Jerry Cotton - 2912 - Blutschwur
Entführung zur Auswertung gebracht. Es gab offenbar ein sehr brauchbares Foto, das von dem fraglichen Fahrzeug bei der Einfahrt in den Lincoln Tunnel gemacht wurde. Darauf sind der Fahrer und die neben ihm sitzende Julie Lonnegan deutlich zu erkennen.«
»Sehr gut, Myrna.«
»Es kommt noch besser, Phil. Nachdem die Cops uns das Foto übermittelt haben, wurde es von unseren Spezialisten gleich durch die Gesichtserkennungssoftware gejagt. Es wurde ein Treffer angezeigt. Der als US-Marshal verkleidete Fahrer heißt Jim McCay und ist ein vorbestrafter Gewalttäter.«
Unsere Telefonistin Myrna nannte Phil gleich noch die letzte bekannte Adresse des Verdächtigen. McCay hauste auf der Lower East Side – genauer gesagt am East Broadway, wo er am schmutzigsten ist. Ich lenkte meinen roten Boliden sofort in diese Richtung. Phil warf mir einen Seitenblick zu.
»Diesen Gesichtsausdruck von dir kenne ich, Jerry. Was gefällt dir an dieser Sache nicht?«
»Ganz einfach, Phil. Ich erwarte nicht, dass McCay die Entführte in seinem Apartment am East Broadway versteckt. Aber ist es nicht mehr als seltsam, dass sein Foto an der Mautstelle des Lincoln-Tunnels gemacht wird, wo er New York in Richtung New Jersey verlässt? Und das für die Entführung benutzte Auto wird dann später wieder auf New Yorker Territorium gefunden?«
»Ja, das ist merkwürdig. Ich schätze, der saubere Mister McCay wird uns viele Fragen beantworten müssen.«
***
Phil nutzte die Fahrzeit und nahm per Handy Kontakt mit den Kollegen der Scientific Research Division auf. Da er den Lautsprecher eingeschaltet hatte, konnte ich den Wortwechsel mithören. Es stellte sich heraus, dass der Ford Explorer bei einer kleinen Autovermietung ausgeliehen worden war. Der Mann, der den Mietvertrag unterschrieb, hatte offenbar einen gefälschten Führerschein vorgelegt. Von der Beschreibung her konnte es sich um Jim McCay handeln, wie wir später bei einem Abgleich der vorhandenen erkennungsdienstlichen Fotos feststellten.
»Wir haben übrigens die Haare aus dem Ford mit der DNA-Probe aus Julie Lonnegans Apartment verglichen«, sagte der SRD-Kollege am Telefon. »Es gibt eine hundertprozentige Übereinstimmung, die Haare stammen von dem Entführungsopfer.«
Der Mann von der Spurensicherung teilte Phil mit, dass es keine weiteren verwertbaren DNA-Spuren in dem Explorer gab. Das lag daran, dass es sich um ein Mietfahrzeug handelte, das offensichtlich regelmäßig gereinigt wurde. Phil bedankte sich und beendete das Gespräch.
»Eigentlich clever, für ein Kidnapping einen Leihwagen zu benutzen«, stellte ich fest. »Man muss nicht befürchten, den Cops aufzufallen, wie es in einem gestohlenen Wagen passieren könnte. Und kaum ein Verbrecher wäre wohl so dumm, für eine Entführung das eigene Auto zu verwenden.«
»Ja, bis jetzt hat McCay keinen entscheidenden Fehler gemacht«, stimmte Phil mir zu. Offenbar war es dem Kidnapper auch gelungen, seine Spur zu verwischen. Als wir in dem schäbigen Mietshaus am East Broadway eintrafen und den Hausmeister befragten, wusste dieser von keiner neuen Anschrift des Ex-Mieters. Der Hauswart machte auf mich einen glaubhaften Eindruck.
Phil und ich begannen damit, jeden einzelnen Nachbarn aufzusuchen. Doch viele von ihnen waren nicht daheim oder wollten nicht mit dem FBI sprechen. Nur eine ältere Latina-Lady mit Lockenwicklern auf dem Kopf zeigte sich auskunftsfreudig.
»McCay?« Sie spuckte seinen Namen aus wie einen Fluch. »Ich bin froh, dass dieser Hundesohn nicht mehr hier wohnt.«
Sie bekreuzigte sich, als ob ich sie nach dem Leibhaftigen gefragt hätte. Ich hakte nach.
»Hatten Sie Ärger mit McCay, Señora?«
»Ich nicht, Agent. Aber mein Enkel Arturo – er ist durch McCay auf die schiefe Bahn geraten, verstehen Sie? Ich habe immer versucht, den Jungen von der Straße zu kriegen, gerade in dieser miesen Gegend hier. Aber was nützt das, wenn der verbrecherische Verführer im gleichen Haus wohnt wie man selbst? McCay hat Arturo dazu verleitet, mit Drogen zu handeln. Und jetzt hört der Junge nicht mehr auf seine Grandma.«
»Wir würden gern mit Arturo sprechen.«
»Er wohnt nicht mehr hier, er lässt sich ja auch nichts sagen. Aber er treibt sich oft in dem Wettbüro an der Jefferson Street herum, nicht weit von hier. Arturo schläft wohl bei irgendwelchen Strolchen, nehme ich an.«
Die Frau tat mir leid, aber es gab nichts, was wir jetzt für sie tun konnten. Ich wünschte ihr alles Gute. Phil und ich gingen zu
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