Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
und ihn selbst zu Tode folterte. Die Perser willigten ein, den status quo ante bellum wiederherzustellen. Der Königliche Eber erklärte sich bereit, Heraklius’ Nichte zu heiraten und das Versteck des Wahren Kreuzes preiszugeben. Nach verschlungenen Intrigen bemächtigte der Königliche Eber sich des persischen Throns – wurde aber schon bald ermordet.
Heraklius machte sich 629 mit seiner Frau (die zugleich seine Nichte war) von Konstantinopel auf, um das Wahre Kreuz nach Jerusalem zurückzubringen. Er verzieh den Juden von Tiberias; dort nahm er im Haus des reichen Juden Benjamin Quartier, der ihn nach Jerusalem begleitete und unterwegs zum Christentum konvertierte. Die Juden erhielten die Zusage, dass man keine Rache an ihnen üben werde und sie in Jerusalem leben dürften.
Am 21. März 630 ritt Heraklius, mittlerweile 55 Jahre alt, grau und müde, vor das Goldene Tor, das er eigens für diesen Anlass hatte bauen lassen. Für alle drei Abrahamitischen Religionen wurde dieses kunstvolle Tor zum höchst mystischen Tor für die Ankunft des Messias am Tag des Jüngsten Gerichts. [102] Vor dem Tor stieg der Kaiser vom Pferd, um das Wahre Kreuz in die Stadt zu tragen. Angeblich verwandelte sich das Tor in eine massive Mauer, als Heraklius es in seinen byzantinischen Gewändern durchqueren wollte, aber sobald er sich demütig zeigte, öffnete es sich für seine kaiserliche Prozession. Als Heraklius das Wahre Kreuz zur Grabeskirche trug, die der Patriarch Modestos von Trümmern gereinigt hatte, breitete man Teppiche und Duftkräuter vor ihm aus. Die Katastrophe, die das Byzantinische Reich ereilt hatte, und die Rückkehr des Kaisers waren eine neue Variante der ewig wandelbaren Vision der Apokalypse, in der ein messianischer letzter Kaiser die Feinde des Christentums vernichten und die Macht an Jesus übergeben würde, der dann bis zum Tag des Jüngsten Gerichts herrschen sollte.
Die Christen verlangten Rache an den Juden, aber Heraklius weigerte sich, bis die Mönche die Sünde, dass er seinen Schwur gegenüber den Juden brach, auf sich nahmen und zur Sühne fasteten. Daraufhin vertrieb Heraklius alle verbliebenen Juden. Viele wurden getötet. Später befahl er die Zwangsbekehrung aller Juden.
Tief im Süden hatten die Araber weniger Heraklius’ Sieg als vielmehr seine Schwäche bemerkt. »Die Byzantiner wurden besiegt«, erklärte Mohammed, der Anführer, der gerade die Araberstämme unter der heiligen Schrift seiner neuen Offenbarung, dem Koran, vereint hatte. Während Heraklius in Jerusalem war, entsandte Mohammed einen Stoßtrupp auf den Königsweg, um die byzantinische Verteidigung auf die Probe zu stellen. Die Araber trafen auf eine byzantinische Armeeabteilung – sollten aber bald wiederkommen.
Heraklius dürfte der Vorfall nicht sonderlich beunruhigt haben: Die gespaltenen Araberstämme überfielen Palästina seit Jahrhunderten immer wieder. Sowohl Byzantiner als auch Perser hatten Araberstämme als Puffer zwischen ihren Reichen für sich gewonnen, und Heraklius hatte große Schwadronen arabischer Reiter in seiner Armee eingesetzt.
Im folgenden Jahr schickte Mohammed einen weiteren kleinen Stoßtrupp zu einem Angriff auf byzantinisches Gebiet. Aber mittlerweile war er alt, und sein spektakuläres Leben ging zu Ende. Heraklius verließ Jerusalem und machte sich auf den Rückweg nach Konstantinopel.
Es gab offenbar kaum Grund zur Sorge. [75]
Teil IV
Islam
Gepriesen sei, der seinen Diener nachts reisen ließ von der unantastbaren Moschee zur ganz fernen …
Koran 17,1
Der Prophet ritt zusammen mit Gabriel bis nach Jerusalem. Dort traf er Abraham, Moses und Jesus inmitten anderer Propheten.
Ibn Ishaq, Das Leben des Propheten, S. 79
Ein Herrscher galt erst als Kalif, wenn er sowohl über die Heilige Moschee [Mekka] als auch über die Jerusalemer Moschee herrschte.
Sibani, Fadail
Ein Tag in Jerusalem ist wie tausend Tage, ein Monat wie tausend Monate und ein Jahr wie tausend Jahre. Dort zu sterben ist, wie in der ersten Sphäre des Himmels zu sterben.
Kaab al-Ahbar, Fadail
Eine [in Jerusalem] begangene Sünde ist wie tausend Sünden und eine dort begangene gute Tat ist wie tausend gute Taten.
Khalid bin Madan al-Kalai, Fadail
Allah, gelobt sei er, sagte von Jerusalem: Du bist mein Garten Eden, mein heiliges auserwähltes Land.
Kaab al-Ahbar, Fadail
O Jerusalem, ich werde dir meinen Diener Abd al-Malik senden, um dich wiederaufzubauen und zu schmücken.
Kaab al-Ahbar, Fadail
17
Die arabische
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