Jerry Cotton - 2912 - Blutschwur
dass Kidnapping kein Kavaliersdelikt ist. Warum wollten Sie kein höheres Honorar herausschlagen?«
»Roger Hill hat mir versichert, die Kleine würde keine Schwierigkeiten machen. Sie war ja auch wirklich lammfromm, er hatte mich also nicht angelogen.«
Ob McCay die Wahrheit sagte? Aber mir war ja selbst schon aufgefallen, dass Julie Lonnegan offenbar brav neben dem Fahrer des Entführungsautos gesessen hatte.
»Woher kannten Sie Roger Hill überhaupt? Wie kam er dazu, Sie wegen des Kidnappings anzusprechen?«
McCay grinste. »Roger und ich haben vor ein paar Jahren gemeinsam in Rikers gesessen, Agent Cotton. Sie wissen ja, wie viele von den Knastbrüdern aussehen. Die sind tätowiert bis zum Hals, nicht wahr? Aber ich nicht. Roger rief mich an und fragte, ob ich immer noch so vertrauenerweckend aussehen würde. Er meinte, dass ich wie ein US-Marshal wirken könnte, wenn ich mich entsprechend verkleide.«
»Haben Sie das Opfer bei der Entführung eigentlich unter Drogen gesetzt?«
Der Verdächtige schüttelte den Kopf.
»Nein, das war nicht nötig. Wie gesagt, die Süße ist brav mitgegangen.«
Ich hatte Schwierigkeiten, bei McCay zwischen Lüge und Wahrheit zu unterscheiden. Doch wenn es in dem Apartment der Frau einen Kampf gegeben hätte, dann wären Spuren davon zu finden gewesen. Ob Julie Lonnegan wirklich selbst den vor ihrer Wohnung wachenden Marshal niedergeschlagen hatte? Aber warum hätte sie das tun sollen?
»Waren Sie gar nicht neugierig, aus welchem Grund Ihr Freund Roger Hill die junge Frau kidnappen wollte?«
»Doch, ich fragte ihn danach. Er sagte, ich solle meine 1000 Dollar nehmen und die Klappe halten. Ich wollte unsere Geschäftsbeziehung nicht gefährden und bohrte nicht nach.«
»Ach, wirklich? Was haben Sie denn für eine Geschäftsbeziehung zu Roger Hill?«
Ich sah McCay an, dass er sich am liebsten auf die Zunge gebissen hätte. Aber jetzt hatte er es schon geschafft, mich hellhörig zu machen. Nun würde ich ihn nicht mehr vom Haken lassen.
Doch bevor ich an diesem Punkt nachbohren konnte, kehrte Phil zurück.
»Kurze Pause, McCay. Ich lasse Ihnen Kaffee bringen«, sagte Phil zu dem Verdächtigen. Dann lotste er mich mit einer Geste nach draußen. Ich merkte Phils Verhalten an, dass er etwas Wichtiges herausgefunden hatte.
Ich schloss die Tür von außen. Nun konnte McCay uns nicht mehr hören.
»Okay, Phil. Hast du Neuigkeiten?«
»Allerdings. Dieser Roger Hill hat eine Strafakte als Schläger. Und er ist seit einigen Jahren Vollmitglied bei der Rockerbande Jersey Kings .«
***
Die Jersey Kings aus New Jersey entführten die Freundin oder Ex-Freundin des Anführers der Big Apple Bandits ? Wenn das wirklich so war, dann bekam der Fall eine ganz andere Wendung. Am liebsten hätte ich Roger Hill sofort verhaftet. Doch die rivalisierende Gang war ja in unserem Nachbarstaat angesiedelt und fiel deshalb nicht in unsere Zuständigkeit.
Wir informierten den Chef über die neue Entwicklung. Mr High griff sofort zum Telefonhörer.
»Ich rufe im Field Office New Jersey an und werde veranlassen, dass dieser Roger Hill sofort in Gewahrsam genommen wird. Die Kollegen werden sich bei Ihnen melden, sobald es neue Entwicklungen gibt.«
Wir setzten einstweilen das Verhör mit McCoy fort. Er hatte inzwischen seinen Kaffee ausgetrunken.
»Sie wollten Agent Decker und mir noch erzählen, was für Geschäfte Sie mit Roger Hill machen.«
McCoy schien inzwischen über seine Lage nachgedacht zu haben. Das wurde mir klar, als er nun den Mund öffnete.
»Was habe ich davon, wenn ich mit Ihnen kooperiere?«
»Wir können dem Gericht nicht vorgreifen, das wissen Sie. Aber wenn Sie ein komplettes Geständnis ablegen, wird sich das auf Ihr Strafmaß positiv auswirken. Wenn wir Ihnen hingegen die Wahrheit scheibchenweise abringen müssen, können wir nicht aussagen, dass Sie kooperativ waren.«
»Schon kapiert, Agent Cotton. – Also, ich bin mit Roger Hill im Drogengeschäft. Die Jersey Kings wollen sich Richtung New York City ausbreiten, in ihren Bordellen gibt es nämlich auch Koks, Speed und andere Muntermacher zu kaufen. Und ich stelle den Kontakt zu Lieferanten vor Ort her.«
»Wenn sich die Jersey Kings in New York City breitmachen wollen, werden sich das die Big Apple Bandits doch gewiss nicht gefallen lassen, oder? Ist da nicht ein Rockerkrieg unausweichlich?«
»Das stimmt, Agent Cotton. Allerdings sitzt ja der Bandits -Boss Clark Dobson momentan in Rikers, habe ich gehört. Und
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