Jerry Cotton - 2915 - Wer tot ist kann nicht sterben
sehr schön hier draußen, aber das Leben ist nicht immer einfach. Die Winter sind hart und die ärztliche Versorgung ist nicht so wie in den Städten.«
Er ließ den Motor an und fuhr weiter.
Wir besuchten ein paar der in der Gegend lebenden Indianer. Sie begegneten uns mit Vorsicht, teilweise auch mit Furcht oder Argwohn. Direkt sprach kaum jemand mit Phil oder mir, sie wandten sich an Alte Rinde.
Irgendwann, als wir uns gerade von einer Indianerfamilie verabschiedet hatten, sagte Alte Rinde: »So, ich denke, dass es jetzt an der Zeit ist, den Rat der Ältesten aufzusuchen.«
»Bin gespannt, was uns erwartet«, meinte Phil.
Da war er nicht der Einzige.
***
Alte Rinde fuhr den Pick-up zu einer Lichtung. Dort bat er uns auszusteigen.
»Den Rest des Weges gehen wir besser zu Fuß«, sagte er. »Es würde keinen guten Eindruck machen, mit dem Auto bis vor die Zelte zu fahren.«
Er ging vor, wir folgten ihm. Nach etwa zwanzig Minuten erreichten wir eine Gruppe von Zelten, die in alter Indianertradition aufgestellt waren. Das in der Mitte war besonders groß. Ich nahm an, dass wir dort den Rat treffen würden.
Alte Rinde ging vor und sprach mit einem älteren Indianer, der traditionelle Kleidung trug – wie auch die anderen Anwesenden. Ich zählte etwa ein Dutzend Personen. Wie viele sich noch in den Zelten befanden, konnte ich nur vermuten.
»Der Rat ist gleich so weit«, teilte uns Alte Rinde mit. »Sie müssen Ihre Waffen ablegen, bevor Sie das Zelt betreten.«
Phil und ich holten unsere Pistolen heraus, die von einem jungen Mann entgegengenommen wurden. Er verschwand damit in einem der Zelte.
»Gut, setzen wir uns«, sagte Alte Rinde und nahm selbst im Schneidersitz Platz.
Phil und ich taten es ihm gleich. Dann warteten wir. Um uns herum war eine Menge Bewegung. Indianer – hauptsächlich Männer – waren zwischen den Zelten unterwegs. Ich sah auch einige Squaws, die sich augenscheinlich um das Essen kümmerten.
Dann endlich, nach etwa einer halben Stunde, kam jemand vom großen Zelt auf uns zu und sagte etwas in einer Sprache, die ich nicht verstand.
»Es ist so weit, sie empfangen uns jetzt«, übersetzte Alte Rinde.
Er stand auf, Phil und ich auch. Dann folgten wir ihm in den großen Wigwam.
Schon bevor ich eingetreten war, drang mir ein merkwürdiger Geruch entgegen. Es war – wie ich dann sah – eine Mischung aus Feuerqualm und etwas, das einige der anwesenden Indianer rauchten.
Insgesamt sechs alte Männer saßen im Halbkreis um das Feuer herum. Ihre Gesichter sahen zerklüftet und ledrig aus, und im Schein der flackernden Flammen schien es, als würde sich ihre Gesichtshaut bewegen. Doch bei genauer Betrachtung sah ich, dass das nicht der Fall war. Vielmehr betrachteten sie uns mit bewegungslosen Mienen.
Eine der Frauen bedeutete uns Platz zu nehmen. Das taten wir und saßen den sechs Männern gegenüber, zwischen uns das kleine Feuer.
Es vergingen einige Minuten, bevor jemand sprach. Ich wollte es nicht sein, der die Stille brach, das hätten sie vielleicht als unfreundlichen Akt ansehen können. Also wartete ich genau wie Phil darauf, dass einer der Alten das Wort ergriff.
Als dann die rauchige Stimme des Mannes ertönte, der uns gegenübersaß, hörte ich wie gebannt zu. Ich verstand kein Wort, da er in seiner Muttersprache sprach, konnte aber den Schmerz in seiner Stimme spüren.
Immer wenn der alte Indianer eine Pause einlegte, übersetzte Alte Rinde. »Vor vielen, vielen Monden zogen unsere Vorväter durch dieses Land. Dann begegneten ihnen die Weißen. Sie brachten Krankheit und Tod über unsere Völker. Sie raubten uns unsere Heimat und unsere Lebensgrundlage. Unsere Kinder mussten ihre Sprache lernen und ihre Kultur, weshalb viele die unsere vergaßen. Und jetzt, nachdem wir nach vielen Monden endlich zu einem friedlichen Zusammenleben gefunden hatten, verschwanden Roter Panther und Schneller Bär – zwei unserer jungen Krieger – aus unserer Mitte. Daher sind unsere Herzen schwer und unsere Seelen sind verdunkelt.«
Der Mann, den uns Alte Rinde als Fliegender Falke vorstellte, machte eine Pause und schaute mich erwartungsvoll an. Offenbar wollte er, dass ich etwas erwiderte.
Ich räusperte mich. »Fliegender Falke, die Tatsache, dass zwei aus eurer Mitte gewaltsam aus dem Leben gerissen wurden, hat uns hierhergeführt. Und wir bitten um eure Unterstützung, um den oder die Mörder zu finden.«
Alte Rinde übersetzte, was ich gesagt hatte, doch ich war mir ziemlich
Weitere Kostenlose Bücher