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Jerusalem

Titel: Jerusalem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanns Kneifel
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der Palisade.
    »Dort, hinter dem Schilf und dem Sumpf, das Hundstor, General. Das ist der beste, breiteste Weg für die Seldschuken, wenn sie uns angreifen wollen.«
    General Tatikios, versunken in düsterer Nachdenklichkeit, ließ seine Blicke über den unvollkommenen Halbkreis schweifen, in dem sich die Heere um die wehrhaften Mauern Antiochias verschanzten. Die Arbeiten von mehr als fünfzigtausend Menschen brachten ein dröhnendes, vom Schrillen der Sägen und tausend Hammerschlägen durchbrochenes Geräusch hervor, das als Widerhall von den Mauern zurückgeworfen wurde und die Belagerten erschreckte; die Franken füllten den Tag mit einer erschreckenden Zielstrebigkeit aus. Hunderte Rauchsäulen blies der Wind schräg, grau und schwarz nach Sonnenaufgang. Hunderte Reiter stoben hierhin und dorthin, Fuhrwerke polterten knarrend entlang der Pfade und auf den breiteren Sandstraßen, und wie weißlich giftige Pilze nach Regen und Sonnenhitze wuchsen Hunderte Zelte in Kreisen, Vierecken und langen Reihen in die Höhe, flankiert von Lanzen und Pfählen, an denen vielfarbige Fahnen im Wind Falten schlugen.
    Der Graf Garnier von Grez, der zufällig neben Berenger stand, sagte schroff: »Wir müssen die Brücke zerstören. Unbrauchbar machen, bei Gott! Mit allem, was wir haben.«
    »Die Brücke ist aus Quadern, Steinen, dicken Balken gebaut«, warf Rutgar ein. »Sie ist alt und hat viele Winter und Hochfluten überstanden. Es wird nicht leicht sein, Herr Ritter.«
    »Nichts ist leicht in diesem Land, zu dieser Zeit. Der Herr ist mit uns - wir werden einen gepanzerten Turm bauen und mitten auf dieser gottlosen Brücke aufstellen.«
    »Holz brennt leicht«, knurrte Berenger. »Ihr dürft die Seldschuken nicht unterschätzen. Sie werden kämpfen wie hunderttausend Teufel. Die Stadt ist voller Frauen, Kinder und Truppen. Und Yaghi-Siyan hat viele Vorräte eingelagert.«
    »Viele Christen kommen und gehen durch die offenen Tore«, bemerkte der General ruhig. Er versuchte in den Mienen der Ritter zu lesen, die ihn umstanden. »Sie bringen uns Nachricht darüber, wie es in den Mauern zugeht. Der große Emir wird in den nächsten Tagen keinen Ausfall unternehmen.«
    »Und nicht wenige seiner Spione sind unter uns und berichten ihm«, warf Berenger ein. »Auf den Straßen und durch die Tore im Norden, auf dem Berg, herrscht ständiges Kommen und Gehen.«
    Die seldschukische Besatzung und ihre Familien waren in Antiochia in der Minderheit. Die Einwohnerschaft bestand aus Christen verschiedener Bekenntnisse. Der Emir traute den Christen nicht, also hatte er den griechischen Patriarchen Johannes Oxeites in den Kerker geworfen. So konnte er des Gehorsams von dessen Glaubensbrüdern sicher sein. Bevor die Christen vor den Mauern erschienen waren, hatte er alle Mönche und waffenfähigen Männer, Priester und Diakone aus der Stadt gejagt. Aber von seldschukischen Truppen drohte im weiten Umkreis der Stadt kaum Gefahr.
    »Emir Duqaq hat Hilfe zugesagt, glauben die Spione zu wissen«, warf der General ein, »mit einem Heer aus Damaskus. Und da gibt es auch noch den Emir Janah ad-Daula von Homs und einen anderen, den Atabeg Toghtekin. Mit ihnen werden wir es bald zu tun bekommen.«
    Manche Botschaften gingen verloren, der Inhalt vieler Briefe wich von der Wahrheit ab, oder Boten verirrten sich. Aber im Rücken der Christenheere, so viel stand fest, hatte der Basileus mit seinem Admiral Kaspax, der kaiserlichen Flotte und dem Schwager des Kaisers, Johannes Dukas, das an die Seldschuken verloren gegangene Land zumindest entlang der Küsten wieder zurückerobert. Ionien und Phrygien schienen sicher in der Hand des Basileus zu sein, desgleichen die Inseln Samos, Chios und Lesbos. Der Emir von Smyrna gab seine Herrschaft ab und rettete sich an den kaiserlichen Hof. Tatikios, der viele, wenn nicht alle Fäden in der Hand hielt, konnte die christlichen Heerführer beruhigen: Das Land zwischen Antiochia, dem letzten Bollwerk vor der Stadt des Grabes Christi, und der Hauptstadt des Kaiserreiches, gehörte nicht mehr den Muslimen.
    Balduin von Boulogne, der sich mit weniger als einhundert Rittern vom Heer getrennt und nach Osten vorgedrungen war, eroberte eine Handvoll kleine Besitztümer, siegte gegen Baldak, den Emir von Samosata, verbündete sich mit Fürsten namens Fer und Nikosos, und belagerte die Festungen Ruwandan und Tel-Bascheïr, die von den Schreibern »Ravendel« und »Turbessel« genannt wurden. Bessere Nachrichten gab es

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