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Jesses Maria - Hochzeitstag

Jesses Maria - Hochzeitstag

Titel: Jesses Maria - Hochzeitstag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carla Berling
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sagt: „Es ist nämlich so: Eigentlich darf nur Präsident der Eigentümerversammlung sein, wer auch ein Appartement in Laguna Beach besitzt. Und dieser Typ besitzt keins. Das gehört nämlich dem Sohn. Er ist also kein Eigentümer, sondern nur Nutznießer. Und als er mich neulich bei derVersammlung anmachte, weil ich mir nix sagen lasse, da ist mir aber mal der Kragen geplatzt und dann habe ich vor allen Leuten geschrien: Du nix Presidente! No Appartemente, no Presidente! Ich kann Ihnen sagen, mit den Spaniern hier machste was mit!“

Der Teufel hat den Schnaps gemacht
    Wenn ich dieses Lied höre, denke ich spontan an einen verrückten Hahn und an Opa Heini. Meine Eltern und ich wohnten früher in Rehme. Zur Miete. Hochparterre. Da gab es eine Wohnküche und ein Schlafzimmer, und das Klo war draußen im Flur. Wir teilten uns dieses Klo mit dem Hauswirt und seiner Frau, die wohnten oben. Und mit Opa Heini, der wohnte überm Hühnerstall. Meine Mutter war von dieser Klo-Teilerei nicht sehr erbaut, sie hätte gerne ein Badezimmer gehabt, mit Wasserklosett und Badewanne in einem Raum. Aber bis dahin sollte es noch dauern. So lange wurde samstags Wasser in Töpfen auf dem Kohlenherd warm gemacht, und mein Vater holte die graue Zinkwanne aus dem Keller. Dann wurde ich in der Wohnküche gebadet. Die Seifenlauge kippten sie danach auf die Wiese hinterm Haus.
    Einmal wollten meine Mutter und ich in den Hof gehen und Opa Heinis Hühner füttern. Ich mochte die Hühner: Wenn man in die Hände klatschte, was aber bei Backpfeifenstrafe verboten war, gackerten sie und rannten und flatterten wild im Stall herum. Ich war schon mal drin gewesen, im Stall, ganz allein. Ich war über den Maschendrahtzaun geklettert und wollte „putt putt putt“ rufen und Körner verstreuen, so, wie ich es bei Onkel Heini gesehen hatte. Aber dann kam der riesige Hahn angerannt und krakeelte mich an und schlug mit den Flügeln. Ich lief so schnell ich konnte, kletterte panisch wieder am Zaun hoch, schaffte es bis nach oben, blieb aber dann mit der Strumpfhose hängen und konnte nicht weiter, und unter mir rannte der hysterische Hahn keifend hin undher und ich schrie um mein Leben.
    Meine Mutter rettete mich schließlich und scheuerte mir eine wegen der zerrissenen Strumpfhose.
    Als meine Mutter also die Tür zum Treppenhaus öffnen wollte, um mit mir in den Hof zu gehen, fluchte sie: „Was ist denn da schon wieder los?“
    Sie drückte fester gegen die Tür. Ich erkannte an der braunen Cordhose und am Geruch, dass Opa Heini draußen lag. Meine Mutter quetschte sich durch den Türspalt und sagte zu mir: „Du bleibst mal schön da!“
    Ein bisschen später kam sie zurück und nahm mich auf den Arm. Opa Heini lag jetzt nicht mehr vor unserer Küchentür, sondern vor der Klotür und schnarchte laut.
    „Warum ist Opa Heini nicht ins Bett gegangen, wenn er müde ist?“, fragte ich.
    „Sei nicht so vorlaut, und guck da nicht hin“, sagte meine Mutter.
    Abends im Bett hörte ich sie über Opa Heini reden. Die Gardinen waren zugezogen, aber durch einen Spalt schien das Licht der Straßenlaterne ins Zimmer. Ich konnte alles gut erkennen: Am Fußende meines Bettes begann der Schrank, neben der Tür stand die Frisiertoilette mit dem dreiteiligen Spiegel. Ich sah die Umrisse des Parfümflakons, aus dem ein Schlauch in einen Ball mit einer Quaste mündete. Auf dem Ehebett saß die wunderschöne Puppe mit den langen schwarzen Locken und dem glänzenden gelben Kleid. Mein Vater hatte sie auf dem Rehmer Markt geschossen. Sie thronte wie eine Königin auf dem Paradekissen und sah mich aus hellblauenAugen mit langen Wimpern gelangweilt an.
    „Stinkbesoffen lag der alte Sack im Flur, ich hab die Tür nicht aufgekriegt“, sagte meine Mutter drüben in der Wohnküche.
    „Tjunge, Tjunge, Tjunge“, hörte ich meinen Vater sagen, und ich wusste genau, wie er dabei guckte und den Kopf schüttelte. Dann war es wieder still. Ich hörte nur den Wecker auf dem Nachtkonsölchen ticken. Manchmal klickte drüben ein Feuerzeug, wenn sich einer eine Zigarette ansteckte. Ich wusste, dass mein Vater Zeitung las und meine Mutter nähte oder häkelte, wenn sie abends dort saßen, ich hatte schon oft durch das Schlüsselloch geguckt.
    Nun kuschelte ich mich in meine Decke, es war kalt im Schlafzimmer, denn einen Ofen gab es nur nebenan.
    Stinkbesoffen musste was Schlimmes sein, dachte ich, denn in der Nähe von Opa Heini hatte es heute ekliger gestunken als auf dem Klo, wenn die

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