Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
sogar hin, dass Menelaos den ehemaligen Hohepriester Onias ermorden ließ.
Antiochus war vor allem interessiert, Mittel für die Rückeroberung seines Reiches aufzutreiben – und er bereitete einen erstaunlichen Coup vor: die Vereinigung des Ptolemäerreichs mit dem Seleukidenreich. Es gelang ihm 170 v.Chr. Ägypten zu erobern, aber die Jerusalemer untergruben seinen Triumph, als sie unter Führung des abgesetzten Jason rebellierten. Der verrückte König zog wieder zurück über die Sinaihalbinsel, stürmte Jerusalem und deportierte 10 000 Juden. [35] Begleitet von seinem Gefolgsmann Menelaos betrat er das Allerheiligste des Tempels – ein unverzeihliches Sakrileg – und stahl Kunstwerke von unbezahlbarem Wert, den goldenen Altar, den Leuchter und den Schaubrottisch. Noch schlimmer war, dass Antiochus den Juden befahl, ihm als erschienenem Gott Opfer darzubringen, und damit die Loyalität der vielen Juden auf die Probe stellte, die sich wahrscheinlich zur griechischen Kultur hingezogen fühlten. Nachdem er seine Truhen mit dem Tempelgold gefüllt hatte, zog er umgehend zurück nach Ägypten, um jeden Widerstand niederzuschlagen.
Antiochus spielte gern den Römer, trug eine Toga und hielt in Antiochia Scheinwahlen ab, während er insgeheim seine verbotene Flotte und sein Elefantenkorps wiederaufbaute. Aber Rom war entschlossen, den östlichen Mittelmeerraum zu dominieren, und duldete das neue Reich des Antiochus nicht. Als der römische Gesandte Popillius Laenas den König in Alexandria traf, zog er barsch um Antiochus einen Kreis in den Sand und verlangte seine Zusage, sich aus Ägypten zurückzuziehen, bevor er aus diesem Kreis trete. Seufzend und verbittert beugte Antiochus sich der römischen Macht.
Unterdessen weigerten sich die Juden, Antiochus als Gott Opfer zu bringen. Um einen dritten Aufstand in Jerusalem zu verhindern, beschloss der verrückte König, die jüdische Religion auszurotten.
Antiochus Epiphanes: ein weiteres Gräuelbild der Verwüstung
Mit einer List eroberte Antiochus 167 v.Chr. Jerusalem an einem Sabbat, tötete Tausende, zerstörte die Stadtmauern und baute eine neue Zitadelle, die Akra. Anschließend übergab er die Stadt einem griechischen Statthalter und dem Kollaborateur Menelaos.
Antiochus untersagte alle Opferungen und Gottesdienste im Tempel, verbot unter Androhung der Todesstrafe den Sabbat, die Einhaltung der jüdischen Gesetze und die Beschneidung und befahl, den Tempel mit Schweinefleisch zu verunreinigen. Am 6. Dezember wurde der Tempel als Heiligtum dem Staatsgott, dem olympischen Zeus, geweiht – das Gräuelbild der Verwüstung. An dem Altar vor dem Allerheiligsten wurde dem Gottkönig Antiochus, wahrscheinlich in seinem Beisein, ein Opfer dargebracht. Und »die Heiden schwelgten und prassten im Tempel, gaben sich leichtfertig mit Dirnen ab und sogar im heiligen Bezirk wohnten sie Frauen bei«. Menelaos duldete das alles, Menschen zogen mit Efeukränzen durch den Tempel, und nach den Gebeten gingen selbst Priester hinunter, um sich die nackten Spiele im Gymnasion anzusehen.
Wer den Sabbat einhielt, wurde lebendig verbrannt oder erlitt eine grausame, aus Griechenland importierte Strafe: die Kreuzigung. Ein alter Mann wollte lieber sterben, als Schweinefleisch zu essen; Frauen, die ihre Kinder beschnitten, warf man mit ihren Babys von den Stadtmauern Jerusalems. Die Thora wurde in Stücke gerissen und öffentlich verbrannt: Jeder, bei dem man sie fand, wurde getötet. Aber die Thora war ebenso wie der Tempel mehr wert als das Leben. Diese Todesopfer schufen einen neuen Märtyrerkult und förderten eine Endzeiterwartung. »Und viele, die unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, die einen zu ewigem Leben« in Jerusalem, das Böse werde scheitern und das Gute mit der Ankunft eines Messias triumphieren – eines Menschensohns, ausgestattet mit ewiger Herrlichkeit. [36]
Antiochus zog zurück nach Antiochia und feierte dort seine mit Mängeln behafteten Siege. Skythische Reiter in goldener Rüstung, indische Elefanten, Gladiatoren und nisäische Pferde mit goldenem Zaumzeug paradierten durch die Stadt, gefolgt von jungen Athleten mit vergoldeten Kronen, tausend Ochsen für die Opferung, Wagen mit Statuen und Frauen, die die Menge mit Duftwasser besprengten. Im Zirkus kämpften Gladiatoren, aus Brunnen floss Rotwein, und der König bewirtete in seinem Palast tausend Gäste. Der verrückte König überwachte alles, ritt neben dem Triumphzug auf und ab, führte Gäste
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