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Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben

Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben

Titel: Jerry Cotton - 0579 - Warum musste Springfield sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
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Frisiersalon des Ortes, das echte Mahagoniholz, das Andy Clydes Saloon zierte, und das unmelodische Knarren der Schaukelstühle auf den überdachten Terrassen.
    Phyllis’ Eltern waren vor zwei Jahren gestorben. Trotzdem besuchte sie noch regelmäßig den Ort. Sie stieg stets im Carlton ab — einem Hotel, dessen dreißig Zimmer seit dem Abklingen des Booms nur noch selten benutzt wurden.
    Aber vielleicht war es gerade diese Ruhe, diese einsame Abgeschiedenheit, die Phyllis an Springfield reizte. New York war hektisch, laut, aufdringlich und stets ein wenig überdreht. Springfield dagegen pfiff auf Reichtum und Erfolg. Es führte ein eigenständiges Dasein, das Phyllis’ Nerven beruhigte und ihr immer wieder neue Kraft für ihre Arbeit gab.
    Phyllis atmete auf, als sie das erste Grundstück der Stadt erreicht hatte — Ernies Tankstelle. Sie bestand nur aus einer provisorisch überdachten Zapfsäule, einem hölzernen Reparaturschuppen und einem kleinen Wohnhaus mit grünen geschlossenen Fensterläden. Hinter der Werkstatt war ein Abstellplatz für ausrangierte Fahrzeuge und landwirtschaftliche Maschinen. Es roch nach heißem Eisen, nach Rost, Öl, Leder und Benzin.
    Phyllis warf einen Blick in die Reparaturwerkstatt. »Ernie!« rief sie.
    Stille. Unter einem aufgebockten Wagen stand eine Wanne mit schmutzigem Öl. Ein paar Werkzeuge lagen auf dem Boden herum. Diese Unordnung war typisch für Ernie, einem fünfundfünfzig jährigen Junggesellen.
    Phyllis ging zum Wohnhaus hinüber und klopfte. Niemand kam zur Tür. Phyllis versuchte es noch einmal, dann gab sie es auf. Sie wollte schon weitergehen, als sie plötzlich ein Geräusch hörte.
    Sie ging um das Haus herum und blieb entsetzt stehen, als sie das Tier sah.
    Ein Schakal kratzte mit seiner Pfote an der zum Hof führenden Küchentür. Phyllis wußte zwar, daß es diese Tiere noch in der Gegend vereinzelt gab, aber sie konnte sich nicht erinnern, daß einmal eines von ihnen bis in den Ort gekommen war.
    Der Schakal wandte seinen häßlichen Kopf und starrte sie an. Seine Nackenhaare sträubten sich, dann machte er kehrt und ergriff die Flucht.
    Phyllis’ Herz klopfte hoch oben im Hals. Sie ging auf die Küchentür zu und blickte dann durch die Fliegengaze ins Innere des Raumes.
    Ernie Hopkins saß in einem Stuhl und wandte ihr den Rücken zu. Er trug Blue jeans und ein kleinkariertes blauweißes Hemd mit hochgekrempelten Ärmeln. An seinen stark behaarten Armen klebten dunkle Ölflecke. Der Köpf war ihm auf die linke Schulter gesunken.
    Er schien zu schlafen. Phyllis wollte lächeln, aber irgendwie fühlte sie, daß es nicht angebracht war.
    »Ernie!« rief sie laut, von plötzlicher Unruhe erfaßt.
    Hopkins rührte sich nicht. Phyllis griff nach dem Drehknopf an der Tür und öffnete sie. Sie betrat die Küche und baute sich vor dem Mann auf. Ihr Herz machte einen jähen schmerzhaften Sprung, als sie sein Gesicht sah.
    An seinem Mund und an den Nasenlöchern saßen Fliegen. Hopkins unternahm nichts, um sie von dort zu verscheuchen. Die Augen hielt er fest geschlossen. Sein Gesichtsausdruck war friedlich und ein wenig töricht — so hatte er eigentlich schon immer ausgesehen.
    Phyllis griff nach seiner Schulter, um ihn wach zu rütteln. Der schwere Körper des Mannes neigte sich zur Seite, starr, in einem geradezu grotesk anmutenden Winkel. Er fiel hart und polternd zu Boden wie ein gefällter Baum.
    Hopkins blieb liegen, wie er gesessen hatte — mit zur Seite geneigtem Kopf und angezogenen Beinen.
    Phyllis wollte schreien, aber sie brachte keinen Laut hervor.
    Er ist tot! dachte sie.
    Tot, tot, tot!
    Wie lange schon? Hatte keiner seiner Kunden es bei einem vergeblichen Versuch zu tanken für notwendig erachtet, sich im Wohnhaus umzusehen?
    Phyllis stürmte aus der Küche in das Wohnzimmer. Der mittelgroße Raum mit der niedrigen tapezierten Decke hatte Hopkins gleichzeitig als Büro gedient. Auf dem Schreibtisch herrschte ein wildes Durcheinander von Ordnern, unbezahlten Rechnungen und vollen und leeren Warenkartons für Zündkerzen, Keilriemen und Scheinwerferbirnen. Phillys kurbelte wild an dem altmodischen Wandtelefon und nahm den Hörer ans Ohr.
    Sie erwartete die dünne metallische Stimme von Miß Leonie Archibald zu hören, die seit vielen Jahren die kleine Ortsvermittlung betreute, aber alles, was Phyllis vernahm, war das monotone Tuten des Freizeichens.
    Phyllis wiederholte das Kurbeln. Niemand meldete sich. Sie hängte ein und stürmte ins Freie.

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