Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
KGB tun. Die russisch-orthodoxen Christen waren gespalten zwischen der vom CIA unterstützten Kirche mit Sitz in New York und der vom KGB unterstützten Moskauer Kirche. Die Jordanier, zuverlässige Verbündete der Vereinigten Staaten, übergaben ihre russischen Kirchen der antikommunistischen orthodoxen Kirche, während die Israelis sich daran erinnerten, dass Stalin ihren neuen Staat als einer der Ersten anerkannt hatte und die russischen Immobilien den Sowjets gaben, die in Westjerusalem eine Mission unter der Leitung eines »Priesters« einrichteten; in Wirklichkeit war er aber ein KGB-Oberst und hatte vorher als Berater für Nordkorea gearbeitet.
In dieser hinterwäldlerischen Provinz gaben nach wie vor die »Husseinis, die Nashashibis, die islamischen Wissenschaftler und die christlichen Bischöfe« den Ton an, wie Sari Nusseibeh schrieb, und wenn man das Niemandsland und die Flüchtlingslager ignorieren konnte, war es beinahe, als sei nichts geschehen. Und doch war nichts mehr wie früher – und selbst dieses hybride Jerusalem war nun bedroht. Der Aufstieg des ägyptischen Präsidenten Nasser veränderte alles und gefährdete König Hussein, der die Herrschaft über Jerusalem zu verlieren drohte.
53
Sechs Tage
1967
Nasser und Hussein: Countdown zum Krieg
Nasser, der aus einer unbedeutenden Familie stammte, war die ideale Besetzung für einen arabischen Staatsmann – ein junger Offizier, der während der israelischen Einkesselung 1948 verwundet wurde und fest entschlossen war, den arabischen Stolz wiederherzustellen. Er wurde zum populärsten arabischen Staatsführer seit Jahrhunderten, regierte aber als Diktator mit Unterstützung der Geheimpolizei. Nasser oder El Rais, der Chef, wie man ihn in der arabischen Welt nannte, vertrat einen sozialistischen Panarabismus, der sein Volk anregte, der westlichen Vorherrschaft und dem zionistischen Sieg die Stirn zu bieten, und hochfliegende Hoffnungen weckte, dass es sich für die erlittenen Niederlagen rächen könne.
Nasser unterstützte palästinensische Überfälle auf Israel, das mit wachsender Gewalt reagierte. Seine Führung im mächtigsten arabischen Land, Ägypten, alarmierte Israel. Im Jahr 1956 bedrohte er die letzten Reste des französischen und englischen Weltreichs, indem er den Suezkanal verstaatlichte und algerische Rebellen gegen Frankreich unterstützte. London und Paris waren fest entschlossen, ihn zu besiegen, und schlossen ein geheimes Bündnis mit Ben-Gurion. Der erfolgreiche Angriff Israels auf die Sinai-Halbinsel, geplant von Stabschef Dayan, lieferte Briten und Franzosen einen Vorwand, in Ägypten einzumarschieren, angeblich um die beiden Nachbarländer zu trennen. Aber Großbritannien und Frankreich besaßen nicht die Macht, dieses letzte imperiale Abenteuer durchzuhalten: Die Vereinigten Staaten zwangen sie zum Rückzug. Kurze Zeit später entließ König Hussein Glubb als Kommandeur seiner Armee. Im Jahr 1956 erlebte das britische Nahostimperium seine Dämmerung, und das amerikanische seine Morgenröte.
Nun nahm Nasser die beiden haschemitischen Königreiche ins Visier, wo sein panarabischer Radikalismus auf den Straßen und im Offizierkorps immer mehr Anhänger fand. Husseins Vetter und Schulfreund, Faisal II. des Irak, wurde 1958 bei einem Militärputsch ermordet. Die Familie hatte einst die Könige von Arabien, Hedschas, Syrien, Palästina und Irak gestellt – und nun blieb Hussein als letzter haschemitischer König übrig. Nasser schloss Ägypten und Syrien offiziell zur Vereinigten Arabischen Republik (VAR) zusammen, die Israel umschloss und Jordanien dominierte; diese Union brach zweimal auseinander und wurde zweimal wieder geschlossen, blieb aber brüchig.
»Meine Kindheit in Jerusalem glich ein wenig einem Märchen, in das Detroit und moderne Armeen Einzug gehalten hatten, das jedoch nichts von seiner Magie eingebüßt hatte, sondern wegen seiner Gefahren nur umso geheimnisvoller erschien«, schrieb Sari Nusseibeh. Nach und nach »herrschte in Jerusalem fast wieder ein Leben wie vor 1948«, und die Stadt entwickelte sich erneut zur »Welthauptstadt der religiösen Pilgerfahrt«. König Hussein ließ 1964 als Vorbereitung für die Pilgerfahrt Papst Pauls VI. die Kuppel des Felsendoms wieder vergolden, die seit Jahrhunderten bleigrau war. Prinz Muhammad und Prinzessin Firyal begrüßten den Pontifex und begleiteten ihn in die Stadt, wo ihn der Gouverneur Anwar Nusseibeh willkommen hieß. Aber der Papst musste wie jeder
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