Jerry Cotton - 2914 - Der Geruch der Angst
liegt vielleicht in Blut. Wie heißt das Wort? Gene?«
»Sie meinen, dass Suns Asthma genetisch veranlagt sein könnte?«
Sie nickte.
»Erzählen Sie weiter.«
»Zwei Tage später stand Doktor mit einem böse dreinblickenden Mann vor ihrer Tür«, dolmetschte Hyung. »Er brachte Sun diesen Inhalator und sprach mit Mister Kim unter vier Augen.«
Alle im Raum hielten die Luft an.
»Worüber?«, fragte ich.
»Ich nicht wissen. Sie allein und mein Mann nicht erzählt.«
Ich seufzte tief. »Wie heißt der Arzt? Wie ist die Adresse der Arztpraxis, in die Sie gegangen sind?«
»Arzt heißt Dr. Hunter. Praxis auf der St. Anns Avenue.«
»Und der andere Mann?«, fragte Phil.
»Er nannte keinen Namen. Aber er lange Narbe.« Sie zeichnete mit dem Zeigefinger eine Linie auf ihre linke Wange.
Nahezu zeitgleich standen Phil und ich auf. Wir wollten sofort die Adresse der Arztpraxis überprüfen.
***
Wir schnappten uns den Jaguar und fuhren in die South Bronx zur St. Anns Avenue.
»Dieser Dr. Hunter steht in keinem Ärzteverzeichnis«, sagte Phil und steckte sein Smartphone in die Tasche.
»Ist wahrscheinlich kein zugelassener Arzt, sondern irgend so ein Quacksalber. Ein Studienabbrecher oder jemand, der nicht mal eine Universität von innen gesehen hat.«
»An der nächsten Ecke links ab.« Phil zeigte nach vorn. »Da müsste es gleich sein.«
Ich bog ab und trat hart auf die Bremse. Ein Großaufgebot an Feuerwehr und Polizei versperrte die Straße.
Feuerschein erhellte die Nacht. Riesige Flammen leckten über die Fassade eines fünfstöckigen Wohnhauses. Ab dem dritten Stockwerk brannte alles lichterloh. »Es brennt«, stellte Phil das Unübersehbare fest.
Ich suchte nach der Hausnummer. »Es brennt genau das Haus, in dem die Praxis sein soll.« Ich stieg aus dem Wagen. Warme, trockene Hitze schlug mir entgegen.
Der Drehleiterwagen fuhr gerade seine Leiter aus. Die Feuerwehrleute rückten den Flammen mit Löschwasser zu Leibe. Es zischte und eine dicke Rauchwolke machte sich breit, wo das Wasser sein Ziel fand.
»Sie dürfen hier nicht weiter.« Ein Feuerwehrmann mit einer Rolle Absperrband in der Hand hielt uns auf.
Ich zog meinen Ausweis und wir wurden durchgelassen.
Männer in gelben Schutzanzügen liefen umher. Ich ging zum Chief of Fire. »Cotton, FBI.« Ich zeigte auf das brennende Haus. »Sind da noch Leute drin?«
»Jenkins, New Yorker Fire Department.« Er wies mit dem Kinn auf eine Gruppe, die sich beim Rettungswagen versammelt hatte. »Die Anwohner sind draußen.«
»In dem Haus soll sich eine Arztpraxis befinden.«
Der Chief schüttelte den Kopf. »Davon weiß ich nichts. Uns wurde ein Wohnungsbrand gemeldet. Sie sehen ja, was daraus geworden ist.«
Ich blickte in die Flammen. »Das ganze Haus brennt mittlerweile.«
»Da wollte jemand seine Spuren verwischen.« Phil stemmte die Hände in die Hüften.
»Dort drinnen werden Sie nichts mehr finden. Die Bewohner können von Glück reden, wenn sie ein paar ihrer Habseligkeiten vor den Flammen und dem Löschwasser retten können.«
»So ein Mist«, schimpfte ich.
Plötzlich explodierte etwas in dem Haus. Phil und ich zogen die Köpfe ein. Jenkins sprach in sein Funkgerät und ordnete an, die Absperrung weiter nach hinten zu verlegen. »Sie sollten besser auch hinter die Absperrung gehen«, rief er uns zu.
Wir gingen zu der Gruppe der Bewohner. Etwa 25 Menschen standen im Schlafanzug und in Decken gehüllt auf der Straße. Glücklicherweise waren keine Kinder unter ihnen.
Ich suchte mir den am wenigsten Mitgenommenen heraus und sprach ihn an. Es war ein Mann mittleren Alters. Ohne Schuhe, nur mit einem T-Shirt und Boxershorts bekleidet, stand er etwas abseits der Gruppe. Genau wie alle anderen starrte er auf das Feuer.
Phil stellte uns vor. »Wie ist Ihr Name, Sir?«
Der Mann wandte den Blick vom Feuer. »Marvin Scheffold.« Er räusperte sich. Rauch und Hitze hatten seine Kehle ausgetrocknet.
»Mister Scheffold, wohnen Sie in diesem Haus?«
Er nickte und schaute wieder in die Flammen. »Zumindest habe ich das bis vor einer halben Stunde.«
Ich drückte ihm unser Bedauern aus. »In dem Haus soll sich eine Arztpraxis befunden haben. Ist das richtig?«
Jetzt hatten wir seine volle Aufmerksamkeit. »Ist diese Kakerlakenbude dafür verantwortlich, dass ich alles verloren habe?« Er regte sich furchtbar auf. »Ich habe mich schon mehrfach beschwert. Beim Vermieter, bei der Polizei, sogar beim Ärztebund. Aber der Typ praktiziert einfach
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