Jerry Cotton - 0590 - Handlanger des Todes
nebeneinander im Samt der Schatulle steckten. Ich nahm ihn heraus, drehte ihn zwischen den Fingern und hielt ihn Doreen West vor die Augen. »Den hier suchen wir, Miß West.«
Da sie nicht geschminkt war, konnte ich sehen, wie blaß sie geworden war. Ihre Augen flackerten. Ich zog das zweite richterliche Dokument aus der Tasche. »Ich bin ermächtigt, alle Gegenstände zu beschlagnahmen, die auf gesetzwidrige Weise erworben worden sind. Woher haben Sie den Ring, Miß West?«
»Ich erhielt ihn geschenkt.«
»Von wem?«
»Von einem Mann, mit dem ich mal befreundet war. Es war ’ne flüchtige Freundschaft. Ich erinnere mich nicht einmal mehr an seinen Namen.«
»Dieser Ring hat einen Wert von ungefähr achtzigtausend Dollar. Man verschenkt keinen Achtzigtausend-Dollar-Ring an eine flüchtige Freundin.«
»Ich hielt den Ring für unecht.«
»Unsinn, Miß West! Eine Frau, -die wie Sie ein Dutzend Ringe, außerdem Ketten, Armbänder und Broschen besitzt, erkennt auf den ersten Blick die Echtheit eines Schmuckstücks.«
Sie schwieg. Nervös zerkrümelte sie die Zigarette. »Wenn Sie uns den Namen nicht nennen, werden Sie selbst in ernsthafte Schwierigkeiten geraten. Der Ring gehört zur Beute eines Raubmordes an einem Juwelier.«
Doreen West taumelte zwei Schritte zurück. »Sie bluffen, G-man«, stieß sie heiser hervor.
»Begleiten Sie uns - ins Hauptquartier, und wir werden Ihnen die Fotos der geraubten Juwelen zeigen. Sie können auch ein Foto des ermordeten Juweliers sehen.«
Das Telefon schrillte. Der Apparat stand neben dem Kopfende des Bettes auf einem Tisch. Doreen West wandte sich um. Ich faßte ihr Handgelenk. »Melden Sie sich, aber lassen Sie mich mithören!« Stumm nickte sie. Als sie den Hörer abnahm, preßte ich mein Ohr an ihre Wange. »Hallo«, meldete sich die Frau. Ich hörte eine Männerstimme. »Hör zu, Doreen! Ich glaube, daß die Schnüffler mich aufs Korn genommen haben. Diesmal scheint’s ernst zu sein. Nicht die Bullen von der City Police, sondern die G-men des FBI sind hinter mir her. Wir müssen uns sofort treffen.«
»In Ordnung, Harold«, antwortete die Frau tonlos.
»Kannst du in einer Stunde am Cresword Place sein? Ich warte in dem kleinen Drugstore auf dich. Achte darauf, ob dir jemand folgt. Möglich, daß die G-men schon jeden beschatten, der in irgendwelchen Beziehungen zu mir steht. Noch eins, Darling! Bringe allen Schmuck mit, den ich dir geschenkt habe.«
»Ich verstehe, Harold!« Doreen Wests Stimme veränderte sich nicht. Ich denke, daß sie in diesen Sekunden erkannte, wie gründlich Greece bereits verloren hatte, und sie schrieb ihn kaltblütig ab.
»Beeil dich, Darling!« Er legte auf. Ich nahm Doreen West den Hörer aus der Hand. Unsere Blicke trafen sich.
»Der Ring wurde Ihnen von Harold Greece geschenkt?« fragte ich.
Sie nickte und flüsterte ein nahezu unhörbares »Ja«. Ich stand auf. »Sie werden diese Aussage vor einem Richter wiederholen. Wegen dringenden Verdachtes der Hehlerei an dem wertvollen Schmuckstück, muß ich Sie vorläufig festnehmen. Sie können gegen diese Maßnahme bei dem Richter, dem Sie vorgeführt werden, protestieren.«
Ihre Augen gewannen den harten Glanz zurück. »Also schön«, sagte sie. »Darf ich mich jetzt anziehen, oder wollen Sie mich so zu Ihrem Klublokal schleifen? Nehmen Sie zur Kenntnis, G-man, daß ich keine Ahnung hatte, auf welche Weise Harold an den Ring gelangt war. Ich habe immer geglaubt, er hätte ihn ehrlich gekauft.« Sie lächelte zynisch. »Ich schätzte meinen Wert glatt auf achtzigtausend Dollar.«
»Darf ich Ihr Telefon benutzen?« fragte ich, ohne auf ihr Gerede einzugehen. Ich wählte die Nummer des Distriktgebäudes und ließ mir die Einsatzleitung geben. »Schickt zwei Leute zur Wohnung von Doreen West, die die Lady übernehmen können. Außerdem brauche ich drei Boys am Cresword Place. In ungefähr einer Stunde möchten Phil und ich Harold Greece aus einem Drugstore herausholen, und ich weiß nicht, wie er sich dabei verhalten wird.«
Die Kollegen, die Doreen West und den Smaragdring übernahmen, kamen, bevor Greeces Freundin ihre Toilette vollendet hatte. Phil und ich verließen die Wohnung, stiegen in den Jaguar und fuhren zum Cresword Place. In einer kleinen Seitenstraße, zweihundert Yard vor dem Platz, trafen wir Tom Carter, Peter Wedman und Charly Need — alle drei erfahrene G-men.
Ich erklärte ihnen die Situation. »Greece wartet in dem Drugstore auf eine Frau. Im Normalfall müßte
Weitere Kostenlose Bücher