Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
dass ihm etwas zustoßen sollte, gab er wieder Befehl, Mariamne zu töten. Dann machte er sich auf zur wichtigsten Begegnung seines Lebens.
Oktavian empfing ihn in Rhodos. Herodes ging das Treffen geschickt und unumwunden an. Demütig legte er sein Königsdiadem Oktavian zu Füßen. Statt sich nun aber von Antonius zu distanzieren, bat er Oktavian, in erster Linie zu berücksichtigen, »was für ein Freund, und nicht, wessen Freund ich gewesen bin«. Oktavian gab ihm seine Krone wieder. Triumphierend kehrte Herodes nach Jerusalem zurück, folgte Oktavian später nach Ägypten und traf in Alexandria ein, kurz nachdem Antonius und Kleopatra sich das Leben genommen hatten – er mit dem Schwert und sie durch einen Schlangenbiss.
Oktavian wurde der erste römische Kaiser und nahm den Ehrentitel Augustus, der Erhabene, an. Dieser peinlich genaue, vornehme, emotionslose und kritische Staatslenker wurde Herodes’ loyalster Schutzherr. Der Kaiser und sein freimütiger Stellvertreter, Marcus Agrippa, der nahezu sein Mitregent war, standen Herodes bald so nah, dass »Augustus nach Agrippa auf niemand größere Stücke hielt als auf Herodes, und auch Agrippa seinerseits ihn nach dem Cäsar seinen besten Freund nannte«, wie Josephus schrieb.
Augustus vergrößerte Herodes’ Königreich um Gebiete im heutigen Israel, Jordanien, Syrien und Libanon. Wie Augustus war auch Herodes ein eiskalt kompetenter Verwalter: Als eine Hungersnot ausbrach, verkaufte er sein Gold, um Getreide aus Ägypten zu importieren und die Judäer vor dem Hungertod zu bewahren. Er führte einen halb hellenistischen, halb jüdischen Hof mit hübschen Eunuchen und Konkubinen. Einen Großteil seines Gefolges hatte er von Kleopatra geerbt. Sein Sekretär Nikolaus von Damaskus hatte Kleopatras Kinder unterrichtet, [49] und 400 Galater aus ihrer Leibwache schenkte ihm Augustus. Sie ergänzten seine eigene Leibwache, die aus Germanen und Thrakern bestand. Diese blonden Barbaren kümmerten sich um Folter und Mord im Auftrag dieses überaus kosmopolitischen Königs: »Herodes war der Abstammung nach Phönizier, in seiner Kultur hellenisiert, nach Geburtsort Idumäer, der Religion nach Jude, vom Wohnort her Jerusalemer und von der Staatsbürgerschaft her Römer.«
In Jerusalem residierten er und Mariamne in der Burg Antonia. Dort war er ein jüdischer König, verlas alle sieben Jahre im Tempel das 5. Buch Mose und ernannte den Hohepriester, dessen Gewänder er in der Burg aufbewahrte. Aber außerhalb Jerusalems war er ein großzügiger hellenistischer Monarch, der neue heidnische Städte – vor allem Caesarea an der Küste und Sebaste (griechisch für Augustus) an der Stelle Samarias – mit prunkvollen Tempelanlagen, Hippodromen und Palästen bauen ließ. Selbst in Jerusalem errichtete er ein Theater in griechischem Stil und ein Hippodrom, in dem er seine actischen Spiele zu Ehren von Augustus’ Sieg veranstaltete. Als dieses heidnische Spektakel eine jüdische Verschwörung auslöste, ließ er die Rädelsführer hinrichten. Aber seine geliebte Frau feierte seinen Erfolg nicht. Der Hof war vergiftet von den Kämpfen zwischen der Makkabäer- und der Herodierprinzessin. [47]
MariamNe und Herodes: eine Hassliebe
In Herodes’ Abwesenheit hatte Mariamne ihrem Wächter wieder einmal entlockt, was ihr Mann für sie plante, falls er nicht zurückkehren sollte. Herodes fand sie persönlich unwiderstehlich, aber politisch schädlich: Denn sie beschuldigte ihn unverhohlen, ihren Bruder getötet zu haben. Manchmal zeigte sie dem ganzen Hof demütigend offen, dass sie sich ihm verweigerte, andere Male versöhnten sie sich leidenschaftlich. Sie war die Mutter zweier seiner Söhne, plante aber seine Vernichtung. Und sie verspottete Herodes’ Schwester Salome wegen ihrer Gewöhnlichkeit. Herodes »schwankte zwischen Hass und Liebe«, eine Besessenheit, die umso stärker von ihm Besitz ergriff, als sie sich mit seiner anderen vorherrschenden Leidenschaft mischte: Macht.
Seine Schwester Salome führte Mariamnes Macht über ihn auf Magie zurück. Sie brachte ihm Belege, dass die Makkabäerin ihn mit einem Liebestrank verhext habe. Mariamnes Eunuchen wurden so lange gefoltert, bis sie zu deren Lasten aussagten. Der Wächter, der sie in Herodes’ Abwesenheit bewacht hatte, wurde getötet und Mariamne in der Burg Antonia gefangen gehalten und vor Gericht gestellt. Salome sorgte dafür, dass die Empörung über die Enthüllungen anhielt, da sie unbedingt den Tod der
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