Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Dschihadisten unserer Tage. Jetzt führte er die 13 Mudschaheddin seiner Untergrundorganisation Schwarze Hand in die Berge, wo er am 20. November von 400 Polizisten gestellt und erschossen wurde. [259] Sein Märtyrertod bewirkte, dass sich die Haltung des Muftis noch weiter zum radikal-nationalistischen Rand hin verschob. Im April 1936 führte Qassams Nachfolger in der Nähe von Nablus einen Angriff durch, bei dem zwei Juden getötet wurden – und ein Deutscher befreit wurde, der behauptete, »ein Nazi in Hitlers Namen« zu sein. Das war der zündende Funke. Jüdische Nationalisten des Irgun töteten zur Vergeltung zwei Araber. Als der Kampf losbrach, war Arthur Wauchope unfähig zu reagieren. »Er wusste nicht, was er tun sollte«, vermerkte ein junger Offizier. [177]
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Der arabische Aufstand
1936 – 1945
Der Terror des Muftis
An einem kalten Abend zu Beginn des Jahres 1936 hallten in Jerusalem »vereinzelte Gewehrschüsse durch die klare Nacht«, und Hazem Nusseibeh wusste, dass »der bewaffnete Aufstand begonnen hatte«. Die Kampfhandlungen weiteten sich langsam aus. Im April brachten Araber in Jaffa 16 Juden um. Die verschiedenen Parteien schlossen sich zu einem Obersten Arabischen Komitee unter dem Vorsitz des Muftis zusammen und riefen zu einem Generalstreik auf, der bald vollkommen außer Kontrolle geriet. Der Mufti erklärte den Aufstand zum Heiligen Krieg und nannte seine Truppen, die in ihrem Kampf gegen die Briten und die Juden nach und nach Verstärkung von Freiwilligen aus Syrien, dem Irak und Transjordanien bekamen, Armee des Heiligen Krieges.
Am 14. Mai wurden im jüdischen Viertel zwei Juden erschossen, und der Mufti erklärte des ungeachtet: »Die Juden wollen uns aus dem Land vertreiben, sie ermorden unsere Söhne und brennen unsere Häuser nieder.« Zwei Tage später wurden im Edison-Kino drei Juden von arabischen Schützen getötet.
Im Jischuw begann man die Nerven zu verlieren, doch Ben-Gurion mahnte zur Zurückhaltung. Die britische Regierung stellte mittlerweile die Basis ihrer Mandatsherrschaft grundsätzlich in Frage und beauftragte Earl Peel, ein ehemaliges Kabinettsmitglied, einen Bericht zu erstellen. Der Mufti rief das Ende des Streiks aus, weigerte sich aber, die Peel-Kommission in irgendeiner Weise zu unterstützen. Weizmann hingegen umschmeichelte die Mitglieder der Kommission. Auf Emir Abdullahs Betreiben hin formulierte der Mufti die arabischen Forderungen: Unabhängigkeit, die Annullierung der Balfour-Deklaration, Stopp der jüdischen Einwanderung.
Im Juli 1937 empfahl die Peel-Kommission eine Zwei-Staaten-Lösung, die Teilung des palästinensischen Mandatsgebiets in einen an Transjordanien angeschlossenen arabischen Staat (70 Prozent des Landes) und einen jüdischen Staat (20 Prozent). Zudem schlug die Kommission die Umsiedlung der 300 000 Araber vor, die im vorgesehenen jüdischen Staatsgebiet lebten. Jerusalem sollte unter britischer Verwaltung bleiben. Die Zionisten stimmten dem Vorschlag zu – ihnen war klar, dass ihnen Jerusalem bei einer Zwei-Staaten-Lösung nie zugesprochen werden würde. Weizmann war nicht allzu enttäuscht, dass der jüdische Staat so klein ausfallen sollte. Davids Königreich sei kleiner gewesen, meinte er dazu.
In Peels Bericht hieß es, im Gegensatz zu den Zionisten habe seit 1919 kein arabischer Führer gesagt, dass eine Zusammenarbeit mit den Juden möglich sei. Abdullah von Transjordanien war auf arabischer Seite der Einzige, der sich für den Teilungsplan der Peel-Kommission begeistern konnte. Rückblickend kann man sagen, dass die Verwirklichung des Peel-Plans den Staat Israel in seiner heutigen Form verhindert hätte, doch in diesem Moment sahen die Palästinenser nur den für sie empörenden Plan eines englischen Earls, einen jüdischen Staat zu schaffen: Sowohl der Mufti als auch sein politischer Gegner Nashashibi lehnten den Plan strikt ab.
Die Unruhen flammten wieder auf, aber diesmal stand der Mufti hinter den Gewalttätigkeiten und organisierte sie sogar. Dabei schien ihm mehr daran gelegen, die Gegner in seinen eigenen Reihen auszuschalten als die Briten oder die Juden. »Es sieht so aus«, schreibt der jüngste Chronist der Husseinis, »als sei er persönlich verantwortlich für die Errichtung eines Terrorsystems als Mittel der internen Kontrolle.« Wie ein Mafiaboss gab er, der sich stets in Begleitung seiner sudanesischen Leibwächter, Nachfahren der traditionellen Wächter des Haram, zeigte, bei einem Teller Linsensuppe,
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