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Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
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Fäulnisprozess: Es begann mit einem Jucken am ganzen Körper, einem Brennen in den Eingeweiden, dann schwollen seine Füße und sein Bauch an, und in seinem Darm bildeten sich Geschwüre. Aus seinem Körper sickerte eine klare Flüssigkeit, er konnte kaum atmen, sein Atem stank, und seine Genitalien schwollen grotesk an, sein Penis und seine Hoden eiterten und brachten eine brodelnde Masse von Würmern hervor.
    Der faulende König hoffte, sich in der Wärme seines Palastes in Jericho zu erholen. Als sein Zustand sich verschlechterte, brachte man ihn in die warmen Schwefelbäder nach Kallirhoe am Toten Meer, ein Heilbad, das noch heute existiert, aber der Schwefel verschlimmerte seine Leiden noch weiter. [55] Als man ihn mit heißem Öl behandelte, wurde er ohnmächtig. Man brachte ihn zurück nach Jericho, wo er befahl, die Tempelelite Jerusalems zu holen, die man im Hippodrom eingesperrt hatte. Es ist unwahrscheinlich, dass er vorhatte, sie zu ermorden. Vermutlich wollte er die Einzelheiten seiner Nachfolge regeln und so lange alle Adeligen in Gewahrsam halten, die Ärger hätten machen können.
    Um diese Zeit wurde ein Kind namens Joshua ben Joseph oder (aramäisch) Jesus geboren. Der Vater, Joseph, war Zimmermann, die Mutter seine jugendliche Verlobte Maria (hebräisch Mariamne), beide stammten aus Nazareth in Galiläa. Sie waren nicht viel reicher als Bauern, stammten aber angeblich aus dem alten Haus David. Sie reisten nach Bethlehem, wo ihr Kind Jesus zur Welt kam, Jesus, »der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll«. Nachdem der Junge acht Tage später beschnitten war, »brachten sie ihn nach Jerusalem, um ihn dem Herrn darzustellen« und das traditionelle Opfer im Tempel zu bringen, wie es bei Lukas heißt. Eine wohlhabende Familie hätte wohl ein Schaf oder sogar ein Rind geopfert, aber Joseph konnte sich nur zwei Turteltauben oder junge Tauben leisten.
    Als Herodes im Sterben lag, befahl er seinen Soldaten, laut Matthäusevangelium, dieses Kind aus dem Stamm Davids zu liquidieren, indem sie alle Neugeborenen töteten, aber Joseph floh mit seiner Familie nach Ägypten, bis er hörte, dass Herodes gestorben sei. Sicher kursierten Gerüchte über die Ankunft des Messias, und Herodes fürchtete wahrscheinlich einen davidischen Thronprätendenten, aber es gibt keine Belege, dass der König je von Jesus gehört oder unschuldige Kinder getötet hätte. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass dieses Ungeheuer vor allem wegen eines Verbrechens in Erinnerung geblieben ist, das er nie begangen hat. Was dieses Kind aus Nazareth angeht, so hören wir etwa dreißig Jahre lang nichts mehr darüber. [56]
    Archelaus: Messias und Massaker
    Kaiser Augustus schickte Herodes seine Antwort: Er hatte Livias Sklavin zu Tode prügeln lassen und gab Herodes freie Hand, Prinz Antipater zu bestrafen. Mittlerweile litt Herodes aber solche Qualen, dass er einen Dolch nahm, um sich zu töten. Der Tumult veranlasste Antipater in seiner nahen Zelle zu glauben, der alte Tyrann sei tot. Überschwänglich rief er seinen Kerkermeister herein und verlangte seine Freilassung. Auch der Kerkermeister hatte die Schreie gehört. Als er an den Hof eilte, stellte er jedoch fest, dass Herodes nicht tot, sondern nur wahnsinnig war. Er meldete Antipaters Verrat. Der König, der nur noch ein eitriges, aber lebendes Gerippe war, schlug sich an den Kopf, schrie laut und befahl, seinen verhassten Sohn unverzüglich zu töten. Anschließend verfasste er ein neues Testament, in dem er sein Königreich unter dreien seiner jugendlichen Söhne aufteilte. Jerusalem und Judäa gingen an Archelaus.
    Fünf Tage später, im März 4 v.Chr., starb Herodes der Große, der »zahllose Gefahren« überstanden hatte, nach 37-jähriger Regentschaft. Der 18-jährige Archelaus tanzte, sang und feierte, als ob ein Feind, nicht sein Vater, gestorben wäre. Selbst Herodes’ groteske Familie war schockiert. Auf einem goldenen, mit Purpur drapierten Katafalk brachte man den Leichnam mit Krone und Zepter in die nahezu vierzig Kilometer entfernte Burg Herodium; den Leichenzug führte Archelaus an, gefolgt von der germanischen und thrakischen Leibwache und 500 Dienern, die Gewürze trugen (der Gestank muss durchdringend gewesen sein). Dort wurde Herodes in einem Grab beigesetzt, [57] das erst 2000 Jahre später wiederentdeckt wurde. [51]
    Archelaus kehrte zurück, um sich Jerusalem zu sichern, bestieg einen goldenen Thron im Tempel und verkündete, das strenge Regime seines Vaters

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