Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
andere die Grenze am Mandelbaumtor passieren. Als er um die Erlaubnis bat, in der griechisch-orthodoxen Golgatha-Kapelle beten zu dürfen, ließ der orthodoxe Patriarch ihn einen schriftlichen Antrag stellen, den er dann ablehnte. Der Papstbesuch brachte einen »schwunghaften Wirtschaftsaufschwung«, wie Sari Nusseinbeh schrieb: Die Husseinis und Nusseibehs rissen ihre eleganten Villen ab und bauten hässliche Hotels.
König Hussein kämpfte nun politisch um sein Überleben, eingezwängt zwischen Ägypten und Syrien auf radikalem Nasser-Kurs, Arabern und Israelis sowie zwischen seinen eigenen dynastischen Ambitionen und der leidenschaftlichen Erbitterung der Palästinenser, die sich von ihm verraten fühlten. Während Nasser den Sturz des Königs plante, kam es in Jerusalem und im Westjordanland wiederholt zu Aufständen gegen die Haschemiten.
Yasser Arafat, ein Veteran des Krieges von 1948, gründete 1959 eine militante Befreiungsbewegung, die sich Fatah, Eroberung, nannte. [274] Bei einem Gipfeltreffen 1964 in Kairo, das ein vereinigtes arabisches Oberkommando für den bevorstehenden Krieg gegen Israel schuf, brachte Nasser die Gründung der Palästinensischen Befreiungsorganisation (Palestine Liberation Organization, PLO) unter Ahmed al-Shuqayri auf den Weg. Widerstrebend eröffnete König Hussein im Mai desselben Jahres den Palästinensischen Nationalrat, der die PLO gründete. Im darauffolgenden Januar unternahm Arafats Fatah von Jordanien aus einen kleineren Überfall auf Israel, der katastrophal verlief und nur ein Todesopfer forderte, einen palästinensischen Guerillakämpfer, der von den Jordaniern erschossen wurde. Aber die Heldentat der Fatah beflügelte die arabische Phantasie und bildete den Auftakt zu Arafats Kampagne, die Palästinenserfrage ins Zentrum der Weltbühne zu rücken. Der Aufstieg der radikalen Fatahkämpfer in Khaki, Kefije und Patronengurten stellte die arroganten Notabelnfamilien in den Schatten, die durch den Mufti und den Krieg von 1948 diskreditiert waren. Es war ein Zeichen der Zeit, dass Anwar Nusseibehs Sohn Sari sich der Fatah anschloss.
Die Palästinenser verloren die Geduld mit Hussein. Als Gouverneur Nusseibeh sich weigerte, eine königliche Anweisung umzusetzen, entließ der König ihn und ernannte an seiner Stelle einen Jordanier. Im September 1965 kam Hussein in den Fußstapfen seines Großvaters zu einem Geheimtreffen mit der israelischen Außenministerin Golda Meir zusammen, die vorschlug, sie könnten eines Tages die Waffen ruhen lassen und in Jerusalem ein Denkmal für den Frieden zwischen beiden Völkern schaffen. [184]
Als Ben-Gurion 1963 als Ministerpräsident zurücktrat, wurde Levi Eshkol sein Nachfolger; der 68-Jährige war in Kiew geboren, Brillenträger, ein Arbeitstier und hatte sich vor allem durch den Aufbau der israelischen Wasserversorgung hervorgetan: Aber ein Ben-Gurion war er nicht. Anfang 1967 lösten syrische Angriffe auf Nordisrael ein Luftgefecht aus, in dem die syrische Luftwaffe über Damaskus dezimiert wurde. In der Folge unterstützte Syrien weitere palästinensische Überfälle auf Israel. [275]
Die Sowjetunion warnte Nasser – zu Unrecht, wie sich herausstellte –, dass Israel einen Angriff auf Syrien plane. Bis heute ist nicht geklärt, warum Moskau diese falsche Geheimdienstmitteilung weitergab und wieso Nasser sich entschloss, sie zu glauben, obwohl er wochenlang Zeit hatte, sie zu überprüfen. Trotz Ägyptens Stärke, Nassers Charisma und der Popularität des Panarabismus hatten die Israelis ihn mit Vergeltungsschlägen gedemütigt und die Syrer ihn mit ihrer gewagten Politik angreifbar gemacht. Er verlegte Truppen auf die Sinai-Halbinsel, um zu demonstrieren, dass er einen Angriff auf Syrien nicht hinnehmen würde.
Am 15. Mai 1967 traf sich der besorgte Eshkol vor der Parade zum Unabhängigkeitstag im King David in Jerusalem mit seinem Generalstabschef, General Rabin: Wie sollten sie auf Nassers Drohungen reagieren? Am folgenden Tag forderte Ägypten die Vereinten Nationen auf, ihre Friedenstruppen von der Sinai-Halbinsel abzuziehen. Vermutlich hoffte Nasser, eine Eskalation der Krise herbeizuführen, einen Krieg aber vermeiden zu können. Falls es so war, handelte er entweder hoffnungslos ungeschickt oder tollkühn. Während die arabische Führung und die Menge auf der Straße die bevorstehende Vernichtung des jüdischen Staates bejubelte, war Eshkol nervös und unentschlossen. Israel, das die Initiative an Nasser verloren hatte,
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