
»Sie wollte Distanz gewinnen. Der gestrige Tag hat sie ganz schön mitgenommen. Wenn Preston und Sie nicht gewesen wären, hätte es leicht zu einer Katastrophe kommen können. Wir haben heute morgen mit Sheriff Boulder gesprochen. Er hat das Gelände abgesucht, aber keine Spuren des Täters gefunden. Oh, ich wünschte, man würde den Mörder endlich fassen.«
»Man wird ihn fassen«, sagte ich. »Noch heute, wie ich zu hoffen wage.« Celeste blickte mich an. »Ich möchte bloß wissen, was Sheila von Preston wollte und warum sie sich mit ihm an der Stelle traf, wo die arme Patricia gefunden wurde.«
»Hat Ihre Schwester Ihnen nicht gesagt, weshalb sie diesen merkwürdigen Treffpunkt wählte?«
»Sheila ist manchmal recht verschlossen. Sie geht ihren eigenen Weg. Seit Patricias Tod lebt sie nur einem Ziel — sie will den Mörder zur Strecke bringen.«
»Vertraut sie denn keinem ihre Gedanken an?«
»Sie spricht höchstens mal mit Derek darüber. Sheila schätzt seinen scharfen Verstand. Er hat sie schon oft auf gute Ideen gebracht, aber wirklich vorangekommen sind die beiden mit ihrem Detektivspiel natürlich nicht.«
»Haben Sie vor, Derek Lennox zu heiraten?«
»In Greenwich Village spricht man nur selten vom Heiraten. Man lebt zusammen und ist glücklich. Wenn man anfängt, sich zu langweilen, geht man auseinander.«
»Das können sich nur sehr junge Leute leisten. Menschen, die nicht über das nächste Lebensjahr hinausdenken.«
»Ich denke schon, daß wir eines Tages heiraten werden«, meinte Celeste. »In gewisser Weise ist das für uns sogar selbstverständlich. Wir reden bloß nicht darüber.«
»Darf ich mal Ihr Telefon benutzten?« fragte ich. Celeste nickte und ging hinaus. Ich rief das Untersuchungsgefängnis an, in dem Rowling saß, und hörte, daß Preston bereits vor zwei Stunden weggefahren war.
»Wird er Rowlings Verteidigung übernehmen?« fragte ich den Gefängnisdirektor.
»Ja.«
Ich bedankte mich und legte auf. Dann wählte ich die Nummer von Prestons Office in Hawthorne.
»Mr. Preston ist noch nicht zurückgekommen«, informierte mich seine Sekretärin. »Er hat in der Zwischenzeit auch nicht angerufen. Offen gestanden bin ich etwas in Sorge. Normalerweise hält er mich telefonisch auf dem laufenden. Ich weiß eigentlich immer, wo er ist.«
»Normalerweise«, wiederholte ich. »Sie haben also das Gefühl, daß heute etwas Außergewöhnliches im Gange ist?«
»Ich weiß nicht, ob ich darüber sprechen darf«, meinte die Sekretärin zögernd. »Mr. Preston war gestern abend bei mir. Gestern nacht, um genau zu sein. Er wollte mir noch ein paar Dinge diktieren, wissen Sie — und dann kamen die beiden Anrufe. Der erste betraf die Verteidigung von Rowling, über den zweiten sprach der Chef nicht mit mir, aber er ging plötzlich weg und war furchtbar verstört. So kannte ich ihn bisher noch gar nicht. Ich habe immer seine Nerven bewundert, seine Selbstbeherrschung. Es muß schon etwas sehr Schlimmes gewesen sein, das ihn plötzlich aus dem Gleichgewicht warf. Und deshalb bin ich jetzt in Sorge um ihn.«
»Wer war der Anrufer?« fragte ich. »Ein Mann oder eine Frau?«
»Ein Mann. Hugh — Mr. Preston, meine ich — nannte zwar keinen Namen, aber ich hörte ein paar Stimmfetzen des Anrufers. Es gibt keinen Zweifel, daß es ein Mann war.«
»Ist Mr. Preston mit dem Wagen unterwegs?«
»Ja, mit einem grünen Rover 2000.«
Ich bedankte mich und legte auf. Celeste betrat das Zimmer. »Alles okay?« fragte sie.
Ich nickte, obwohl ich vom Gegenteil überzeugt war. »Ich fahre jetzt zu Ihrem Freund. Er ist doch zu Hause, hoffe ich?«
»Ich denke schon. Soll ich Sie anmelden?«
»Nein, lieber nicht«, winkte ich rasch ab.
»Sie können Ihren Wagen hier stehenlassen«, meinte Celeste. »Derek wohnt gleich um die Ecke in
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