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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Christen mit Holzrasseln und Zimbeln zum Gebet riefen. Einige Kirchen außerhalb der Stadtmauern ließ Saladin abreißen, und viele herausragende christliche Gebäude konfiszierte er für seine Salahiyya-Stiftungen – die bis heute existieren. [151]
    Saladin holte viele muslimische Gelehrte und Mystiker in die Stadt; aber allein mit Muslimen ließ sich Jerusalem nicht wieder bevölkern, daher siedelte er viele Armenier an, die bis heute eine eigene Gemeinde bilden (und sich Kaghakatsi nennen), und viele Juden aus Askalon, Jemen und Marokko – »die ganze Rasse Ephraims«. [113]
    Obwohl Saladin erschöpft war, verließ er widerstrebend Jerusalem, um die letzten Festungen der Kreuzritter zu erobern. Er nahm die große Hafenbastion Akko ein, zwang die Kreuzfahrer aber nicht vollständig in die Knie: Ritterlich ließ er König Guido frei und unterließ es, Tyrus zu erobern, was den Christen einen wichtigen Seehafen ließ, von dem aus sie einen Gegenangriff planen konnten. Vielleicht unterschätzte er die Reaktion der Christenheit, aber die Nachricht vom Fall Jerusalems hatte Europa vom Papst über die Könige bis hin zu den Bauern schockiert und mobilisierte die Kräfte für einen dritten schlagkräftigen Kreuzzug.
    Dieser Fehler sollte Saladin teuer zu stehen kommen. Im August 1189 tauchte König Guido mit einem kleinen Heer vor Akko auf und belagerte die Stadt. Saladin nahm Guidos tapferen Vorstoß nicht sonderlich ernst, sondern schickte eine Armeeeinheit, die sein kleines Heer schlagen sollte. Aber Guido erkämpfte gegen Saladins Truppen ein Patt und sammelte die Kreuzfahrer zur Gegenwehr. Saladin belagerte Guido, aber dieser belagerte Akko. Nachdem Saladins ägyptische Flotte besiegt wurde, trafen Schiffe mit deutschen, englischen und italienischen Kreuzfahrern zu Guidos Unterstützung ein. In Europa nahmen die Könige von England und Frankreich und der deutsche Kaiser das Kreuz, stellten Flotten zusammen und hoben Heere aus, um sich dem Kampf um Akko anzuschließen. Das war der Beginn eines zwei Jahre langen zermürbenden und blutigen Stellungskriegs, an dem sich bald die mächtigsten Könige Europas beteiligten, die fest entschlossen waren, Jerusalem zurückzuerobern.
    Als Erste kamen die Deutschen. Als Saladin hörte, dass der rotbärtige Kaiser Friedrich Barbarossa sich bereits mit einem deutschen Heer auf dem Marsch ins Heilige Land befand, mobilisierte er endlich seine Truppen und rief zum Dschihad auf. Doch dann trafen bittere Nachrichten ein.
    Im Juni 1190 ertrank Friedrich Barbarossa in einem Fluss in Kilikien; sein Sohn, Herzog Friedrich von Schwaben, kochte den Leichnam, legte ihn in Essig ein und begrub das Fleisch in Antiochia. Anschließend marschierte er mit seinem Heer und den Gebeinen seines Vaters nach Akko, um sie später in Jerusalem zu begraben. Barbarossas Tod passte zu der eschatologischen Legende, dass der Kaiser des Jüngsten Tages schlafe, um eines Tages aufzuerstehen. Als der Herzog von Schwaben vor Akko an Skorbut starb, brach der deutsche Kreuzzug zusammen. Nach monatelangen verzweifelten Kämpfen und Tausenden Todesopfern durch Seuchen (darunter auch Patriarch Heraklius und Königin Sibylla von Jerusalem) [152] erhielt Saladin die schlechte Nachricht, dass sich ein herausragender Kämpfer für das Christentum auf dem Weg ins Heilige Land befand.

27
    Der dritte Kreuzzug: Saladin und Richard
    1189 – 1193
    Richard Löwenherz: Ritterlichkeit und Gemetzel
    Am 4. Juli 1190 brachen der englische König Richard Löwenherz und der französische König Philipp II. Augustus zum dritten Kreuzzug auf, um Jerusalem zu befreien. Der 32-jährige Richard hatte gerade erst das angevinische Reich – England und halb Frankreich – von seinem Vater Heinrich II. geerbt. Er war rothaarig, athletisch, von unbändiger Lebenskraft und ebenso ungestüm und extrovertiert, wie Saladin geduldig und subtil war. Als Mann seiner Zeit schrieb er pikante Minnelieder und war zugleich ein frommer Christ, der sich, überwältigt von seinen Sünden, nackt vor seinem Priester niederwarf und sich geißelte.
    Eleonore von Aquitaniens Lieblingssohn zeigte wenig Interesse an Frauen, aber die im 19. Jahrhundert vertretene Auffassung, er sei homosexuell gewesen, wurde widerlegt. Seine wahre Liebe galt dem Krieg, er presste England skrupellos aus, um seinen Kreuzzug zu finanzieren, und erklärte scherzhaft: »Wenn es einen Käufer gegeben hätte, hätte ich London verkauft.« Als in ganz England die Kreuzzugsbewegung

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