Jerusalem
auf. »Wahrscheinlich wird Al-Afdal nördlich von Askalon lagern. Mit mehr als dreißigtausend Mann. Bis bald, meine Freunde.«
Begleitet von vier Kundschaftern trabte er an. Einige Atemzüge später fielen die Pferde in Galopp. Die Schar verschwand in einer Staubwolke. Eine Stunde danach brachen Rutgar und der Rest der Schar mit den drei Gefangenen auf.
Jean-Rutgar aus Les-Baux schreibt an Bruder Odo und Bruder Rasso zu Cluny in Frankreich:
Am späten Abend des 13. Tages im Erntemond kehrten die Heere im Triumph und mit unermesslich großer Beute nach Jerusalem zurück. Sie sagen, dass es ein leichter Sieg war. Ich kann es bezeugen, denn wir Kundschafter waren dabei. Als wir von den Spähern Al-Afdals erfuhren, was er beabsichtigte, hetzten Boten von Eustachius und Tancred nach Jerusalem zu Gottfried von Bouillon und berichteten, was sie wussten. Gottfried versammelte seine Truppen und rief die Fürsten auf, sich ihm anzuschließen. Robert von Flandern gehorchte sofort, aber Raimund von Toulouse und Robert von der Normandie warteten ab, bis sie Berengers Kundschafter selbst befragen konnten. Dann brachen sie am 11. Tag auf und trafen in Ramla mit Eustachius und Tancred zusammen. In Jerusalem blieb nur eine kleine Besatzung zurück. Dort fanden Prozessionen und Bittgottesdienste statt, die von Peter von Amiens geleitet wurden. Einige Meilen nahe Ramla, bei Ibelin, versammelten sich die Heere und trieben am Abend die Viehherden des ägyptischen Heeres fort, bevor die christlichen Truppen einige Stunden rasteten.
Vor der Morgendämmerung ritten sie zur Ebene von Al-Majdal und stellten sich zur Schlacht auf. Gottfried auf der linken Seite, Tancred und beide Grafen Robert in der Mitte, und Raimund rechts, am Meer. Kaum waren die Reihen und Blöcke aufgestellt, ließen sie laut in die Trompeten und in Hörner stoßen und stürmten auf Al-Afdals Heerlager ein. Die Ägypter waren zu Tode erschreckt; sie begannen zu flüchten und wagten keinen Widerstand. Innerhalb ganz kurzer Zeit rannten die Truppen davon. Eine große Rotte versteckte sich in einem Hain von Maulbeerfeigen, den die Franken mitsamt den Ägyptern verbrannten. Eine ebenso große Schar wurde von Raimund ins Meer getrieben. Die anderen christlichen Truppen drangen in das Lager Al-Afdals ein und erreichten das Zelt des Wesirs. Die Krieger Roberts raubten die Fahne des Wesirs, sein kostbares Schwert und einen Teil seiner Schätze. Der Wesir konnte mit seiner Leibwache nach Askalon entkommen, wo ihn ein Schiff rettete.
Der Kampf dauerte nur wenige Stunden. Die Menge und der Wert der Beute überstieg alle Vorstellungen: Kostbar verzierte Waffen, Edelsteine und Goldbarren, Pferde und Schlachttiere, Zelte und deren Einrichtungen, Lastkamele und Sättel. Was nicht fortgetragen werden konnte und wenig Wert besaß, wurde verbrannt. Die Bewohner und die Besatzung Askalons, die von der Niederlage schnell erfuhren, ergaben sich Raimund von Toulouse, weil er sich schon gegenüber Iftikhar als ritterlicher Sieger gezeigt hatte.
Weil sich Askalon und danach die Stadt Arsuf nur Raimund allein ergeben wollten, zürnte ihm Gottfried und misstraute ihm. Dies bekräftigte Robert von der Normandie und Robert von Flandern in ihrem Entschluss, Jerusalem und Palästina zu verlassen und heimzukehren, da sie ihrer Christenpflicht und dem Auftrag des Papstes nachgekommen waren, und Raimund, beleidigt ob Gottfrieds Verhalten, schloss sich ihnen an.
Widerwillig, aber letzten Endes großzügig hatte Tancred uns, die Kundschafter, für unsere Dienste belohnt; er hätte es aus der Beute der letzten Schlacht wahrlich auch leichten Herzens tun können. Wir beschlossen, mit diesem Heer nach Norden zu reiten und uns von den Franken zu trennen, wenn die Gelegenheit für uns günstig war. Auch die muslimischen Sklaven sollten mit uns ziehen.
Über Jerusalem und den Hügeln leuchteten die Sterne der mondlosen Nacht. Auf zahlreichen Dächern der muslimischen, jüdischen und christlichen Viertel brannten Öllampen und Kerzen, sodass die Stadt, indes weniger prächtig, den Sternenhimmel widerspiegelte. Kühler Nachtwind strich über die Dächer; es war seltsam, auf diesen Flächen zwischen niedrigen Brüstungen zu sitzen, zu reden und zu trinken. Die muslimischen Sklaven nähten silberne und goldene Münzen in das doppelte Leder der Satteltaschen, denn die Gürtel würden so schwer werden, dass man sie kaum würde tragen können. Auch in Thybolds Ausrüstung war viel schwere Beute
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