Jerusalem
Häuser gefunden. Zu Tode erschreckt, kamen die Bewohner, die nicht geflohen waren, aus ihren Verstecken; Sklaven, einige Kinder, ein paar alte Diener. Berenger und Rutgar stellten sich in die offenen Türen, mit den Rücken zum Haus, und taten, als ob sie zu den Plünderern und Totschlägern gehörten.
Über der Stadt lagen Rauchschwaden wie dünner Nebel. Das Schreien von Tausenden, Hufgetrappel und die verzerrten Rufe »Deus lo vult!« und »Deus adjuva!« übertönten das Waffengeklirr, das zwischen den Hausmauern und über die Plätze rasselte.
In der gekrümmten Gasse war kein Zeichen von Leben; nicht einmal eine Katze oder ein Hund streunte umher. Am Straßenrand lag ein Toter, bekleidet nur mit einem Hemd, der aus blicklosen Augen in den dunklen Himmel starrte. Blut färbte den Rinnstein rot.
Kurze Zeit später waren alle Pferde, Chersala und die Kundschafter in den Häusern verschwunden.
»Solange die Ritter morden und plündern, werden sie sich nicht um uns kümmern«, bemerkte Berenger. »Das verschafft uns etliche Vorteile.«
»Wir werden sie nicht allzu lange genießen dürfen«, antwortete Rutgar. Die beiden Männer warteten mit gezogenen Schwertern. Sie hatten die Schilde und Waffen gesehen, die Ritter und Fußsoldaten als Zeichen ihres Besitzes an die Häuser gehängt hatten, und die Schriften an den Türen und den Mauern.
»Abwarten«, sagte Berenger und horchte ins Haus hinein. Chersala redete mit den Muslimen und versuchte sie zu überzeugen, sich als getaufte Christen auszugeben. Die Kundschafter brachten ihre Tiere unter und versorgten sie. Es gab wahrscheinlich nicht genug Platz für Pferde und Maultiere in den beiden Häusern. »Eine Handvoll Tage bleiben wir hier. Nicht länger als nötig.«
»In der Nacht halten wir Ruhe«, bekräftigte Rutgar. »Es werden wohl wenige Fackeln und Lichter in der Stadt angezündet.«
»Morgen fängt das Wüten wieder an«, knurrte Berenger unterdrückt.
Rutgar nickte, drehte sich um und rief: »Hadmar! Schick drei oder vier Wachen her! Für ein paar Stunden. Wir sind dreckig, durstig und hungrig.«
»Wir kommen!«, lautete die Antwort aus der Tiefe des Hauses.
Zwei Kundschafter brachten aus dem Haus Becher mit kaltem Sud. Mit wenigen Zügen leerten Berenger und Rutgar die Gefäße und gingen ins Haus.
Bevor er die Tür zuzerrte, sagte Rutgar: »Lasst keinen herein. Schlagt Lärm, wenn ein Franke uns stören will.«
Die Wachen legten die Hand auf die Brust, warfen sich gegenseitig einen Blick zu und nickten. Die Disziplin dieser Männer war erstaunlich, dachte Rutgar. Auch die Kundschafter hatten sich von der Erregung anstecken lassen, sich aber weder an Plünderung noch am Morden beteiligt.
Aus dem Lager, dessen Zelte sie noch abbrechen und auf die Saumtiere packen mussten, waren nur Waffen und Ausrüstungen mitgenommen worden; es war weder Proviant noch Wasser übrig. Berengers Schar, ebenso erschöpft, abgerissen, halb verdurstet und schmutzbedeckt wie die ärmsten Pilger, hatten als Erstes ihre Wasservorräte an der nächsten Zisterne ergänzt. Jetzt hingen große Kessel über den Feuern, für Sud und zur Reinigung und zum Scheren der Bärte und des Haars. Der Verwundete lag am Boden, auf einer Schicht Teppiche, und schlief; ein Muslim hatte ihm einen Schlaftrunk eingeflößt. Rutgar fiel neben Chersala auf die teppichbedeckte Bank und hielt einer Muslima den leeren Becher entgegen.
»Durst!« Er stöhnte. »Den Dreck herunterwaschen! Und tief schlafen. Wenigstens ein paar Stunden.«
»Sie werden alles für uns tun, Liebster.« Chersala zeigte auf einige Hausbewohner. »Es sind vierzehn. Die Kinder haben sie auf dem Dach versteckt.«
»Hast du ihnen gesagt, dass sie sich nicht aus dem Haus wagen dürfen?«
»Sie haben verstanden, worum es geht, glaube ich. Unser Zimmer, über der Treppe, zum Innenhof, ist bereit. Die Sklaven werden Tücher und heißes Wasser bringen.«
Die Pferde drängten sich in den Ställen zusammen. Die Kundschafter, kaum dass sie die Häuser betreten hatten, stillten zuerst ihren Durst und trieben die Sklaven der geflüchteten Bewohner zusammen. In den ersten Nachtstunden waren Essen und Bottiche voll Waschwasser bereit. Gewaschene Kleidungsstücke hingen im Innenhof zum Trocknen. Die Truhen der Geflohenen, voller ungebrauchter Kleider, waren bald leer. Einige Kundschafter lagen in den Zimmern und schnarchten. Nur in winzigen Schritten fiel die Erregung von Chersala und den Männern ab. Sie befanden sich, wohl nur
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