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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Irak stammten, ließen sich in der Heiligen Stadt nieder, lebten gemeinsam südlich vom Tempelberg und genossen weiterhin das Privileg, auf dem Tempelberg zu beten (und ihn zu erhalten). Nachdem sie nahezu hundert Jahre lang dort ungehindert hatten beten dürfen, verbot der neue Kalif, Omar II. – ein für diese dekadente Dynastie ungewöhnlich asketischer Eiferer für die orthodoxe islamische Lehre –, jüdische Kulthandlungen um 720, und dieses Verbot sollte für den Rest der islamischen Herrschaft bestehen bleiben. Von nun an beteten die Juden an den vier Mauern des Tempelbergs und in einer unterirdischen Synagoge am Warren-Tor – der sogenannten ha-Meara, Höhle –, also praktisch unter dem Tempelberg in der Nähe des Allerheiligsten.
    Während die Omaijadenkalifen das Leben in ihren hellenistischen Palästen und mit ihren Tänzerinnen genossen, stieß das arabische Reich erstmals an seine Grenzen. Islamische Truppen in Spanien drangen bereits nach Frankreich vor, aber 732 besiegte Karl, der Hausmeier des Merowingerkönigs, ein einfallendes muslimisches Heer bei Tours, wurde als Makkabäer bejubelt und erhielt den Namen Karl Martell – der Hammer.
    Dynastien besäßen wie Menschen eine natürliche Lebensdauer, vertrat der arabische Historiker Ibn Khaldun, und die Lebensdauer der dekadenten, weltlichen Omaijaden neigte sich dem Ende zu. In einem Dorf östlich vom Jordan lebten die Nachfahren von Abbas, dem Onkel des Propheten; sie opponierten seit langem insgeheim gegen die hedonistische Herrschaft der Omaijaden, die ja nicht einmal mit Mohammed verwandt waren. »Wehe dem Haus der Omaijaden«, erklärte ihr Führer Abu al-Abbas, »sie zogen das Vergängliche dem Ewigen vor, waren von Verbrechen besessen und hatten verbotene Frauen«. Die Unzufriedenheit griff rasant um sich. Selbst die Stämme im loyalen syrischen Stammland – und sogar in Jerusalem – rebellierten. Der letzte Kalif musste die Stadt stürmen und die Mauern schleifen. Zudem erschütterte ein Erdbeben Jerusalem und beschädigte die al-Aqsa-Moschee und die Paläste, als zürne Gott den Omaijaden. Christen und Juden träumten, das sei die Apokalypse. Aber diese Hoffnung hegten auch Muslime, und so kam die eigentliche Bedrohung für die Omaijaden aus dem Fernen Osten.
    In Chorasan im heutigen Iran und Afghanistan forderte ein charismatischer Mystiker namens Abu Muslim 748 einen strengeren Islam und die Herrschaft eines Nachfahren Mohammeds. Die neuen Muslime der Grenzgebiete schlossen sich seiner puritanischen Armee an, die sich ganz in Schwarz kleidete, unter schwarzen Bannern marschierte und das Kommen des Imam, des Vorläufers des Mahdi, zur Rettung des Islam bejubelte. [118] Abu Muslim führte seine triumphierende Armee nach Westen, hatte sich aber noch nicht entschieden, ob er die Familie Ali oder die Familie Abbas unterstützen sollte – außerdem gab es auch noch einige Omaijadenprinzen. Aber Abu al-Abbas besiegte den letzten Omaijadenherrscher und löste dieses Problem auf eine Weise, die ihm seinen Beinamen einbrachte. [81]

Teil V
    Kreuzzüge
Begebt euch auf den Weg zum Heiligen Grab; entreißt diesem verruchten Volk das Land und macht es uns untertan.
Papst Urban II., Predigt in Clermont nach Robert dem Mönch
Jerusalem ist für uns ein Gegenstand des Glaubens, auf den wir nicht verzichten könnten, auch wenn nur noch ein Mann von uns übrig wäre.
Richard Löwenherz, Brief an Saladin (Gabrieli, S. 281)
Jerusalem gehört uns nicht weniger als euch, es ist sogar noch heiliger für uns als für euch …
Saladin, Brief an Richard Löwenherz (Gabrieli, S. 281)
Winkt Erbe noch uns außer Gottes Weihtum?
Erinnrung dran könnte je sich uns versprengen?
Winkt uns im Morgen- oder Abendlande
ein Hoffnungsort mit Lebenssicherungen?
Das Land allein, das voller Tore, welchen
genüber Himmelstore aufgesprungen …
Judah Halevi, »Antwort«
Als ich mein Lied begann und sang,
Als ich aus spanischem Exil nach Zion ging,
Stieg meine Seele von den Tiefen auf gen Himmel,
Frohlockend über den Tag, an dem ich Gottes Hügel sah,
den Tag, nach dem ich mich gesehnt, seit ich die Welt erblickt.
Judah al-Harizi

21
    Das Gemetzel
    1099
    Herzog Gottfried: die Belagerung
    Im Hochsommer 1099 hatte die Heilige Stadt im dürren judäischen Bergland ägyptische Truppen und eine Miliz aus Jerusalemer Juden und Muslimen zu ihrer Verteidigung zur Verfügung. Sie hatten sich mit Proviant eingedeckt, die Wasserzisternen gefüllt und die Brunnen im verdorrten Umland

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