Jerry Cotton - 2915 - Wer tot ist kann nicht sterben
die Morde in Auftrag gegeben hatte.
»Sie hatten AIM erwähnt«, setzte ich die Befragung fort. » American Indian Movement . Roter Panther ist dort Mitglied gewesen?«
Adlerjäger nickte. »Ja, seit etwa einem halben Jahr. Er hat sich schon seit längerem mit der Geschichte unserer Vorfahren, der Unterdrückung durch die Weißen und den Unabhängigkeitsbestrebungen unserer roten Brüder beschäftigt. So stieß er irgendwann auf AIM. Er hatte die Idee, diese Organisation zu unterstützen und ihr wieder zu so viel Einfluss und Stärke zu verhelfen wie in den siebziger Jahren. Mir war das eigentlich egal, denn obwohl wir beide das Beste wollten, war mein Weg ein anderer. Mir ist klar, dass wir Indianer nur überleben können, wenn wir uns nicht länger dem Fortschritt verschließen. Denn das war der Grund für unseren Niedergang. Hätten wir die Technologie der Weißen schon früher übernommen, hätten wir ihnen mit Kraft und Stärke begegnen und unsere Souveränität wahren können.«
»AIM war zeitweise eine recht militante Gruppe«, meinte Phil. »Sind Sie dort auch Mitglied?«
»Nein, bin ich nicht«, antwortete Adlerjäger. »Was nicht heißen soll, dass sie nicht ihren Teil zu unserer Entwicklung beigetragen haben. Sie haben mit ihren Aktionen in den Siebzigern enorm dazu verholfen, auf die Probleme unseres Volkes aufmerksam zu machen – wobei es einige ihrer Mitglieder leider übertrieben haben.«
»Das ist wahr«, sagte ich.
»Mein Weg ist ein anderer«, fuhr Adlerjäger fort. »Ich will die wirtschaftliche Kraft und das Ansehen meines Volkes stärken. Mit dem Spielkasino hätten wir viel Geld verdienen und in unsere Infrastruktur investieren können. Aber das konnte Roter Panther nicht sehen. Er konnte das nicht nachvollziehen.«
»Ein guter Plan«, sagte ich. »Und ich wünsche Ihnen damit viel Erfolg. Aber um auf Roter Panther zurückzukommen: Haben Sie eine Idee, wer ihm nach dem Leben getrachtet haben könnte?«
»Nein, eigentlich nicht – zumindest nicht hier aus dem Reservat. Wahrscheinlich ist er irgendeinem Gangster in New York zum Opfer gefallen«, antwortete Adlerjäger.
»Normalerweise würde ich Ihnen recht geben«, sagte ich. »Dagegen spricht allerdings die Tatsache, dass neben Roter Panther auch Schneller Bär ermordet wurde – und zwar auf die gleiche Art und Weise.«
»Die gleiche Art und Weise?«, wiederholte Adlerjäger fragend. »Wie sind die beiden denn ums Leben gekommen?«
»Sie wurden erstochen – mit einem Bowie-Messer«, antwortete ich kühl.
Adlerjäger zuckte fast unmerklich zusammen. »Mit einem Bowie-Messer? Hier im Reservat trägt fast jeder Indianer eins. Sind Sie deshalb hier? Weil Sie denken, dass einer von uns die Morde begangen hat?«
»Der Gedanke kam uns«, sagte Phil ruhig. »Ist bei der Mordwaffe ja auch naheliegend.«
»Von meinen Freunden war es sicher auch niemand. Keiner hat das Reservat in den letzten zehn Tagen verlassen«, stieß Adlerjäger protestierend aus und musterte erst Phil und dann mich skeptisch. »Sind Sie hier, um einen Sündenbock für die Morde zu finden und die Lorbeeren einzuheimsen, oder wollen Sie den oder die wahren Schuldigen finden?«
»Wir wollen die Wahrheit herausfinden und aufdecken, wer die Morde begangen hat und wer alles damit zu tun hatte«, sagte ich ernst. »Wenn Sie also etwas wissen, das uns weiterhelfen könnte, sollten Sie es uns erzählen.«
Er zögerte. Ich war mir nicht sicher, hatte aber das Gefühl, dass er etwas wusste, das uns weiterhelfen könnte.
Als er nichts mehr sagte, hakte ich nach. »Alles kann hilfreich sein, sogar der kleinste Hinweis kann den Weg zur Wahrheit ebnen. Auch wenn Sie einen Verdacht haben, den Sie nicht belegen können, sollten Sie uns davon erzählen.«
Adlerjäger schaute mich an. »Roter Panther war ein beliebter Mann. Auch wenn das, was er sagte und tat, nicht allen gefiel, wurde er von allen geachtet. Daher kann ich mir kaum vorstellen, dass jemand von unseren Leuten seinen Tod zu verantworten hat. Allerdings gab es eine Person, die ihm gegenüber vielleicht einen gewissen Zorn entwickelt hat. Ich bin mir nicht sicher, aber verschmähte Liebe bringt manch einen Menschen dazu, Dinge zu tun, die er bei klarem Verstand nicht tun würde, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Eine Frau?«, fragte ich. »Sie meinen, dass Roter Panther mit einer Frau Probleme hatte?«
Adlerjägers Gesicht zeigte ein verkniffenes Lächeln. »Nein, er hatte keine Probleme mit ihr, glaube ich.
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