Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
gießen und sagte: »Nun stille die Begierde deines Lebens.« [42]
In Rom rangen nun die beiden verbliebenen starken Männer, Cäsar und Pompejus, um die Vorherrschaft. Cäsar überquerte 49 v.Chr. den Rubikon von Gallien aus, marschierte in Italien ein und schlug Pompejus 18 Monate später. Pompejus floh nach Ägypten. Nachdem Cäsar sich zum Diktator Roms hatte wählen lassen, jagte er ihm nach und traf zwei Tage, nachdem die Ägypter Pompejus ermordet hatten, in Ägypten ein. Entsetzt, zugleich aber auch erleichtert empfing er Pompejus’ einbalsamierten Kopf als Willkommensgabe. Dreißig Jahre zuvor hatte er einen Feldzug im Osten unternommen. Nun fand er Ägypten gespalten vor durch einen erbitterten Kampf zwischen König Ptolemäus XIII. und seiner Schwester und Ehefrau Kleopatra VII., die jeweils Rom die reichste Beute im Osten sichern wollten: Ägypten. Allerdings konnte er nicht vorhersehen, wie diese junge entthronte Königin, die in einer verzweifelten Notlage war, seinen Willen zu ihren Gunsten beeinflussen würde.
Kleopatra verlangte eine Geheimaudienz beim Herrn des Römischen Reiches. Die vollendete Meisterin sexuell-politischer Spielchen ließ sich, in einen Wäschesack (nicht in einen Teppich) gehüllt, in Cäsars Palast tragen – da sie vielleicht ahnte, dass er empfänglich für derartigen theatralischen Nervenkitzel war. Gaius Julius Cäsar war damals 52 Jahre alt, kampferprobt und grau meliert. Aber er war auch voll Energie, besaß sämtliche Talente der Kriegführung, Bildung und Politik und die unbarmherzige Tatkraft eines jüngeren Mannes, und er war ein Draufgänger, der mit den Ehefrauen von Crassus und Pompejus geschlafen hatte. Kleopatra war 21 Jahre alt: »Ihre Schönheit war durchaus nicht ohnegleichen, aber ihre körperlichen Reize, kombiniert mit ihrem einnehmenden Charme und der Aura, die sie verbreitete«, übten eine starke Faszination aus, auch wenn sie, wie Münzen und Statuen vermuten lassen, die Adlernase und das spitze Kinn ihrer Vorfahren besaß. Sie hatte ein Königreich einzufordern und musste einer unvergleichlichen Abstammung gerecht werden. Sowohl Cäsar als auch Kleopatra waren eifrige Verfechter einer abenteuerlichen Politik. Sie fingen eine Affäre miteinander an, Kleopatra gebar ihm einen Sohn, Cäsarion, was Cäsar nun verpflichtete, sie zu unterstützen.
Schon bald saß Cäsar in Alexandria in der Falle, als die Ägypter gegen Kleopatra und ihren römischen Schutzherren rebellierten. In Jerusalem sah Pompejus’ Verbündeter Antipater eine Chance gekommen, sich mit Cäsar auszusöhnen. Er marschierte mit 3000 jüdischen Soldaten nach Ägypten, überredete die ägyptischen Juden, ihn zu unterstützen, und griff Cäsars Gegner an. Cäsar triumphierte und setzte Kleopatra wieder als Königin ein. Bevor er nach Rom zurückkehrte, ernannte er aus Dankbarkeit Hyrkanus zum Hohepriester und Ethnarchen – Volksfürsten – der Juden und erlaubte ihm, die Stadtmauern Jerusalems instand zu setzen, übertrug aber die gesamte Macht Antipater als Prokurator von Judäa und seinen Söhnen als Tetrarchen: Phasael, der ältere, verwaltete Jerusalem, Herodes, der jüngere, Galiläa.
Der erst 25-jährige Herodes stellte unverzüglich seinen Eifer unter Beweis, indem er eine Gruppe fanatisch-religiöser Juden jagte und tötete. Über diese nicht genehmigten Hinrichtungen des jungen Herodes war der Sanhedrin, der Hohe Rat, so erbost, dass er ihm den Prozess machte. Die Römer wussten jedoch zu würdigen, dass Antipater und seine Söhne die geeigneten Verbündeten waren, um dieses turbulente Volk zu regieren. Der römische Statthalter Syriens ordnete an, Herodes freizusprechen, und übertrug ihm größere Machtbefugnisse.
Herodes war schon zu dieser Zeit außergewöhnlich. Laut Josephus war er mit allen Gaben gesegnet: gutes Aussehen, körperliche Tüchtigkeit und Intelligenz. Schon von seinem Namen her zum Helden bestimmt, war Herodes gebildet genug, die herausragenden Römer seiner Zeit zu bezaubern und ihnen zu imponieren. Er war sexuell unersättlich – ein Sklave seiner Leidenschaft, wie Josephus schrieb –, aber nicht derb. Er besaß architektonischen Geschmack, war in der griechischen, lateinischen und jüdischen Kultur hoch gebildet und genoss Debatten über Geschichte und Philosophie, wenn er nicht gerade mit Politik und Sinnenfreuden beschäftigt war. Aber die Macht kam immer an erster Stelle, und dieses Streben vergiftete jede Beziehung, die er einging. Als Sohn eines
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