Jerry Cotton - 0576 - Der Tod im Handgepaeck
aber nicht waffenlos.
Irgendwoher hatte er ein aufgeklapptes Wurfmesser gefischt und hielt es in der unverletzten Linken. Er was schon in seiner Art Klasse — ausgebildet und trainiert, auch bei lahmgelegtem rechtem Arm noch verteidigungsbereit zu sein. Und das war er wirklich — ich sah es an den Bewegungen seines Oberkörpers, der hin und her wiegte wie der Kopf einer angriffsbereiten Schlange.
Phil stand mit der gezogenen Pistole in der Schlafzimmertür. Natürlich hätte er schießen können, aber sowohl unsere Dienstvorschriften wie auch unser persönlicher Anstand hinderten ihn daran.
Der Killer warf sich und die Linke blitzartig zurück. Ich hatte auf diese charakteristische Bewegung gewartet und war auf dem Sprung. Niemand hat gegenüber einem guten Messerwerfer eine Chance, wenn er stehen bleibt. Genauso wenig wie gegen einen Pistolenschützen. Viel langsamer ist ein Messer nicht…
Er kam aus seinem Schwung noch nicht wieder ganz nach vorn, als ich ihm meinen Schädel in den Leib rannte, gleichzeitig seine Beine packte und sie in meinem Fall mit nach oben riß. Er krachte auf den Rücken, ich kam auf ihm zu liegen und suchte im Fallen nach seiner Linken. Die jedoch hatte im Fall das Messer eisern festgehalten. Der Bursche war mir fast ebenbürtig. Mit einer gekonnten Rolle warf er sich seitwärts und versuchte mich abzuschütteln. Ich riß die Beine auseinander und wollte ihn auf dem Boden festnageln. Da kam seine Hand mit dem Messer von oben. Die Klinge schlitzte mir den Ärmel auf und fuhr zentimetertief in den Fußboden. Damit glaubte ich ihn zu haben: ich packte sein Handgelenk und hebelte es herum. Er ließ den Messergriff los, zog die Beine an und stieß mich zurück. Für einen Moment hilflos und mit dem brennenden Schmerz zwischen den geprellten Rippen taumelte ich durch den Raum, stolperte über die am Boden liegende Frau, ehe ich an der gegenüberliegenden Wand heruntersackte… Und da kam er schon wieder. Aus der Hocke heraus sprang er mir nach, achtete nicht auf seine verwundete Rechte… sein verzerrtes Gesicht wuchs vor mir auf. Ich zog den Kopf ein. Seine Nagelstiefel waren das letzte, was ich zu spüren verlangte.
Phils Pistole knallte seltsam leise. Dann schien ein Berg über mir einzustürzen. Der Killer begrub mich unter sich und deckte mich vollkommen zu.
»Na, alter Freund?« sagte Phil.
Ich rappelte mich mühsam hoch. »Was ist?«
»Sorry. Aber als der Bursche dich im letzten Anlauf nehmen wollte, dachte ich, daß es nun mein Fall wäre. Es sollte ihn nur stoppen, aber er ist in meine Kugel hineingelaufen.«
Ich stand, auf, wankte noch ein bißchen und sah den Killer auf dem Boden liegen. Direkt neben Miß Frederic.
»Tot?«
Phil nickte. »Ich weiß, es ist nicht sehr sympathisch. Meine einzige Entschuldigung ist, daß er da liegt und nicht du. Leider gab es keine dritte Möglichkeit.«
Ich klopfte mir den Anzug ab und hielt mir die schmerzenden Rippen.
»Ist hier Telefon?«
»Denke schon. Ich werde mal die örtliche Mordkommission anrufen. Kümmerst du dich um die Miß?«
Er ging in die Küche und steckte seine Pistole in die Halfter. Miß Frederic war unverletzt, wie ich schnell feststellen konnte. Mit etwas Mühe brachte ich sie auf die Couch. Eine Flasche Gin, ihr erst unter die Nase und dann an die Lippen gehalten, brachte sie bald wieder zur Besinnung. Nach einem unbewußten, aber um so kräftigeren Schluck sah sie verwundert um sich.
»Sie… was ist? Dieser… Gangster?«
»Ruhig«, sagte ich. »Sie brauchen sich keine Sorgen mehr zu machen.«
»Ist er…?«
Ich nickte. »Ja. Er ist regelrecht in die Kugel meines Kollegen hineingelaufen. Sie haben sich sehr tapfer gehalten.«
Sie setzte sich auf.
»Den Eindruck habe ich eigentlich nicht, Mr. G-man. Geben Sie mir noch einen Schluck?«
»Aber gern. Es ist ja Ihr Gin. Wenn er Ihnen hilft?«
Sie trank.
»Ich lebe schon lange hier allein. Und ich glaube auch, daß ich mich ganz gut selbst verteidigen kann. Aber als der Mann hier auftauchte und von meinem Bruder…«
»Ich habe Ihren Morsespruch gut aufgefangen. Bedrich war also tatsächlich heute nacht hier?«
»Ja«, nickte sie. »Gestern abend war er hier. Sie sind hinter ihm her?«
Jetzt war es an mir, zu nicken. »Allerdings. Wir fürchten, er hat etwas in Händen, was die nationale Sicherheit bedrohen könnte. Wissen Sie etwas darüber?«
»Ja. Er hat es mir gesagt. Nicht nur das — er hat es mir auch bewiesen. Sehen Sie den Vogelbauer da
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