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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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und Juden der Durchbruch in die Stadt.
    Jerusalem und praktisch der gesamte römische Osten gehörten nun dem jungen persischen König der Könige, dem Schah-in-Schah Chosrau II., dessen neues Reich von Afghanistan bis ans Mittelmeer reichte. Dieser Schah war der Enkel des größten Sassanidenherrschers, der unter Justinians Regentschaft Antiochia niedergebrannt hatte. Allerdings hatte er eine erniedrigende Jugend als hilfloser Spielball rivalisierender Adelsfamilien verbracht und war zu einem paranoiden, größenwahnsinnigen Potentaten herangewachsen, der seine Macht mit extravagantem Gigantismus durchsetzte: Sein Banner aus Tigerfell war 40 Meter lang und 6 Meter breit; er hielt Hof auf einem 100 Quadratmeter großen mit Gold durchwirkten Brokatteppich, dem Königsfrühling, der einen imaginären Königsgarten darstellte; in seinem Schabestan – den kühlen Gemächern im Untergeschoss, in denen die Frauen der Schahs lebten – gab es 3000 Konkubinen; und vermutlich baute er in seiner Hauptstadt Ktesiphon (in der Nähe des heutigen Bagdad) den Kolossalpalast mit dem größten Audienzsaal der Welt. Er ritt ein schwarzes Pferd, Mitternacht genannt, trug golddurchwirkte, juwelenbesetzte Gewänder und eine goldbesetzte Rüstung.
    Der Schah, zu dessen polyglotten Untertanen viele Juden und Christen gehörten, war Zoroastriker, hatte aber eine schöne nestorianische Christin, Schirin, geheiratet; der Legende nach gewann er sie für sich, indem er seinen Rivalen mit der unmöglichen Aufgabe betraute, Stufen in das schroffe Felsmassiv des Behistan-Gebirges zu hauen.
    Nachdem Jerusalem eingenommen war, zog der General des Schahs, der Königliche Eber, weiter, um Ägypten zu erobern. Aber er war kaum fort, als die Jerusalemer gegen die Perser und die Juden rebellierten. Der Königliche Eber galoppierte zurück, belagerte Jerusalem zwanzig Tage lang und zerstörte die Kirchen auf dem Ölberg und in Gethsemane. Die Perser und die Juden gruben sich unter der Nordostmauer durch, die immer eine Schwachstelle darstellte, und stürmten Jerusalem am 21. Tag, Anfang Mai 614, mit »großer Wut wie wütende Bestien«, wie der Mönch Strategos, ein Augenzeuge, berichtete. »Die Menschen versteckten sich in Kirchen, und dort vernichteten sie sie in großem Zorn mit gefletschten Zähnen und metzelten alle nieder wie tollwütige Hunde.«
    Innerhalb von drei Tagen fielen Tausende Christen den Massakern zum Opfer. Der Patriarch und 37 000 Christen wurden nach Persien deportiert. Als die Überlebenden auf dem Ölberg standen und »auf Jerusalem schauten, stieg eine Flamme wie aus einem Ofen zum Himmel auf, und sie begannen zu weinen und zu klagen« und bedeckten ihr Haupt mit Asche, denn sie sahen, wie die Grabeskirche, die Nea-Kirche, die Mutter aller Kirchen auf dem Berg Zion und die armenische Jakobuskathedrale ein Raub der Flammen wurden. Die christlichen Reliquien – Speer, Schwamm und das Wahre Kreuz – wurden zu Chosrau gebracht, der sie seiner Königin Schirin schenkte. Sie bewahrte sie in ihrer Kirche in Ktesiphon auf.
    Sechshundert Jahre nachdem Titus den Tempel zerstört hatte, übergab der Königliche Eber Jersualem den Juden.
    Nehemia II : Die jüdische Schreckensherrschaft
    Nach Jahrhunderten der Unterdrückung brannten die Juden unter der Führung Nehemias, einer schemenhaften historischen Gestalt, auf Rache an den Christen, deren Verfolgung sie bis vor einigen Wochen noch erfahren hatten. Die Perser sperrten Tausende einfacher Gefangener in der großen Zisterne des Mamillateichs ein und stellten sie, laut christlichen Quellen, vor die gleiche Wahl, die sie bis vor kurzem den Juden gelassen hatten: konvertieren oder sterben. Einige Mönche traten zum Judentum über, andere starben den Märtyrertod. [100] Möglicherweise weihten die triumphierenden Juden zunächst den Tempelberg wieder ein, denn sie »brachten Opfer dar«; jedenfalls erfüllte messianischer Eifer die jüdische Welt und inspirierte sie zum Enthusiasmus des Buches Serubbabel. [101]
    Der persische Schah hatte mittlerweile Ägypten, Syrien, Irak und Kleinasien bis nach Konstantinopel erobert. Nur die Stadt Tyrus hielt dem Ansturm der Perser noch stand, die nun dem jüdischen Feldherrn Nehemia befahlen, sie einzunehmen. Das jüdische Heer scheiterte in dieser Mission und trat fluchtartig den Rückzug von Tyrus an, aber den Persern war inzwischen sicher klar, dass die zahlreicheren Christen für sie nützlicher waren. Nach drei Jahren jüdischer Herrschaft vertrieb

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