Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
»Brüdern« Moses, Joseph und Jesus, bevor er auf einer Leiter in den Himmel stieg. Im Gegensatz zu Jesus bezeichnete er sich als Botschafter oder Apostel Gottes und nahm nicht für sich in Anspruch, Wunder wirken zu können. Die nächtliche Reise und die Himmelfahrt – Isra und Miraj – waren seine einzigen Wunder. Obwohl Jerusalem und der Tempel nie ausdrücklich erwähnt wurden, gelangten Muslime zu der Überzeugung, dass die fernste Moschee der Tempelberg sei.
Nach dem Tod seiner Frau und seines Onkels sah Mohammed sich der Missbilligung der wohlhabenderen Familien in Mekka ausgesetzt, deren Einkommen von dem schwarzen Stein der Kaaba abhing. Die Einwohner von Mekka versuchten ihn zu töten. Aber eine Gruppe aus Jathrib, einer nördlich von Mekka gelegenen Dattelpalmenoase, die von jüdischen Stämmen gegründet wurde, aber auch von heidnischen Handwerkern und Bauern bewohnt war, nahm Kontakt mit Mohammed auf und bat ihn, Frieden zwischen den verfehdeten Klans zu stiften. So machte er sich mit seinem inneren Anhängerkreis auf die Hedschra, die Übersiedlung nach Jathrib, das zu Madinat un-Nabi, der Stadt des Propheten – Medina – wurde. Dort schmiedete er seine ersten Jünger, die Emigranten, mit den neuen Anhängern, den Helfern, und ihren jüdischen Verbündeten zu einer Gemeinschaft, der Umma, zusammen. Das war 622, am Beginn des islamischen Kalenders.
Mohammed verstand es geschickt, Menschen zu versöhnen und vorhandene Ideen aufzugreifen. In Medina mit seinen jüdischen Familien schuf er die erste Moschee, in der er die Gebetsrichtung, die Qibla, nach dem Jerusalemer Tempel ausrichtete. [103] Er betete freitags bei Sonnenuntergang – dem Beginn des jüdischen Sabbat –, fastete am Versöhnungstag, verbot, Schweinefleisch zu essen, und praktizierte die Beschneidung. Mohammeds Gott verwarf in seiner Einzigkeit die christliche Dreifaltigkeit, aber andere Rituale – etwa sich auf Gebetsmatten vor Gott niederzuwerfen – verdankten viel den christlichen Klöstern; seine Minarette waren vielleicht inspiriert von den Säulen der Styliten; und der Ramadan ähnelte der christlichen Fastenzeit. Dennoch war der Islam durchaus eigenständig.
Mohammed schuf einen kleinen Staat mit eigenen Gesetzen, sah sich aber mit Widerstand in Medina und seiner alten Heimat Mekka konfrontiert. Sein neuer Staat musste sich verteidigen und Eroberungen machen: Der Dschihad – Kampf – bezog sich sowohl auf die eigene Selbstbeherrschung als auch auf einen heiligen Eroberungskrieg. Der Koran verlangte jedoch nicht nur die Vernichtung Ungläubiger, sondern auch Toleranz, sobald sie sich unterwarfen. Das war insofern wichtig, als die jüdischen Stämme sich Mohammeds Offenbarungen und seiner Kontrolle widersetzten. Daher änderte er die Qibla gen Mekka und verwarf die jüdische Sitte. Gott hatte schließlich den jüdischen Tempel zerstört, weil die Juden gesündigt hatten, »sie folgen deiner Gebetsrichtung nicht«.
Während Mohammed gegen Mekka kämpfte, konnte er sich mangelnde Loyalität in Medina nicht leisten, daher vertrieb er die Juden und ging exemplarisch gegen einen jüdischen Klan vor: Seine 700 männlichen Mitglieder ließ er enthaupten, die Frauen und Kinder versklaven. Im Jahr 630 nahm Mohammed schließlich Mekka ein und verbreitete seinen Monotheismus durch Bekehrung und Gewalt in Arabien. Seine Anhänger wurden in dem Maße immer militanter, wie sie zur Vorbereitung auf das Jüngste Gericht ein gerechtes Leben anstrebten. Nachdem Arabien erobert war, stießen sie auf die sündigen Imperien jenseits der Grenzen. Die frühen Anhänger des Propheten, die Emigranten und die Helfer, bildeten das Gefolge Mohammeds – aber ebenso willkommen waren ihm ehemalige Feinde und talentierte Opportunisten. Die muslimische Überlieferung berichtet über sein Privatleben: Er hatte viele Ehefrauen – Aischa, die Tochter seines Verbündeten Abu Bakr, war seine Lieblingsfrau – und zahlreiche Konkubinen, zu denen schöne Jüdinnen und Christinnen gehörten; und er hatte Kinder, vor allem eine Tochter namens Fatima. [76]
Mit etwa 62 Jahren starb Mohammed 632. Sein Nachfolger war sein Schwiegervater Abu Bakr, der zum Amir al-Muminin, Herrn der Gläubigen, akklamiert wurde. [104] Nach Mohammeds Tod geriet sein Reich ins Wanken, aber es gelang Abu Bakr, Arabien zu befrieden. Anschließend wandte er sich dem Byzantinischen und dem Persischen Reich zu, die den Muslimen als schwächlich, sündig und korrupt galten. Er schickte
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