Jerry Cotton - 2902 - Den Tod gibts auf Rezept
gleich zu ihm.«
Sie ging den Korridor entlang zu ihrem Büro, vor dem ein Rollwagen mit Akten stand, die mit unterschiedlichen Vermerken versehen waren.
»Schönen guten Morgen, Janet«, vernahm sie eine Stimme, die sie im ersten Moment nicht zuordnen konnte. Sie schob den Rollwagen zur Seite und erblickte Raymond Bush, der hinter der angelehnten Tür ihres Büros auf dem Stuhl saß. Er wippte mit der Lehne vor und zurück und lächelte sie an. »Eine halbe Ewigkeit warte ich schon auf dich.«
»Ich war beschäftigt«, entgegnete Janet schroff und balancierte einen Stoß Akten auf ihrem Arm. Sie stieß mit dem Fuß die Tür auf und schleppte den Papierstapel zu ihrem Schreibtisch. »Was willst du?«
»Nichts«, erklang die Antwort aus Bushs Richtung. »Ich wollte nur sehen, wie es dir mit dem neuen Projekt geht.«
»Die Ermittlungen, die wir führen, gehen dich nichts an«, blaffte Janet und zog den Wagen mit den restlichen Papieren herein. »Du bist befangen, Raymond.«
»Befangen!« Bush murmelte das Wort einige Male vor sich hin und grinste. »So nennen es Fisher und du, wenn jemand ausgebootet wird.«
In Janet stieg blanker Zorn auf. Sie verspürte nicht die geringste Lust, sich mit Bushs Wehwehchen herumzuschlagen.
»Du hast dich selbst aus dem Spiel genommen, als du mit einem Pharmariesen gemeinsame Sache gemacht hast. Es ist vollkommen richtig, dass dich Fisher aus den Ermittlungen heraushält.« Sie starrte ihn respektlos an. »Und weißt du was? Ich persönlich glaube, dass du mit GenaXent nie gebrochen hast.«
Bush lächelte. »Mit alten Freunden trinkt man eben hin und wieder einen Kaffee. Aber man lädt sie nicht gleich zum Essen ein. Ich will dir nur sagen, dass deine Freunde vom FBI mit dem Feuer spielen.«
Janet erstarrte und blickte Bush zornig an. Sie hasste seine blasierte Art.
»Was weißt du über den FBI-Einsatz? Die Kooperation mit dem Field Office ist streng vertraulich.«
»Streng vertraulich?«, lachte Bush glucksend. »In einer Sozialbehörde, in der man auf Gefälligkeiten des anderen angewiesen ist, gibt es keine Vertraulichkeit. Ich kann mich, wie es oft heißt, auf gut informierte Kreise verlassen.«
»Einen Dreck kannst du!«
Sie trat auf ihn zu und ballte eine Faust vor seinen Augen.
»Eher lasse ich deinen Kopf rollen, als dass ich die Leute vom FBI in Gefahr bringe. Ich kann genauso nach Schmutzwäsche kramen, wenn du es darauf anlegst. Oder meinst du, in der HRA weiß jeder, aus welchem Grund du die Approbation verloren hast?«
Sie durchbohrten einander mit Blicken und schwiegen. Bush legte den Kopf auf die Seite.
»Willst du mir drohen, Janet? Ich hoffe, du weißt, mit wem du dich anlegst. Meine alten Freunde sind mächtiger, als du vermutest.«
Janets Blick verdüsterte sich.
»Ich wusste es. Ich wusste, dass du der verdammte Maulwurf bist.«
»Tritt von deinem Posten zurück, und ich bin augenblicklich auf deiner Seite«, erwiderte Bush lakonisch. »Das ist ein faires Angebot.«
Er fuhr zusammen, als Janet ihn beim Kragen packte. »Raus aus meinem Büro! Verschwinde ein für alle Mal! Lass dich nicht mehr bei mir blicken!«
Sie funkelte ihn an und blieb reglos stehen. Bush erhob sich, rollte den Stuhl zur Seite und verließ das Büro, ohne seine Widersacherin aus den Augen zu lassen.
»Bis bald, Janet. Bis bald.«
***
Die Unterstützung des Chatham Police Department, die Zeerookah und Steve Dillaggio aus New York City angefordert hatten, war eine Stunde früher vor Ort gewesen als die G-men selbst. Die Streifenwagen hatten die Zufahrt zum Haus der Bradys in der Fairmount Avenue abgesperrt und meldeten über Funk, dass in dem Gebäude niemand anzutreffen sei.
»Richtig, Agent Dillaggio«, erklang die verrauschte Stimme des diensthabenden Officers. »Das Haus ist leer wie ’ne Schule an Thanksgiving.«
Steve drückte die Sprechtaste des Handmikrofons.
»Haben Sie alles geprüft?«, gab er durch. »Die Familie wollte umziehen und müsste entsprechende Vorbereitungen getroffen haben.«
Die Funkverbindung knackte und wurde von einem Pfeifton überlagert.
»Nach unserer Beobachtung ist das Haus vollkommen leer«, setzte sich wenig später die Stimme des Officers durch. »Die Nachbarn berichten, dass in den frühen Morgenstunden ein Möbelwagen vorgefahren sei. Mistress Brady hat das Haus später verlassen. Das Internat in Somerville hat uns mitgeteilt, dass die Kinder abgeholt worden sind.«
Der Sprechkontakt brach ab und wurde von statischem Rauschen
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