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Jesus liebt mich

Jesus liebt mich

Titel: Jesus liebt mich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Schwangerschaftsstreifen-Song etwas zu laut gesungen. Die glückliche, erfüllte Mutter zeigte mir daraufhin, wie sehr sie in sich ruhte: Sie schüttete mir ihren Kaffee ins Gesicht. Ich stolperte, fiel und schlug gegen eine Tischkante. Ich hatte eine Platzwunde an der Stirn, fuhr sofort mit dem nächsten Taxi ins Krankenhaus und wurde von Sven in Empfanggenommen. Er arbeitete dort als Pfleger und war keine überragende Schönheit – von daher passten wir sehr gut zueinander. Als ich beim Nähen der Wunde weinte, gab er mir ein Taschentuch. Als ich wegen der Flecken auf meiner schönen Bluse jammerte, tröstete er mich. Und als ich ihm für alles dankte, lud er mich zur Pizza ein. Fünfzehn Pizzen später zog ich zu ihm und war heilfroh, meine Zweizimmerwohnung nie wieder sehen zu müssen.
    Weitere vierundachtzig Abendessen später machte Sven mir einen formvollendeten Heiratsantrag: auf den Knien, mit einem wunderschönen Ring, der ihn mindestens ein Monatsgehalt gekostet hatte. Dabei ließ er die Kinderfußballmannschaft, die er in seiner Freizeit betreute, ein riesiges Herz aus Rosen legen und
Dein ist mein ganzes Herz
singen.
    Er fragte mich: «Willst du meine Frau werden?»
    Für einen Augenblick dachte ich mir: «Wenn ich jetzt nein sage, dann sind die Kinder für den Rest des Lebens verstört.»
    Dann antwortete ich tief gerührt: «Klar will ich das!»
     
    Sven rieb meine Füße gerade mit Extra Sensitive Massageöl ein, das künstlich nach Rosen duftete, da fiel mein Blick auf den «Malenter Kurier». Er hatte eine Immobilienanzeige angekringelt.
    «Du   … hast da was angekreuzt?»
    «Da gibt’s ein Neubaugebiet, wo wir uns die Grundstückspreise leisten könnten.»
    «Und   … warum sollten wir uns das angucken?», fragte ich alarmiert.
    «Na ja, etwas Größeres wäre nicht schlecht   … wenn wir mal Kinder haben wollen.»
    Kinder? Hatte er da eben «Kinder» gesagt? In meinenSingle-Zeiten hatte ich zwar neidisch auf Mütter gestarrt, aber seitdem ich mit Sven zusammen war, fand ich, dass ich noch ein bisschen Zeit hatte, bis ich als Augenringe-Zombie anderen erzählte, wie erfüllt ich bin.
    «Ich   … finde, wir sollten unser Leben als Paar noch ein bisschen genießen», gab ich zu bedenken.
    «Ich bin neununddreißig und du vierunddreißig. Mit jedem Jahr, das wir warten, wird die Chance größer, dass wir ein behindertes Kind bekommen», erklärte Sven.
    «Du hast eine nette Art, eine Frau vom Kinderkriegen zu überzeugen», erwiderte ich und versuchte dabei zu lächeln.
    «Entschuldige.» Sven entschuldigte sich immer sehr schnell.
    «Schon gut.»
    «Aber   … du willst doch auch welche?», fragte er.
    Ich wusste nicht, was ich antworten sollte. Wollte ich wirklich welche? Meine Sprechpause näherte sich bedrohlich einer Schweigeminute, als der zunehmend verunsicherte Sven nachfragte: «Nicht wahr, Marie?»
    Da ich diesen lieben Mann einfach nicht leiden sehen konnte, scherzte ich: «Klar, fünfzehn Stück.»
    «Fußballmannschaft plus Auswechselspieler», lächelte er glücklich. Dann küsste er meinen Nacken. Damit begann er traditionell das Vorspiel. Aber er brauchte ausnahmsweise mal sehr lange, um mich in Wallung zu bringen.

3
    «Kläranlage wird dreißig Jahre alt» tippte ich als Überschrift meines neuen Seite-eins-Artikels, ohne jeglichen Anflug von Elan. Als ich die Journalistenschule verließ, hatte ich noch auf eine Stelle bei einem Magazin wie dem «Spiegel» gehofft, aber dazu hätte ich wohl einen besseren Abschluss als 2,7 haben müssen. So landete ich zuerst in München bei der «Anna», dem Magazin für die moderne Frau, deren Aufmerksamkeitsspanne für höchstens eine halbe Seite langt. Es war kein Traumjob, aber an guten Tagen fühlte ich mich fast wie Carrie aus «Sex and the City». Um so zu sein wie sie, fehlten mir eigentlich nur ein fünfstelliges Budget für Markenklamotten und eine Fettabsaugung.
    Vielleicht wäre ich ewig bei der «Anna» geblieben. Aber leider wurde dort Marc Chefredakteur. Leider war er supercharmant. Leider wurden wir ein Paar. Leider betrog er mich mit der schlanken Stewardess, und leider reagierte ich darauf nicht ganz so souverän, wie ich es hätte tun sollen: Ich versuchte ihn mit dem Auto zu überfahren.
    Na ja, nicht wirklich ernsthaft.
    Aber er musste schon ein bisschen aus dem Weg springen.
    Nach dieser Aktion kündigte ich bei der «Anna» und fand mit meinem suboptimalen Lebenslauf auf dem ausgetrockneten Journalistenmarkt keine

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