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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Salomos Tempel überragen. [98] Als Justinians General Belisarius die Vandalenhauptstadt Karthago eroberte, fand er dort den Leuchter aus dem Jerusalemer Tempel, den Titus geplündert hatte. Nachdem man den Leuchter im Triumphzug des Belisarius durch Konstantinopel präsentiert hatte, wurde er nach Jerusalem geschickt, wo er wahrscheinlich Justinians Nea-Kirche schmücken sollte.
    Die Heilige Stadt war von den Ritualen des orthodoxen Christentums geprägt. [99] Pilger kamen durch Hadrians Tor im Norden in die Stadt, gingen über den Cardo, eine gepflasterte Straße, die mit 12 Metern breit genug für zwei Wagen, von Kolonnaden mit überdachten Läden gesäumt war und bis hinunter an die Nea-Kirche führte. Wohlhabende wohnten südlich und südwestlich vom Tempelberg in zweigeschossigen Villen mit Innenhöfen. Auf einem dieser Bauten stand: »Glücklich, die in diesem Haus wohnen«. Häuser, Kirchen und sogar Läden waren mit prachtvollen Mosaiken verziert: Vermutlich gaben die armenischen Könige die leuchtend weißen Mosaiken von Reihern, Tauben und Adlern in Auftrag (gewidmet »Dem Andenken und der Erlösung aller Armenier, deren Namen nur Gott kennt«). Rätselhafter ist das lebendige, halb christliche Mosaik eines boshaften, leierspielenden Orpheus, das man um die Jahrhundertwende nördlich vom Damaskustor fand. Reiche Byzantinerinnen trugen lange griechische Gewänder mit goldenen, roten und grünen Bordüren, rote Schuhe, Perlenketten, Halsketten und Ohrringe. In Jerusalem entdeckte man einen Goldring mit einem goldenen Modell der Grabeskirche.
    Die Stadt war darauf eingestellt, Tausende Pilger zu beherbergen: Die Vornehmen wohnten beim Patriarchen, arme Pilger in den Schlafsälen der Hospize Justinians, die 3000 Schlafplätze hatten, und Asketen in Höhlen, oft alten jüdischen Gräbern in den umliegenden Bergen. Wohlhabende Verstorbene begrub man in Sarkophagen, deren Seiten mit Fresken geschmückt und mit Glöckchen versehen waren, mit denen die Toten Dämonen abwehren konnten. Die Leichen Armer warf man in das anonyme Massengrab auf dem Blutacker. Die Versuchungen, die Hieronymus empört hatten, waren allgegenwärtig: Im Hippodrom fanden Wagenrennen statt, unterstützt von den lautstarken Anhängern der Blauen und Grünen. »Das Glück der Blauen siegt!«, verkündet eine in Jerusalem entdeckte Inschrift. »Lang sollen sie leben!«
    Kurz nach Fertigstellung der Nea-Kirche starb Theodora an Krebs, aber Justinian lebte bis 565, wurde über achtzig Jahre alt und regierte annähernd fünfzig Jahre. Er vergrößerte das Reich stärker als jeder andere, abgesehen von Augustus und Trajan, aber am Ende des Jahrhunderts war es überdehnt und anfällig. Ein Feldherr bemächtigte sich 602 des Throns und versuchte, ihn zu halten, indem er die blaue Wagenrennpartei gegen seine Feinde aufstachelte, die von den Grünen unterstützt wurden; außerdem ordnete er die Zwangsbekehrung der Juden an. Die Blauen und die Grünen, die immer eine gefährliche Mischung aus Sportfans und politischen Schlägertrupps waren, kämpften für Jerusalem: »Üble, arglistige Männer erfüllten die Stadt mit Verbrechen und Mord.« Die Grünen gewannen, aber byzantinische Truppen nahmen die Stadt ein und schlugen den Aufstand nieder.
    Diese Wirren bedeuteten eine unwiderstehliche Verlockung für den persischen Schah Chosrau II. Als Junge hatte der byzantinische Kaiser Maurikios ihm wieder auf den Thron verholfen, als dieser aber starb, nutzte Chosrau die Gelegenheit als Vorwand, das Byzantinische Reich von Osten anzugreifen in der Hoffnung, Konstantinopel ein für alle Mal zu vernichten. Jerusalem stand eine bewegte Epoche bevor, in der innerhalb von 25 Jahren Herrscher aus vier verschiedenen Religionen die Stadt regieren sollten: Christen, Zoroastriker, Juden und Muslime. [73]
    Der Schah und der königliche Eber: Tollwütige Hunde
    Mit den besten Rittern ihrer Kavallerie an der Spitze eroberten die Perser den römischen Irak und drangen nach Syrien vor. Die Juden von Antiochia, die seit langem von Byzanz unterdrückt wurden, rebellierten, und als der brillante persische Feldherr mit dem glorreichen Namen Schahrbaraz – der Königliche Eber – weiter nach Süden marschierte, schlossen sich ihm 20 000 Juden aus Antiochia und Tiberias an, um Jerusalem zu belagern. In der Stadt versuchte der Patriarch Zacharias zu verhandeln, aber die Schlägertrupps der Wagenlenker regierten die Straße und lehnten Verhandlungen ab. Irgendwie gelang den Persern

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