Jerry Cotton - 2921 - Der Profit des Todes
zu. Ihm quollen beinahe die Augen aus dem Kopf. Er war vor seiner Einlieferung in die Arrestzelle am Vorabend medizinisch untersucht worden. Doc Reiser hatte uns mitgeteilt, dass der Paparazzo bei seiner Verhaftung unter Aufputschmitteln gestanden hatte. Aber inzwischen war er wieder ausgenüchtert, deshalb konnten wir ihn auch verhören.
»Ich soll Mulligan abgeknallt haben? Das können Sie vergessen, das lasse ich mir nicht anhängen!«
»Wenn Sie unschuldig sind, haben Sie vom FBI nichts zu befürchten«, stellte ich kühl fest. »Aber es ist doch eine bekannte Tatsache, dass Sie und Mulligan scharfe Konkurrenten waren. Oder wollen Sie das leugnen?«
»Ich konnte den Dickwanst nicht ausstehen, das stimmt. Aber eine echte Konkurrenz war Mulligan für mich nicht, Agent Cotton. Oder glauben Sie, er wäre auf die Idee gekommen, sich als Pfleger im Leonidas House einzuschleichen?«
»Für so etwas muss man wirklich überaus skrupellos sein«, grollte Phil. Young strahlte. Er kapierte offenbar nicht, dass Phils Worte nicht anerkennend gemeint waren. Für einen Paparazzo stellten sie wahrscheinlich ein großes Lob dar.
»Ja, ich kämpfe mit harten Bandagen. Mulligan konnte mir nie wirklich das Wasser reichen. Ich wusste übrigens gar nicht, dass es ihn erwischt hat. Seit zehn Tagen schufte ich in dieser Entzugsklinik und habe permanent auf eine Gelegenheit gelauert, Melissa Bamago vor die Linse zu kriegen. Das ist das Einzige, worauf ich mich konzentriert habe. Gestern Abend war es dann endlich so weit. Aber dann mussten Sie mir ja ins Handwerk pfuschen.«
»Wir reden jetzt über Mulligan«, erinnerte ich den Mordverdächtigen. »Wo waren Sie am 11. März gegen 22.15 Uhr?«
Young schien einen Moment zu überlegen, dann antwortete er mir.
»Am Elften war ich zur Nachtschicht eingeteilt. Wir hatten ein paar Neuzugänge, denen die ganze Zeit schlecht wurde. Ich hatte das zweifelhafte Vergnügen, die Böden wischen und die schmutzigen Bettlaken fortschaffen zu dürfen. Aber ich war dabei nicht allein, zwei Krankenschwestern und ein Wachmann werden sich an meine Anwesenheit erinnern.«
»Hoffentlich ist das nicht der Wächter, den Sie niedergeschlagen haben«, bemerkte Phil trocken. »Ich könnte mir sonst vorstellen, dass ihn sein Gedächtnis im Stich lässt.«
»Sie werden schon sehen, dass ich die Klinik in der Nacht nicht verlassen habe. Außerdem kann man im Leonidas House nicht einfach ein- und ausgehen, wie es einem gefällt. Es gibt eine Sicherheitsschleuse, die Alarm auslöst, wenn sich jemand während der Arbeitszeit ohne Genehmigung wegschleichen will.«
Phil stand auf, um das Alibi des Verdächtigen durch einen Anruf zu checken. Young hatte inzwischen seine ironische Haltung aufgegeben. Es sah so aus, als ob er nachdenken würde.
»Vielleicht wollte der Dicke ja ganz aus dem Paparazzo-Geschäft aussteigen, Agent Cotton. Kann es sein, dass ihn deshalb jemand umgelegt hat?«
»Wie kommen Sie darauf, dass Mulligan keine Sensationsfotos mehr machen wollte?«
»Ich weiß, dass Mulligan früher Reklameaufnahmen für einige Werbeagenturen gemacht hat, zum Beispiel für Roberts & Partner . In der Nähe dieser Agentur habe ich ihn herumschleichen sehen, als ich neulich mal in der Madison Avenue zu tun hatte. Da dachte ich mir noch, dass unser Geschäft wohl doch etwas zu hart für Mulligan ist und er lieber Waschmaschinen und Mixgeräte fotografieren sollte.«
Ich machte mir eine Notiz. Noch hatten wir uns nicht näher mit der Vergangenheit des Mordopfers beschäftigt. Aber das konnte schon bald nötig werden. Das wurde mir jedenfalls klar, als Phil wenig später in den Verhörraum zurückkehrte.
Ich musste nur einen Blick auf sein enttäuschtes Gesicht werfen, um Bescheid zu wissen. Jeff Young hatte offenbar ein wasserdichtes Alibi für die Mordnacht.
***
Natürlich gab es eine Anklage gegen den Paparazzo wegen seiner anderen Vergehen, aber das war ja keine FBI-Angelegenheit mehr. Wir übergaben unsere bisherigen Ermittlungsergebnisse an einen NYPD-Detective und stürzten uns wieder auf unsere Mordermittlung.
»Mulligan hat mich kurz vor seinem Tod angerufen«, stellte ich fest. »Er war zu Fuß in der 21st Street unterwegs, sein Auto haben wir ein Stück weit entfernt sichergestellt. Die Kollegen von der SRD konnten in dem Fahrzeug keine verwertbaren Spuren finden, die auf den Täter hindeuten.«
»Der Killer hat nicht bei Mulligan im Auto gesessen«, schlussfolgerte Phil. »Also ist er mit einem
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