Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Liebhaber, ein italienischer Soldat namens Bartholomeo Pergami, der 16 Jahre jünger war als sie. Mittlerweile zum Baron und ihrem Kammerherrn avanciert, war er ein stattlicher Mann, »über einen Meter achtzig groß, mit einem prachtvollen schwarzen Schopf, heller Haut und einem Schnurrbart, der von hier bis London reicht«, wie ihn eine Dame des Hofes seufzend beschrieb. Bis zu Carolines Aufbruch nach Jerusalem glich ihr Gefolge, inzwischen auf 200 angewachsen, »einer Heerschar«.
Sie ritt wie Jesus auf einem Esel in Jerusalem ein, doch angesichts ihrer Körperfülle musste sie auf beiden Seiten von Dienern gestützt werden. Die Franziskaner geleiteten sie zu ihrer Unterkunft im Erlöserkloster. »Es war eine Szene, wie man sie nicht malen könnte«, erinnerte sich einer ihrer Höflinge. »Männer, Frauen und Kinder, Juden und Araber, Armenier, Griechen, Katholiken und Ungläubige waren zu unserem Empfang versammelt. »›Ben venute‹, riefen sie uns entgegen!« Im Licht der brennenden Fackeln »deuteten viele Finger zu der königlichen Pilgerin hin und Rufe wurden laut: ›Das ist sie!‹« Kein Wunder, denn Caroline pflegte sich mit »einer Perücke (an den Seiten fast bis zur Spitze der Haube hochgelockt), künstlichen Augenbrauen (denn von der Natur waren ihr keine vergönnt) und falschen Zähnen« auszustaffieren und trug dazu ein scharlachrotes Kleid, das vorne und hinten tief ausgeschnitten und so kurz war, dass es kaum »den gewaltigen Wulst ihres Bauches« verbergen konnte. Ein Höfling musste einräumen, dass ihr Auftritt sowohl »feierlich als gewiss auch lachhaft« war.
Stolz darauf, die erste christliche Prinzessin zu sein, die Jerusalem seit sechs Jahrhunderten besuchte, war sie erpicht darauf, einen »angemessenen Eindruck ihres hohen Standes« zu hinterlassen. Daher gründete sie einen Orden, der ihren Namen trug und ein eigenes Banner hatte – ein rotes Kreuz mit violett und silbern gemustertem Band. Ihr Liebhaber war der erste (und letzte) »Großmeister« des Ordens. Nach ihrer Rückkehr ließ sie ein Gemälde von ihrer Pilgerreise anfertigen: Königin Carolines Einzug in Jerusalem .
Die künftige Königin von England überreichte den Franziskanerbrüdern großzügige Geschenke, und am 17. Juli 1815 (drei Wochen nach Napoleons endgültiger Niederlage in der Schlacht von Waterloo) »verließ sie Jerusalem unter dem Dank und dem Bedauern aller Ränge und Grade« – kein Wunder angesichts des desolaten Zustands der Stadt.
Als Damaskus 1819 die Steuern verdreifachte, kam es zu neuerlichen Unruhen in der Stadt. Diesmal führte Abdullah Pascha, [187] Enkelsohn des Schlächters und Herrscher über Palästina, den Angriff gegen Jerusalem an. Nach der Einnahme der Stadt erwürgte der Gouverneur eigenhändig 28 Aufständische – die übrigen wurden am nächsten Tag geköpft. Die Leichen der Hingerichteten wurden vor dem Jaffator aufgereiht. Die Plünderungen des osmanischen Paschas, der als Mustafa der Verbrecher bekannt war, führten 1824 zu einem Bauernaufstand. Jerusalem erlangte für kurze Zeit die Unabhängigkeit, bis Abdullah die Stadt vom Ölberg aus unter Beschuss nahm. Gegen Ende der 1820er Jahre war Jerusalem »eine gefallene, verwahrloste und erbärmliche Stadt«, wie Judith Montefiore, eine unerschrockene Engländerin, schrieb, die mit ihrem wohlhabenden Ehemann Moses auf Reisen war. »Nichts, aber auch gar nichts«, schrieb sie, »ist übrig von dieser Stadt, die einmal die Freude der ganzen Erde war.«
Die Montefiores waren die ersten einer neuen Spezies einflussreicher und stolzer Juden in Europa, die entschlossen waren, ihren bedrängten Glaubensbrüdern in Jerusalem zu helfen. Sie wurden vom Stadtgouverneur umworben, nahmen aber innerhalb der Stadtmauern Unterkunft bei einem ehemaligen marokkanischen Sklavenhändler und begannen ihr philantropisches Werk damit, dass sie Rachels Grab bei Bethlehem – nach dem Tempel und dem Grab des Patriarchen in Hebron das dritthöchste Heiligtum der Juden, aber wie die anderen beiden auch für Muslime eine heilige Stätte – restaurieren ließen. Die Montefiores waren kinderlos, und an Rachels Grab beteten Frauen oft in der Hoffnung, schwanger zu werden. Die Jerusalemer Juden nahmen sie so freudig auf wie »das Kommen des Messias«, baten sie aber, ihnen nicht zu viel zu schenken, weil die Türken sie nach ihrer Abreise einfach nur mit noch höheren Steuern belegen würden.
Als Moses Montefiore nach Jerusalem kam, war er ein mit Nathan
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