Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
nicht mehr das Hohepriesteramt ausüben konnte. Herodes’ Bruder Phasael wurde entweder ermordet oder zerschmetterte sich selbst den Schädel.
Herodes hatte Jerusalem und seinen Bruder verloren. Er hatte die Römer unterstützt, aber die Parther hatten den Nahen Osten erobert. Er war ein sprunghafter Mensch und sicher starken Stimmungsschwankungen ausgesetzt, wenn nicht gar manisch-depressiv, aber von ausgeprägtem Machtstreben, scharfem Verstand, wildem Lebenshunger und starkem Überlebenswillen. Er brach beinahe zusammen, überwand aber seine Krise. In der Nacht sammelte er sein Gefolge, um verzweifelt die Flucht zu ergreifen und einen erneuten Vorstoß zur Macht zu unternehmen.
Herodes: Flucht zu Kleopatra
Mit seinem Gefolge von 500 Konkubinen, seiner Mutter, seiner Schwester und vor allem seiner Verlobten Mariamne ritt Herodes aus Jerusalem in die wüsten Berge Judäas. Wütend, dass Herodes mit seinen Konkubinen entkommen war (sicher der Harem, den er den Parthern versprochen hatte), schickte König Antigonos ihm seine Reiter hinterher. Auf der Flucht durch die Berge brach Herodes erneut zusammen und versuchte, sich das Leben zu nehmen, aber seine Wachen rissen ihm das erhobene Schwert aus den Händen. Kurz darauf holten Antigonos’ Reiter die Karawane ein. Herodes fand sein Selbstvertrauen wieder und besiegte sie. Sein Gefolge ließ er in der unbezwingbaren Burg Masada zurück und flüchtete nach Ägypten.
Antonius war bereits nach Rom aufgebrochen, aber Königin Kleopatra bot Herodes eine Stellung an, um ihn in Alexandria zu halten. Herodes segelte jedoch nach Rom und nahm den jüngeren Bruder seiner Verlobten, den Makkabäerprinzen Jonathan, als Kandidaten für den judäischen Thron mit. Antonius plante mittlerweile jedoch einen Krieg, um die Parther zu vertreiben, und wusste, dass diese Aufgabe nichts für ein Kind war; sie erforderte Herodes’ skrupellose Kompetenz.
Antonius und Oktavian, einer seiner Mitregenten im Römischen Reich, brachten Herodes vor den Senat, der ihn zum König von Judäa und Verbündeten Roms ernannte: rex socius et amicus Romani . Als frisch gekürter König verließ Herodes den Senat an der Seite Oktavians und Antonius’, der beiden Säulen der Welt – ein großer Moment für einen Halbjuden und Halbaraber aus den Bergen Edoms. Seine Beziehung zu diesen beiden Männern sollte die Grundlage für seine 40-jährige Prunk- und Schreckensherrschaft bilden. Aber er war noch weit davon entfernt, ein Königreich zu regieren: Noch besetzten die Parther den Osten, und Antigonos herrschte in Jerusalem. Für die Juden war Herodes eine römische Marionette und ein idumäischer Bastard. Er sollte um jeden Fußbreit seines Königreiches und anschließend um Jerusalem kämpfen müssen. [44]
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Die Herodier
40 v.Chr. – 10 n.Chr.
Sturz des Antigonos: der letzte Makkabäer
Herodes segelte nach Ptolemais, stellte eine Armee zusammen und begann, sein Königreich zu erobern. Als die Rebellen sich in uneinnehmbaren Höhlen in Galiläa verschanzten, ließ er in angeketteten Kästen Soldaten hinunter, die seine Gegner mit Haken aus der Höhle angelten und in die Schluchten warfen. Um Jerusalem einzunehmen, brauchte Herodes jedoch Antonius’ Unterstützung.
Die Römer drängten derweil die Parther zurück. Antonius belagerte 38 v.Chr. eine Partherburg in Samosata (im Südosten der heutigen Türkei), als Herodes nach Norden marschierte, um Hilfe anzubieten und zu erbitten. Als die Parther Antonius in einen Hinterhalt lockten, rettete Herodes mit einem Gegenangriff den Versorgungszug. Antonius begrüßte Herodes wie einen alten Kameraden und umarmte ihn herzlich vor seiner versammelten Armee, die zu Ehren des jungen Königs von Judäa angetreten war. Aus Dankbarkeit entsandte Antonius 30 000 Fußsoldaten und 6000 Reiter, die in Herodes’ Namen Jerusalem belagern sollten. Während die Römer ihr Lager unmittelbar nördlich vom Tempel aufschlugen, heiratete Herodes die 17-jährige Mariamne. Nach 40-tägiger Belagerung stürmten die Römer die äußere Stadtmauer. Zwei Wochen später nahmen sie den Tempel ein, plünderten die Stadt »wie rasend« und metzelten die Jerusalemer in den engen Gassen nieder. Herodes musste die Römer bestechen, damit sie das Morden einstellten – anschließend schickte er den gefangenen Antigonos zu Antonius, der den letzten Makkabäerkönig enthauptete. Der römische Machthaber marschierte mit 100 000 Mann weiter gegen das Partherreich. Seine militärischen
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