Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
seinem Heer an der Küste entlang nach Jaffa, dem Hafen Jerusalems. Seine Männer sangen: » Sanctum Sepulchrum adjuva! Heiliges Grab, hilf uns!« Am 7. September stieß Richard auf Saladin, der mit seinem Heer den Weg nach Asruf blockierte. Richard setzte massiv Infanterie ein, um Saladins Angriffswellen abzufangen, und ließ Reiter und berittene Bogenschützen Kurbetten vollführen, bis er die donnernde Wucht seiner Ritter einsetzen konnte. Richard hielt sich zurück, bis ein Hospitaliter vorpreschte. Dann führte er den vollen Sturmangriff gegen die Reihen der Muslime an. Verzweifelt warf Saladin seine königliche Mameluckengarde, den sogenannten Ring, ins Feld. Sobald er aber erkannte, dass ihm eine vernichtende Niederlage drohte, trat er rechtzeitig den Rückzug an, um sein Heer für die Verteidigung Jerusalems zu schonen. Eine Weile umgaben ihn nur noch 17 Männer zu seinem Schutz. Nach der Schlacht war er so ausgelaugt und niedergeschlagen, dass er nicht essen konnte.
Saladin ritt nach Jerusalem, um den Ramadan zu begehen und die Verteidigung der Stadt vorzubereiten. Richard war klar, solange Saladin seine Armee und sein Reich behielt, würden die Kreuzfahrer Jerusalem unmöglich halten können, falls sie die Stadt eroberten – daher fand er es ratsam zu verhandeln. Richard schickte Saladin die Nachricht: »… daß Muslime und Franken ausgeblutet sind, das Land völlig verwüstet ist, daß beide Seiten Gut und Leben geopfert haben. Es ist jetzt an der Zeit, ein Ende zu machen. Die strittigen Fragen sind allein Jerusalem, das Kreuz und die Gebietsaufteilung. Jerusalem ist für uns ein Gegenstand des Glaubens, auf den wir nicht verzichten könnten, auch wenn nur noch ein Mann von uns übrig wäre.« Saladin erklärte, was al-Quds den Muslimen bedeutete: »Jerusalem gehört uns nicht weniger als euch, es ist sogar noch heiliger für uns als für euch, denn es ist der Platz, von dem aus unser Prophet seine Nachtreise machte, und der Ort, an dem unsere Gemeinde versammelt wird« (am Tag des Jüngsten Gerichts).
Richard war bereit zu lernen. Flexibel und einfallsreich schlug er einen Kompromiss vor: Seine Schwester Johanna sollte Safadin heiraten. Die Christen würden dann das Küstengebiet und Zugang zu Jerusalem bekommen, die Muslime das Hinterland mit Jerusalem als Hauptstadt König Safadins und Königin Johannas unter Saladins Oberhoheit behalten. Um Richard aus der Reserve zu locken, willigte Saladin ein, aber Johanna war empört. »Wie könnte sie zulassen, dass ein Muslim körperlichen Umgang mit ihr hätte?« Richard behauptete, es sei ein Scherz, und erklärte Safadin, er werde ihm seine Nichte zur Frau geben. Saladin war verwirrt: »Das beste ist, nicht vom heiligen Krieg zu lassen, bis wir sie von der Küste vertrieben haben oder uns der Tod trifft.«
Am 31. Oktober machte Richard sich langsam auf den Weg nach Jerusalem, während er weiter mit dem weltläufigen Safadin verhandelte. Sie trafen sich in prachtvollen Zelten, tauschten Geschenke und gaben sich gegenseitig Festessen. »Wir brauchen aber unbedingt einen Stützpunkt in Jerusalem«, beharrte Richard. Als seine französischen Ritter ihn wegen der Verhandlungen kritisierten, ließ er einige türkische Gefangene enthaupten und stellte ihre Köpfe rund um das Lager auf.
In dieser angespannten Situation erhielt Saladin schlechte Nachrichten: Sein unentschlossener Neffe Taki al-Din, der versucht hatte, ein eigenes Reich aufzubauen, war tot. Saladin verbarg den Brief, schickte alle aus dem Zelt, brach in Tränen aus und weinte heftig, dann wusch er sich das Gesicht mit Rosenwasser und kümmerte sich wieder um das Kommando: Es war nicht der Zeitpunkt, Schwäche zu zeigen. Er inspizierte Jerusalem und die neue ägyptische Garnison.
Am 23. Dezember rückte Richard nach Le Thoron des Chevaliers (Latrun) vor, wo er mit seiner Frau und seiner Schwester prunkvoll Weihnachten feierte. Am 6. Januar 1192 erreichte Richard in Regen, Kälte und Schlamm Bayt Nuba, 20 Kilometer vor Jerusalem. Die französischen und englischen Barone wollten Jerusalem um jeden Preis einnehmen, aber Richard versuchte sie zu überzeugen, dass er nicht genug Männer für eine Belagerung hatte. Saladin wartete in Jerusalem und hoffte, Regen und Schnee würden die Kreuzfahrer abschrecken. Am 13. Januar trat Richard tatsächlich den Rückzug an. [154]
Wieder herrschte ein Patt. Mit 50 Steinmetzen und 2000 fränkischen Gefangenen ließ Saladin Jerusalem erneut befestigen und riss die
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