Jerry Cotton - 2920 - Die Reichen und die Leichen
Vernon Hobbs entspannte sich und schlang seine Arme um den schlanken Frauenkörper.
»Wir könnten die Agentur auch ganz Timber und seinen Kumpanen überlassen. Ich habe Geld genug, um dir ein angenehmes Leben in Florida oder Brasilien zu ermöglichen«, raunte er.
Julia versteifte sich und schaute Vernon dann fest in die Augen.
»Ein angenehmes Leben habe ich schon, Vernon. Ich will mehr und bestimmt nicht mit den Rentnern in Florida mein Leben zubringen. Ich will nach Aspen, Monte Carlo und Macau«, sagte sie.
In ihrer Stimme schwang eine eiserne Entschlossenheit mit, die keinen Widerspruch zuließ. Vernon wusste nur zu genau, dass seine Vorstellungen von einem angenehmen Leben sich nicht mit denen Julias deckten. Noch konnte er seiner wunderbaren Freundin nicht das Leben ermöglichen, wonach sie sich offenkundig sehnte. Seufzend nickte er und deutete dann auf Timber.
»Dein Laufbursche scheint sich über irgendetwas ziemlich aufzuregen«, sagte er.
Julia löste sich aus der Umarmung und warf einen Blick hinüber zur Sitzecke. Ralph Timber war aufgestanden und schaute mit finsterer Miene auf das Display seines Mobiltelefons. Sie eilte hinaus und schaute den Gangster fragend an.
»Die Cops haben unsere Drogenlieferung hochgehen lassen. Es gab drei Tote, darunter auch Tonio«, sagte Timber.
Für einen Moment geriet Julia aus der Fassung. Es war eine außergewöhnlich große Lieferung gewesen. Diese Ausnahme hatte Julia persönlich gegen den Widerstand von Ralph und Tonio durchgesetzt. Jetzt war einer davon tot und das Koks beschlagnahmt.
»Shit! Wir müssen liefern, sonst springen uns die Kunden ab«, stieß Julia hervor.
Timber schnaubte verächtlich.
»Das wird nicht nur teuer, sondern nahezu unmöglich. Welcher Lieferant wird sich in nächster Zeit mit uns einlassen? Verdammt, woher wussten die Cops von dem Deal?«, schimpfte er.
Ralph Timber hatte seine Stimme erhoben, sodass sich einige Köpfe zu dem Paar umdrehten. Julia packte ihn am Arm und schob Timber hinüber zur Ausgangstür.
»Sondiere den Markt, während ich Hobbs beruhige. Wenn er von dem Desaster erfährt, bekommt er garantiert weiche Knie«, sagte sie.
»Wozu benötigen wir diesen Waschlappen eigentlich? Du hast doch jetzt die Leitung der Organisation«, beschwerte Timber sich.
»Gerade jetzt müssen wir auf das Netzwerk der Agentur setzen, Ralph. Überlass es mir, während du dich um den neuen Stoff kümmerst. Los jetzt!«, befahl Julia.
Murrend befolgte er den Befehl und zog die Außentür hinter sich ins Schloss. Julia schloss einen Augenblick lang die Lider und schöpfte neue Kraft. Nachdem sie ihre lästige Mitwisserin hatte aus dem Weg räumen lassen, sollte es eigentlich reibungslos mit der Übernahme der Geschäfte gehen. Doch dieser Rückschlag zeigte Julia, dass es noch eine Menge Stolpersteine aus dem Weg zu räumen galt.
»So schlimm, Prinzessin?«, fragte Hobbs.
Der Agenturinhaber war hinter Julia getreten und berührte sie sanft an der Schulter. Sie hätte ihm allein wegen des dämlichen Kosenamens die Augen auskratzen können. Prinzessin! Julia unterdrückte den gefährlichen Impuls und setzte eine traurige Miene auf, bevor sie sich Hobbs zuwandte.
»Wir hatten ein wenig Pech mit der Ware. Lass uns in dein Büro gehen, dann erzähle ich es dir in aller Ruhe«, antwortete sie.
Hobbs führte seine Freundin ins Büro und schloss vorsorglich die Tür, damit sie ungestört reden konnten.
***
Es war ungewöhnlich warm für einen Maitag. Blair genoss die Wärme, während June die Klimaanlage des Dodge regulierte.
»Wenn es so weitergeht, müssen wir uns auf einen heißen Sommer einstellen«, sagte sie.
Blair schmunzelte zufrieden vor sich hin, da ihn solche Aussichten eher fröhlich stimmten. Aus seiner Heimat, New Orleans, war der hochgewachsene Agent ein heißes Klima und hohe Luftfeuchtigkeit gewohnt.
»Jerry und Phil hatten gestern einen ziemlich aufregenden Tag«, sagte Blair.
Seine Erinnerungen waren immer noch bei der morgendlichen Einsatzbesprechung im Büro von Mr High.
»Sie konnten nicht ahnen, was sie in der Lagerhalle erwarten würde«, erwiderte June.
In den Medien hatten die Schießerei und der ungewöhnlich große Drogenfund für eine Weile die Berichte über die Morde an den ausländischen Frauen verdrängt.
»Sandrine Lescout war also nur eine von vielen, die Hobbs’ Agentur trotz ihrer Vergangenheit an gut situierte New Yorker Familien vermittelt hat«, sagte June.
Während ihr Partner
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