Jerry Cotton - 0596 - Ein Koeder fuer den Killer
Schläge bis an die Grenze des Ertragbaren hinzunehmen. Ich ließ mich grunzend zu Boden fallen und mimte das Opfer seiner Schlagtechnik. Stöhnend wälzte ich mich auf den Bauch. Rocker trat mit seinen Füßen nach mir. Er traf meinen Kopf, die Rippen und die Schultern, dann machte er plötzlich schwer atmend Schluß. Er lachte sogar.
»Sieh mal einer an«, höhnte er. »Früher hätte mein Freund mühelos das Dreifache dieser Lektion schlucken können. Du wirst älter, Cotton.«
Ich blieb schnaufend liegen. Ich war ziemlich groggy, und in meiner Magengegend brannte ein heißer Schmerz, aber ich war nicht annähernd so fertig, wie Rocker zu glauben schien.
Ich hörte, wie Rocker sich setzte. Der Gorilla blieb neben mir stehen. Ich wälzte mich auf den Rücken und starrte zu ihm in die Höhe.
»Aufstehen«, kommandierte der Gangster.
Ich quälte mich hoch, torkelte zu einem Sessel und ließ mich hineinfallen. Es konnte nicht schaden, wenn die Gangster mich für einen zweitrangigen Gegner hielten, der nichts mehr hinzuzusetzen hatte.
»Er widert mich an«, knurrte Rocker. »Bring ihn ’runter, ich kann seine Visage nicht mehr sehen.«
»Aber da ist doch…« begann der Gorilla.
Rocker nickte. »Ich weiß. Los, tu, was ich dir sage.«
»Hoch mit den Greifern«, kommandierte der Mann, der sich Ricky nannte. Ich gehorchte. Der Gangster dirigierte mich aus dem Zimmer. Von der Diele ging es über eine Treppe in den Keller. Am Ende eines kurzen schmutzigen Ganges befand sich eine Stahltür. Der Schlüssel steckte auf der Außenseite.
»Aufschließen«, befahl Ricky.
Ich öffnete die Tür. Der fensterlose Innenraum hatte eine niedrige Decke, an der eine nackte, sehr starke Glühbirne brannte. Der Gangster stieß mich über die Schwelle. Hinter mir knallte die Tür ins Schloß. Ich hörte, wie der Schlüssel zweimal herumgedreht wurde.
Vergeblich wartete ich auf das Geräusch sich entfernender Schritte. Der Gangster war draußen stehengeblieben, um zu verfolgen, was sich hinter der Tür tat.
Ich starrte auf das Bett, das an der hinteren Längswand des Kellerraumes stand. Es hatte ein Messinggestell und war mit einer roten, stark verblichenen Matratze belegt. Auf dieser Matratze lag ein Girl.
Loretta Ambush! Sie wandte mir ihren Rücken zu. Die Knie hatte sie angezogen, ein Arm war über den Kopf geworfen. Die Hand hing zwischen den Gitterstäben des Kopfendes im Leeren. Das Mädchen rührte sich nicht. War sie tot?
***
»Miß Ambush«, sagte ich laut.
Der Keller hatte eine merkwürdige Akustik. Es war, als würde er jeden Laut dämpfen.
Das Girl bewegte sich nicht. Ich trat an das Bett heran. »Miß Ambush!« rief ich. Ich brüllte es fast.
»Rühren Sie mich nicht an«, sagte das Mädchen, ohne den Kopf zu drehen. Ihre Stimme klang matt, ausgelaugt und hoffnungslos.
Ich stieß die Luft aus und schaute mich um. Der Raum maß etwa zwölf Quadratyard. Außer dem Bett enthielt er nur noch einen wackligen Stuhl.
Ich setzte mich. Draußen erklangen jetzt Schritte. Der Gangster entfernte sich. Ich löste die Schnürsenkel meiner Schuhe, holte die beiden Patronen heraus und ließ sie in meine Jackentasche gleiten. Dann verknotete ich die Senkel und musterte Loretta Ambush’ leicht gekrümmten, zweifellos sehr schön geformten Rücken. Ich begann zu verstehen, was sich ereignet hatte, zog es aber vor, zunächst einmal zu schweigen.
Die Gangster hatten sich damit begnügt, mir den Smith and Wesson abzunehmen. Ich holte meine Zigaretten und das Feuerzeug aus der Tasche. Als ich mir eine Zigarette ansteckte, drehte sich das Mädchen erwartungsgemäß um.
Ich sah, daß ihre Unterlippe aufgeplatzt war und daß sie einen Faustschlag auf das rechte Auge bekommen hatte. Noch ein paar Stunden, und die mattgelbe Tönung der Schlagstelle würde sich in ein schimmerndes Violett verwandeln. Loretta Ambush sah trotzdem noch gut aus, aber es war eine Attraktivität, die mich kaltließ.
»Geben Sie mir auch eine«, sagte sie.
Ich hielt ihr das offene Päckchen hin. Die Hand des Mädchens zitterte, als sie sich bediente. Ich gab ihr Feuer. Loretta schwang die Füße herum und setzte sich auf.
»Warum spucken Sie mich nicht an?« wollte sie wissen und schüttelte ihr Haar zurecht. »Warum geben Sie mir eine Zigarette? Ich wollte Sie töten!«
»Töten lassen«, stellte ich richtig.
»Ist das nicht genauso schlimm?«
»Sie werden sich dafür verantworten müssen«, nickte ich.
»Vor wem denn?« fragte sie und hatte
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