Jerry Cotton - 2913 - Die beste Waffe
Liste.«
***
Etwa gegen Mittag meldete sich Agent Donna Sullivan von den FBI-Kollegen in Virginia über eine Skype-Leitung bei uns. Ihr Gesicht erschien auf meinem Computerschirm. Das Haar hatte sie zu einer strengen Knotenfrisur zusammengefasst. Ich schätzte sie auf Ende dreißig.
»Guten Tag, Agent Cotton.«
»Nennen Sie mich ruhig Jerry.«
»Wie Sie wollen.«
»Haben Sie mit Norman Kells gesprochen?«
»Leider nicht. Er war auf seiner Farm nicht anzutreffen.«
»Wo könnte er sonst sein?«
»Vielleicht bei Ihnen in New York, Jerry.«
Ich hob die Augenbrauen. »Wie kommen Sie darauf?«
»Er hat dem Postboten gesagt, dass er ein paar Tage in New York sei und der Postbote deswegen nicht extra zu ihm hinauszufahren bräuchte. Außerdem hat er am achtzehnten dieses Monats einen Flug vom International Airport Richmond nach New York gebucht.«
»Hat er den Flug angetreten?«
»Ja. Und ist bisher nicht zurückgekehrt.«
»Sieh an«, murmelte ich. Das bedeutete, dass Norman Kells zur Tatzeit beider Morde in New York gewesen war und daher als Täter in Frage kam.
»Wenn Sie mich fragen, Jerry, dann sollte man seine Farm auf den Kopf stellen und sehen, ob man da nicht irgendwelche Beweise findet, die ihn vielleicht mit den Morden bei euch in Verbindung bringen.«
»Ja, nur leider wird man bei der gegenwärtigen Beweislage gegen Mister Kells wohl keinen Richter finden, der einen Durchsuchungsbeschluss unterschreibt. Aber wer weiß, vielleicht komme ich darauf noch mal zurück …«
Wir beendeten das Gespräch.
»Norman Kells muss noch in New York sein«, meinte Phil.
»Und wo steckt er jetzt? Bis wir alle Hotels in New York überprüft haben, ist er doch längst wieder auf seiner Farm in Virginia.«
»Das ist eine Möglichkeit, Jerry.«
Ich sah Phil fragend an. »Und die andere?«
Phil zuckte mit den Schultern. »Hängt davon ab, ob er glaubt, dass man die Überlegenheit seiner Gewehrkonstruktion schon zur Genüge zur Kenntnis genommen hat. Wenn du mich fragst, bereitet er gerade das nächste Attentat vor.«
Ich atmete tief durch. »Gut möglich«, gab ich zu. »Allerdings halte ich es für wahrscheinlicher, dass er nach New York gekommen ist, um sich mit einem Kunden zu treffen. Jemand, der vielleicht so ein Präzisionsgewehr braucht und sogar noch ein paar Spezialwünsche hat. Und das ist dann vermutlich der Killer, den wir suchen.«
Phil lächelte nachsichtig. »An die Möglichkeit, dass Kells der Killer ist, willst du immer noch nicht denken, was?«
***
Wir sorgten dafür, dass Norman Kells zur Fahndung ausgeschrieben wurde. Dabei wurde er zunächst nur als Zeuge gesucht. Schließlich wollten wir von ihm wissen, an wen er in letzter Zeit seine Hochleistungsgewehre verkauft hatte.
Walter Stone hatte uns einiges an Datenmaterial über Kells zusammengestellt. Das sah ich mir an. Die Geschichte mit dem angeblich besten Scharfschützengewehr aller Zeiten, das dann doch nicht zur Standardwaffe geworden war, füllte unzählige Internetseiten. Auch dort sah ich mich ein bisschen um. Phil ging zwischendurch raus und holte sich einen Becher Kaffee. Mir brachte er auch einen mit.
»Sag mal, was machst du da eigentlich die ganze Zeit? Für mich sieht das nach Gestocher im Nebel aus!«
»Ich versuche einen Ansatzpunkt zu finden, wo wir die Suche nach Norman Kells beginnen können. Allerdings geht mir noch etwas anderes durch den Kopf.«
»Und was?«
»Ich weiß nicht, ich habe irgendwie das Gefühl, dass wir noch nicht den richtigen Ansatz in diesem Fall verfolgen. Das passt alles noch nicht so richtig zusammen.«
Ich nippte an dem Kaffee, den Phil mir mitgebracht hatte.
Phil trank ebenfalls einen Schluck und verzog das Gesicht. »Das kann Helen besser«, meinte er.
Der Kaffee, den die Sekretärin unseres Chefs kochte, war unübertroffen. Einfache Automatenbrühe konnte da natürlich nicht mithalten.
Irgendwie schien der Koffeingehalt trotzdem groß genug zu sein, um meine Konzentration so weit zu erhöhen, dass mir fünf Minuten später etwas auffiel. Ich ließ die Finger über die Tasten gleiten und forschte noch ein bisschen weiter. »Wusstest du, dass Kells eine Wohnung in New York hatte?«, fragte ich Phil.
»Nein, woher auch? Das klingt interessant.«
»Es gab einen Prozess darum. Die Akte sollten wir uns kommen lassen, aber es reicht eigentlich schon, was in den Zeitungsarchiven im Internet darüber zu lesen ist.«
»Worum ging es dabei, Jerry?«
»Kells ist doch bankrottgegangen. Die
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