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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Truppen die sogenannte Jüdische Siedlungspolizei, deren Mitglieder sie hauptsächlich aus der Haganah rekrutierten, doch diese schaffte es kaum, die weit verstreuten jüdischen Siedlungen vor Angriffen zu schützen. Ben-Gurions Politik der Zurückhaltung brachte die zionistischen Nationalisten auf die Barrikaden. Die Irgun Zwai Leumi, die Militärische Nationale Organisation der Zionisten, die zu Beginn des Aufstandes kaum mehr als 1500 Mitglieder zählte, beantwortete die Angriffe der Araber mit blutigem Terror gegen die arabische Zivilbevölkerung. Am Schwarzen Sonntag im November 1937 führten sie eine Reihe zeitlich aufeinander abgestimmter Bombenanschläge auf Jerusalemer Cafés durch. Weizmann und Ben-Gurion waren entsetzt, aber die Irgun erlebte einen wahren Ansturm neuer Mitglieder. Während die moderaten Stimmen unter den Arabern von den Mördern des Muftis zum Schweigen gebracht wurden, zerstörten Verbrechen wie dieses die Glaubwürdigkeit versöhnungswilliger Juden wie des amerikanischen Präsidenten der hebräischen Universität, Judah Magnes, der sich für einen gemeinsamen Staat mit einem parlamentarischen Zweikammersystem starkgemacht hatte. Ben-Gurion nahm bald von seiner ursprünglichen Mahnung zur Zurückhaltung Abstand, und die Briten zogen die Samthandschuhe aus und gingen jetzt mit rücksichtsloser Härte gegen die Araber vor: Ganze Dörfer wurden kollektiv bestraft, ein Viertel in Jaffa dem Erdboden gleichgemacht. Vom Juni 1937 an wurde das unerlaubte Tragen von Waffen mit der Todesstrafe geahndet. Im Oktober 1937 traf Charles Tegart, der 30 Jahre lang bei der Kolonialpolizei in Kalkutta effiziente Dienste geleistet hatte, in Jerusalem ein. Er ließ 50 »befestigte Tegart-Stellungen« bauen, zog an den Grenzlinien Sicherheitszäune und richtete Arabische Ermittlungszentren ein, die für Aufstandsbekämpfung und geheimdienstliche Aufgaben zuständig waren. Tegart unterhielt eine Schule in Westjerusalem, in der seine Ermittler die effektivsten Foltermethoden lernen konnten, einschließlich dessen, was man heute »Waterboarding« nennt – bis der Gouverneur der Stadt Keith-Roach den Umzug der Schule forderte. Arthur Harris, der Offizier der Royal Air Force, der später als der Verantwortliche für die Bombenangriffe auf Dresden berühmt wurde, leitete die Fliegerangriffe auf Rebellendörfer. Als infolge der wachsenden Kriegsgefahr in Europa nicht mehr genug Soldaten zur Verfügung standen, um die Aufständischen zu bekämpfen, waren die Briten auf Verstärkung durch die Juden angewiesen.
    Ein junger Offizier namens Orde Wingate, der über hervorragende Beziehungen verfügte und sich mit der Bekämpfung von Aufständen bestens auskannte, wurde in Jerusalem stationiert, wo er im Haus des Hochkommissars Wauchope wohnte. Über seinen Gastgeber sagte er, Wauchope »hört auf jedermanns Rat, und er ist überhaupt nicht mehr Herr der Lage«. Er schlug vor, jüdische Paramilitärs auszubilden und die Aufständischen mit ihren eigenen Mitteln zu bekämpfen. Er sollte das zionistische Pendant zu Lawrence werden und erhielt in jüdischen Kreisen den Beinamen »Lawrence von Judäa«. Zufällig waren diese beiden exzentrischen Arabienkenner Cousins. [178]
    Orde Wingate und Moshe Dayan: Die Eroberung der Altstadt
    Wingate, als Sohn eines wohlhabenden evangelikalen Kolonialoffiziers mit missionarischen Ambitionen im Geiste der Bibel und des Imperialismus erzogen, sprach fließend Arabisch und verdiente sich wie Lawrence seine Sporen als Befehlshaber arabischer Freischärler, in diesem Fall des Ostarabischen Korps im Sudan. Seine »Verbindung zwischen Gelehrtem und Tatmenschen« war es, die Weizmann »an T. E. Lawrence erinnerte«. Nach seiner Ankunft in Jerusalem vollzog er, beeindruckt von der Willenskraft der Zionisten und abgestoßen von der Einschüchterungstaktik des Muftis und der antisemitischen Haltung britischer Offiziere, eine Kehrtwende um 180 Grad: »Alle sind gegen die Juden«, erklärte er, »darum bin ich für sie!«
    Wingate inspizierte die angeschlagenen britischen Truppen und stattete landwirtschaftlichen Siedlungen der Zionisten Besuche ab. Mitten in der Nacht tauchte dann eine »ungewöhnliche Gestalt« im zerknitterten Leinenanzug, mit Royal-Artillery-Krawatte und Borsalino oder Tropenhelm auf, die aussah »wie die zwielichtigen Gestalten, die man in den finsteren Spelunken von Tel Aviv herumhängen sah«. Der 33-jährige Wingate, stets bis an die Zähne bewaffnet, mit »durchdringenden

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