Jerusalem: Die Biographie (German Edition)
Makkabäerkönigin wollte.
Als Mariamne zum Tode verurteilt wurde, beschuldigte ihre Mutter Alexandra sie ebenfalls in der Hoffnung, ihre eigene Haut zu retten, wurde aber von der Menge ausgebuht. Auf dem Weg zur Hinrichtung bewies Mariamne erstaunliche Größe und zeigte deutlich, dass sie das Benehmen ihrer Mutter als beschämend empfand. Mariamne wurde vermutlich stranguliert und starb wie eine echte Makkabäerin, »ohne auch nur die Farbe zu wechseln«, und »wahrte so noch bei ihrem Ende den Adel ihres Geschlechtes, was denn auch allseitig bemerkt wurde«. Rasend vor Kummer, glaubte Herodes, seine Liebe zu Mariamne sei eine göttliche Rache, die ihn zerstören solle. Er schrie im Palast nach ihr, befahl seinen Dienern, sie zu suchen, und versuchte sich mit Gelagen abzulenken. Aber seine Feste endeten immer damit, dass er um Mariamne weinte. Er wurde schwer krank und bekam überall Pusteln, was Alexandra zu einem letzten Versuch nutzte, die Macht an sich zu reißen. Herodes ließ zunächst sie und anschließend vier seiner engsten Vertrauten töten, die der bezaubernden Königin vielleicht nahegestanden hatten. Er kam nie ganz über Mariamne hinweg, ein Fluch, der wiederkehren und eine weitere Generation zerstören sollte. Der Talmud behauptete später, Herodes habe Mariamne in Honig konservieren lassen, was möglicherweise stimmen mag – es wäre angemessen süß und makaber.
Kurz nach ihrem Tod begann Herodes mit der Arbeit an seinem Meisterwerk: Jerusalem. Der Makkabäerpalast gegenüber vom Tempel war ihm nicht grandios genug. Und die Burg Antonia war sicher vom Geist Mariamnes erfüllt. So erweiterte er 23 v.Chr. die westlichen Befestigungsanlagen um eine neue Zitadelle und einen Palastkomplex, ein Jerusalem in Jerusalem. Die Zitadelle war von einer 14 Meter hohen Mauer umgeben und hatte drei Türme, die sentimentale Namen erhielten: Hippicus (benannt nach einem Jugendfreund, der im Kampf gefallen war), der höchste der Türme mit 39 Metern Höhe und einer Grundfläche von 14 Metern im Quadrat; Phasael (benannt nach Herodes’ totem Bruder) und Mariamne. [50] Während die Burg Antonia den Tempel dominierte, beherrschte diese Festung die Stadt.
Südlich an die Zitadelle baute Herodes seinen Palast, ein Lustschloss mit zwei prunkvollen Wohntrakten, die er nach seinen Schutzherren Augustus und Agrippa benannte und mit Marmorwänden, Zedernbalken, kunstvollen Mosaiken und Gold- und Silberdekorationen ausstattete. Den Palast umgaben Höfe mit Säulengängen, Torhäuser, Rasenflächen, üppige Haine, kühle Weiher und Kanäle mit Wasserfällen, überragt von Taubenschlägen. (Vermutlich stand Herodes durch Brieftauben mit seinen Provinzen in Verbindung.) Alles das finanzierte Herodes mit seinem sagenhaften Reichtum: Nach dem Kaiser war er der reichste Mann im Mittelmeerraum. [51] Das Gurren der Tauben und das Plätschern der Brunnen dürfte das geschäftige Treiben im Palast, die Trompeten des Tempels und die Geräusche der Stadt in der Ferne friedlich untermalt haben.
Aber sein Hof war alles andere als friedlich. Seine Brüder waren erbarmungslose Intriganten, seine Schwester Salome war ein Ungeheuer sondergleichen, und die Frauen seines Harems waren offenbar alle ebenso ehrgeizig und paranoid wie der König. Herodes’ priapische Neigungen erschwerten die Politik – er war »von sinnlicher Lust getrieben«, wie Josephus schrieb. Vor seiner Ehe mit Mariamne hatte er bereits Doris geheiratet, und nach ihr heiratete er mindestens acht weitere Frauen, Schönheiten, die er aus Liebe oder Lust auswählte, aber nie mehr ihrer Abstammung wegen. Seine griechischen Neigungen bezogen sich nicht nur auf seinen 500 Frauen umfassenden Harem, sondern auch auf Pagen und Eunuchen seines Haushalts. Aber seine wachsende Schar halb verwöhnter, halb vernachlässigter Söhne, hinter denen jeweils machthungrige Mütter standen, entwickelte sich zur Teufelsbrut. Selbst Herodes als meisterhafter Strippenzieher hatte Mühe, solch ein Maß an Eifersucht und Hass zu bändigen. Aber sein Hof lenkte ihn nicht von seinem Lieblingsprojekt ab. Da Herodes wusste, dass das Ansehen Jerusalems mit seinem eigenen verknüpft war, beschloss er, es Salomo gleichzutun. [48]
Herodes: der Tempel
Den vorhandenen Zweiten Tempel riss Herodes ab und baute an seiner Stelle ein Weltwunder. Da die Juden befürchteten, er werde den alten Tempel zerstören und den neuen niemals vollenden, berief er eine Volksversammlung ein, um sie zu überzeugen, und
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