Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Jerusalem: Die Biographie (German Edition)

Titel: Jerusalem: Die Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Sebag Montefiore
Vom Netzwerk:
Heer belagert wird, dann erkennt, dass seine Verwüstung nahe herbeigekommen ist … Jerusalem wird zertreten werden von den Heiden, bis die Zeiten der Heiden erfüllt sind.«
    Mit Unterstützung seiner zwölf Apostel (einschließlich seines Bruders Jakob) tauchte Jesus wieder in seiner Heimat Galiläa auf, zog weiter nach Süden und predigte »die Frohe Botschaft«, wie er es nannte, auf seine eigene subtile, schlichte Weise, die häufig Gleichnisse verwendete. Aber die Botschaft war direkt und dramatisch: »Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen.« Jesus hinterließ keine Schriften, und seine Lehren wurden endlos analysiert, aber wie die vier Evangelien zeigen, bestand seine Kernaussage in der Mahnung, dass die Apokalypse – der Tag des Jüngsten Gerichts und das Himmelreich – bevorstand.
    Das war eine erschreckende, radikale Vision, in der Jesus selbst eine zentrale Rolle als mystischer, halb messianischer Menschensohn spielen sollte, eine Formulierung, die den Büchern Jesaja und Daniel entnommen ist: »Der Menschensohn wird seine Engel senden, und sie werden sammeln aus seinem Reich alles, was zum Abfall verführt, und die da Unrecht tun, und werden sie in den Feuerofen werfen: da wird Heulen und Zähneklappern sein. Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich.« Er sah die Zerstörung aller menschlichen Bindungen voraus: »Es wird aber ein Bruder den andern dem Tod preisgeben und der Vater den Sohn, und die Kinder werden sich empören gegen ihre Eltern und werden sie töten helfen … Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert.«
    Es ging nicht etwa um eine soziale oder nationalistische Revolution: Jesus interessierte vor allem die Welt nach den letzten Tagen; er predigte soziale Gerechtigkeit weniger in dieser Welt, als vielmehr in der nächsten: »Selig sind, die da geistlich arm sind; denn ihrer ist das Himmelreich.« Steuereintreiber und Huren würden vor den Vornehmen und Priestern in Gottes Königreich eingehen. Jesus beschwor in schockierender Weise die Apokalypse herauf, wenn er aufzeigte, dass die alten Gesetze nicht mehr gelten würden: »lass die Toten ihre Toten begraben«. Am Ende der Welt werde der Menschensohn »sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit« und alle Völker werden sich zum Gericht vor ihm versammeln. Dem Bösen war »ewiges Feuer«, den Gerechten »ewiges Leben« verheißen.
    Meist war Jesus jedoch darauf bedacht, im Rahmen der jüdischen Gesetze zu bleiben, und er betonte in allen Predigten, dass er biblische Prophezeiungen erfüllte: »Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.« Strikte Einhaltung der jüdischen Gesetze genügte jedoch nicht: »Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen.« Allerdings machte er nicht den Fehler, den römischen Kaiser oder auch Herodes direkt anzugreifen. Die Apokalypse dominierte zwar seine Predigten, aber er bot auch unmittelbarere Belege seiner Heiligkeit: Er war ein Heiler, machte Invalide gesund, erweckte Tote zum Leben, und »es versammelte sich eine große Menge bei ihm«.
    Laut Johannes kam Jesus vor seinem letzten Besuch mindestens dreimal zum Passahfest und zu anderen Feiertagen nach Jerusalem und entging zweimal mit knapper Not der Steinigung. Am Laubhüttenfest predigte er im Tempel und wurde von manchen als Prophet, von anderen als Christus bejubelt – obwohl snobistische Jerusalemer schnaubten: »Soll der Christus aus Galiläa kommen?« Als er sich auf Diskussionen mit der Obrigkeit einließ, forderte die Menge ihn heraus: »Da hoben sie Steine auf, um auf ihn zu werfen. Aber Jesus verbarg sich und ging zum Tempel hinaus.« Zum Fest der Tempelweihe, Chanukka, kam er wieder, aber als er behauptete: »Ich und der Vater sind eins. Da hoben die Juden abermals Steine auf, um ihn zu steinigen.« Aber er entkam. Ihm war klar, was ein Besuch in Jerusalem bedeutete.
    In Galiläa flüchtete unterdessen Antipas’ verstoßene arabische Ehefrau aus den Verliesen der Burg Machaerus an den Hof ihres Vaters, Aretas’ IV., des reichsten Königs von Nabatäa und Erbauers des Khazneh-Schreins und des Königsgrabs im rosaroten Petra. Aus Zorn über diese Beleidigung griff Aretas das Herrschaftsgebiet des Antipas an.

Weitere Kostenlose Bücher