Jerry Cotton - 2915 - Wer tot ist kann nicht sterben
sicher, dass Fliegender Falke und die anderen Ratsmitglieder mich bereits verstanden hatten.
»Ihr seht aus wie Männer, die dem Tod bereits ins Auge geblickt haben«, übersetzte Alte Rinde daraufhin wieder die Worte von Fliegender Falke. »Wie Krieger, die schon viele Schlachten geschlagen haben und unseren Respekt verdienen. Sprecht, wie können wir euch beistehen?«
Phil und ich wechselten erstaunte Blicke. Das ging schneller als erwartet. Wie hatten wir so schnell das Vertrauen der Ältesten gewonnen? Eilte uns unser Ruf voraus? Oder hatte Alte Rinde ihnen bereits von uns erzählt? Immerhin hatten wir uns am vorigen Abend beim Essen ausführlich mit ihm und seiner Familie unterhalten.
Vielleicht war es auch die Tatsache, dass die Ältesten genau wie wir an der Aufklärung der Morde interessiert waren. Auf jeden Fall war es mir recht, dass das Treffen so glatt lief.
Wir redeten noch ein wenig über dies und das, bis ich auf das eigentliche Thema unseres Besuchs kam.
»Wissen Sie, was Roter Panther in New York wollte?«, fragte ich und Alte Rinde übersetzte.
»Nein, er hat – soviel wir wissen – mit niemandem darüber gesprochen«, kam die Antwort. »Roter Panther war ein integrer junger Mann. Manchmal auch etwas eigensinnig. Und er sagte nie etwas, wenn er sich dessen nicht sicher war. Vielleicht wollte er etwas herausfinden. Aber was, das wissen wir nicht. Vielleicht wollte er aber auch eine Zeit lang in die Großstadt, um etwas zu erleben.«
Ich war überrascht. Wenn nicht mal der Ältestenrat des Reservats, der sicherlich die besten Verbindungen hatte und über alles informiert war, darüber Bescheid wusste, was Roter Panther in New York wollte, dann war es um unseren Versuch, das Motiv des Mörders herauszufinden, nicht gut bestellt.
»Hatte er denn Feinde hier im Reservat? Oder gab es irgendeine Form von Rivalität?«, fragte ich weiter.
Alte Rinde übersetzte und Fliegender Falke sprach mit zwei der anderen Mitglieder des Rates. Es war fast schon eine kleine Diskussion. Entsprechend dauerte es, bis die Antwort kam.
»Es gab einen Konflikt zwischen Roter Panther und seinem Freund Makya. Makya – der in eurer Sprache Adlerjäger genannt wird – wollte ein Kasino eröffnen. Er hatte große Pläne und wollte viel Geld verdienen. Roter Panther wusste davon und hat den Rat gebeten, dieses Ersuchen abzulehnen, weil es den echten Werten der Drei verbundenen Stämme entgegenlaufen und viele Weiße und Unruhe in das Reservat bringen würde. Daraufhin entstand zwischen den beiden alten Freunden eine tiefe Kluft«, wurde uns schließlich gesagt.
Das war, trotz weiterer Fragen meinerseits, das Einzige, was wir vom Ältestenrat erfuhren. Sie baten uns noch, zum Essen zu bleiben, was wir aus Höflichkeit nicht ablehnten. Schließlich verließen wir etwa eine Stunde später den großen Wigwam und gingen zurück zum Wagen.
»Was ist dieser Adlerjäger für ein Typ?«, fragte Phil Alte Rinde, als wir noch unterwegs waren.
Alte Rinde grinste. »Er ist jung und wild, hat viele moderne Ideen, weshalb er beim Ältestenrat nicht gut angesehen ist. Aber eigentlich waren er und Roter Panther sich sehr ähnlich. Aber während Adlerjäger seine Energie mehr auf Modernisierung ausrichtete, konzentrierte sich Roter Panther mehr darauf, die alten Werte zu erhalten oder wiederzubeleben. Deshalb haben sich die beiden entzweit. Aber ich glaube nicht, dass Adlerjäger etwas mit den Morden zu tun hat. So weit würde er nicht gehen.«
»Adam und Eva hätten sicherlich auch nicht erwartet, dass Kain Abel erschlägt«, meinte Phil. »Aber wie auch immer – er ist die einzige Spur, die wir haben.«
»Gut, dann werden wir ihn suchen«, sagte Alte Rinde.
Wir stiegen wieder in den Pick-up und fuhren los. Diesmal dauerte die Fahrt etwa eine Stunde. Wir erreichten eine kleine Siedlung, die aus mehreren Holzhäusern bestand.
Alte Rinde parkte den Wagen und stellte den Motor ab. »Lassen Sie mich zuerst mit ihnen reden.«
»Kein Problem«, sagte ich.
Er stieg aus und ging auf eine Gruppe junger Indianer zu. Sie trugen allesamt Jeans und farbige Jacken und waren eher wie Wanderer angezogen.
»Auf traditionelle Kleidung legt die Jugend hier wohl keinen Wert«, meinte Phil.
»Wie bei jungen Leuten üblich versuchen sie sicherlich auch, sich von den älteren Generationen zu unterscheiden und ihre eigene Identität zu finden«, sagte ich. »Und dass dazu hochmoderne Jacken aus Gore-Tex-Material gehören, wundert mich nicht. Alte
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